„Entlastung für 95 Prozent der Beschäftigten“

Neue Steuer-Reform gefordert – „Je größer die Erbschaft, desto kleiner der Steuersatz“

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SPD-Generalsekretär Kühnert fordert höhere Steuern für Spitzenverdiener und Erben. 95 Prozent der Bevölkerung soll die Reform entlasten.

Berlin – Kevin Kühnert schlägt eine umfassende Steuerreform vor und wirbt als SPD-Generalsekretär energisch für eine Reform der Einkommensteuer. Nach dem Haushaltskompromiss und vor der parlamentarischen Winterpause fordert er die signifikante Erhöhung der Erbschaftsteuer und eine Anhebung der Steuersätze für Spitzenverdiener. Er drängte auf eine schnelle Umsetzung der Reformen in der Reichen- und Erbschaftssteuer – „am besten noch in dieser Wahlperiode“. Sie könne „95 Prozent der Beschäftigten, die durch ihre Einkommen nicht superreich werden“, finanziell entlasten.

SPD-Generalsekretär Kühnert fordert höhere Steuern für Spitzenverdiener und Erben. 95 Prozent der Bevölkerung soll die Reform entlasten. (Archivbild)

Kühnert schlägt weitreichende Steuer-Reform vor: So viel Geld sparen Bürger damit

Der Vorschlag zur Reformation des Steuersystems fand bereits in den Beschlüssen des SPD-Parteitages, der Mitte Dezember stattfand, seinen Platz. Danach sieht die SPD vor, Reiche stärker zu besteuern, und dafür die Einkommensteuer für 95 Prozent der Bevölkerung zu senken. Reichensteuerpflichtige sollen darüber hinaus zusätzlich eine Krisenabgabe zahlen. Auch wurde eine „effektive Mindestbesteuerung für große Betriebsvermögen“ beschlossen, wie sie Kühnert bereits im November dem Spiegel gegenüber forderte.

Wenn man selbst den Reichsten der Reichen verspricht, dass es keinerlei Steuererhöhungen geben wird, dann wird die Rechnung letztlich allen anderen präsentiert.

Kevin Kühnert, SPD-Generalsekretär

„Je größer die Erbschaft, desto kleiner der Steuersatz. Das muss aufhören“

Bisherige Steuervergünstigungen bei der Vererbung von Betrieben führten zu erheblichen Ungleichheiten in der Besteuerung, so Kühnert. Große Vermögensübergaben ab 20 Millionen Euro aufwärts würden derzeit effektiv mit unter drei Prozent besteuert, sonstige steuerpflichtige Erbschaften in der Spanne zwischen den Freibeträgen und 20 Millionen mit gut neun Prozent. Der SPD-Politiker nannte die Regelung „absurd“: „Je größer die Erbschaft, desto kleiner der Steuersatz. Das muss aufhören.“ Superreiche sollen künftig zu Kassen gebeten werden können.

SPD-Generalsekretär Kühnert fordert Reform der Einkommensteuer

„Wenn man selbst den Reichsten der Reichen verspricht, dass es keinerlei Steuererhöhungen geben wird, dann wird die Rechnung letztlich allen anderen präsentiert: Pendlern an der Zapfsäule, Verbrauchern im Supermarkt, Arbeitnehmern bei den Sozialabgaben“, erklärte Kühner gegenüber der Rheinischen Post.

„Das sind vielfach Menschen, die arbeiten und dabei glücklicherweise nicht auf Wohngeld, den Kