Rentenpunkte kaufen?
„Wette auf ein langes Leben“: Lohnt sich die Investition in Rentenpunkte?
VonFabian Hartmannschließen
Rentenpunkte gelten als wichtigster Faktor zur Berechnung der Rentenhöhe. Auch ist es möglich, sie zu kaufen. Doch kann sich das im Endeffekt auszahlen?
Frankfurt – Den meisten Verbraucherinnen und Verbrauchern ist die gesetzliche Rente ein wesentlicher Faktor beim Thema Altersvorsorge. Vielen Ruheständlerinnen und Ruheständlern reichen die Bezüge ihrer Rente jedoch kaum aus, um ihren vorigen Lebensstandard dadurch halten zu können. Wiederum andere haben gar Probleme, mit ihrer Rente überhaupt die für den Lebensunterhalt erforderlichen Kosten abzudecken.
Und gerade auch wer vorzeitig in Rente geht, könnte im Ruhestand vor finanziellen Herausforderungen stehen. Denn die vorzeitige Rente ist kostspielig, da durch ein verkürztes Arbeitsleben natürlich auch kürzer in die Rentenkasse eingezahlt wird.
Wer einschätzen möchte, wie viel Rente einem im Alter voraussichtlich zusteht, kann das mittels der Rentenformel der Deutschen Rentenversicherung tun. Vor dem Zugangsfaktor, dem aktuellen Rentenwert (aktuell 37,60 Euro) und dem Rentenartfaktor gelten sogenannte Rentenpunkte, auch „Entgeltpunkte“ genannt, als wichtigster Faktor der Berechnung. Sie hängen vom Einkommen der Beschäftigten ab, können zur Altersvorsorge aber auch gekauft werden. Wie aber kann man Rentenpunkte erwerben? Und lohnt es sich?
Rentenpunkte kaufen für eine höhere Rente – wer ist berechtigt, sie zu erwerben?
Grundlegend ist nicht jede Verbraucherin oder jeder Verbraucher dazu berechtigt, Rentenpunkte zu erwerben. Von der Option ausgeschlossen sind etwa Rentnerinnen und Rentner, da sie sich ja bereits im Ruhestand befinden. Auch den jüngeren Generationen bleibt die Möglichkeit des Kaufs von Rentenpunkten nicht.
Erworben werden können Rentenpunkte nämlich erst ab einem Alter von 50 Jahren. Eine weitere Voraussetzung ist laut Deutscher Rentenversicherung, „dass es eine realistische Chance geben muss, auf die Mindestversicherungszeit von 35 Jahren zu kommen.“ Die ist nämlich notwendig, um die gesetzliche Rente ab 63 überhaupt beanspruchen zu können.
„Mit 50 Jahren sollten also am besten schon 22 Jahre rentenrelevante Zeiten vorhanden sein. Nach 13 Jahren weiterer Arbeit hat man die 35 Jahre Mindestversicherungszeit auf jeden Fall zusammen“, empfiehlt die Rentenversicherung hierzu.
Wie funktioniert der Kauf von Rentenpunkten, um vorzeitig in Altersvorsorge zu investieren?
Der erste Schritt beim Kauf von Rentenpunkten ist, die Berechnung des sogenannten Ausgleichsbedarfs – also sinngemäß seiner Kosten – anzufordern. Das funktioniert online mit dem Antrag V0210 auf der Seite der Deutschen Rentenversicherung Bund. Die Berechnung des Ausgleichsbedarfs kommt dabei dem Prinzip eines Kostenvoranschlags gleich. Der Rentenversicherung zufolge dauert die Antragsstellung rund 20 Minuten. Vorlegen müssen Investitionswillige unter anderem ihre Rentenversicherungsnummer und den durch die Rentenversicherung erstellten individuellen Versicherungsverlauf, den sie während ihres Arbeitslebens erbracht haben.
Angaben des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) zufolge, sollte man innerhalb von drei Monaten eine Antwort auf den Antrag erhalten, wobei es sich in Einzelfällen auch verzögern könne. Nach Eingang des Kostenvorschlags bleiben der Antragstellerin oder dem Antragsteller dann weitere drei Monate Zeit, um die veranschlagten Kosten zu begleichen – wobei auch eine Teilzahlung des Gesamtbetrags akzeptiert werde.
Sollte das Zahlungsziel verstreichen, muss der Antrag erneut gestellt werden – und das kann so manchen Nachteil mit sich bringen. Denn für die Berechnung des Ausgleichsbedarfs werden dem MDR zufolge immer die Werte zum Zeitpunkt der Antragstellung herangezogen. Ändern sich diese zum Beispiel zum Jahreswechsel, können die Rentenpunkte teurer werden. Das ist in der Regel auch der Fall, weil das Durchschnittsentgelt nur in außergewöhnlichen Fällen wie der Finanzkrise oder der Corona-Pandemie sinkt.
Wie teuer sind Rentenpunkte? Und lohnt sich eine Investition?
Die Anzahl der im Laufe des Berufslebens gesammelten Rentenpunkte bestimmen die Höhe der letztendlichen Rente: Mit der Anzahl der Punkte steigt dabei auch die monatliche Auszahlung im Alter. Verdient eine Person etwa ein Jahr lang genau das Durchschnittseinkommen, erhält sie für die geleisteten Beiträge genau einen Rentenpunkt. 2024 liegt das durchschnittliche Jahreseinkommen in Deutschland der Versicherungsgesellschaft Hanse Merkur zufolge bei 45.358 Euro in Westdeutschland und 44.732 EUR in Ostdeutschland, wobei dies zunächst vorläufige Daten sind. Liegt das Gehalt über dem Durchschnittseinkommen, gibt es mehr Rentenpunkte. Liegt es darunter, sinkt der Faktor dementsprechend.
Man nehme an, eine Beschäftigte oder ein Beschäftigter kommt während es Berufslebens auf insgesamt 35 Rentenpunkte. Geht man zudem davon aus, der Renteneintritt geschieht während der Regelaltersgrenze und der Austritt aus dem Berufsleben geschieht aus Gründen des Alters, beträgt sowohl der Zugangsfaktor als auch der Rentenfaktor exakt 1,0. Multipliziert mit dem aktuellen Rentenwert von 37,60 Euro käme man so auf 1316 Euro Rentenbezüge im Ruhestand.
Würde dieselbe Person aus dem Beispiel ein Jahr früher in Rente gehen wollen, würden pro Monat noch einmal 0,3 Prozent des monatlichen Rentenbetrags als Abzug veranschlagt werden – insgesamt also 3,6 Prozent. Bezogen auf den Rentenbetrag von monatlich 1316 Euro, würde ihn dies letzten Endes noch einmal um 47,38 Euro senken.
Unkosten eines vorzeitigen Ruhestands kann durch Sonderzahlungen entgegengewirkt werden
In Rentenpunkte zu investieren kann etwa dabei helfen, den Unkosten eines vorzeitigen Ruhestandes entgegenzuwirken. Für Vorteile bei der späteren Rente eignet es sich, vor Renteneintritt zusätzlich in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen. Etwa durch Sonderzahlungen können potenzielle Rentenabschläge, wie sie etwa im Falle eines vorzeitigen Ruhestands eintreten, dann ausgeglichen werden.
Laut der Versicherungskammer Bayern ergibt sich abhängig vom Beitragssatz zur Rentenversicherung ein Mindest- und ein Höchstbetrag für die freiwillige Zusatzzahlungen. Im vergangenen Jahr lagen diese zwischen 96,72 Euro und 1357,80 Euro im Monat. Je mehr der Verbraucher nachzahlt, desto höher ist später der Rentenanspruch. Eine Einzahlung in die Rentenkasse ist aber auch per Einmalzahlung möglich – zum Beispiel aus einer Abfindung, was steuerliche Vorteile bringt – oder als fortlaufende Teilbeträge, also in monatlichen Raten. Aktuell liegen die freiwilligen Zusatzzahlungen in Deutschland übrigens auf einem Rekordniveau.
„Ob sich Rentenpunkte auszahlen, ist eine Frage der Lebenserwartung“
Weil die Rentenauszahlung nach einem einfachen Schema bis zum Lebensende läuft, richten sich ihre potenziellen Vor- und Nachteile natürlich auch nach der Anzahl der Jahre, die Menschen im Ruhestand verbringen. „Ob sich Rentenpunkte wirklich auszahlen, ist eine Frage der Lebenserwartung“, sagt Jan Scharpenberg von Finanztip.de dem MDR.
Ab einem bestimmten Alter nämlich werden die Einzahlungen über die monatliche Rente wieder zurückgeflossen sein - und was danach kommt, ist ein finanzielles Plus für die Ruheständler. Wann dieses Alter erreicht ist, ist aber natürlich genauso individuell wie der Rentenversicherungsverlauf jeder Rentnerin und jedes Rentners selbst.
Das unterstreicht auch Rentenberater Maik Bäker, der auf YouTube den Kanal „Rentenfuchs“ betreibt: „Genauso wie bei Abschluss einer privaten Rentenversicherung, ist auch die Einzahlung in die gesetzliche Rentenversicherung eine Wette auf ein langes Leben. Je älter man wird und je länger man folglich von der höheren Rente profitieren kann, desto eher lohnt sich auch die Zahlung“, erklärt er gegenüber der Nachrichtenplattform Der Westen. (fh)
Rubriklistenbild: © IMAGO/Michael Gstettenbauer
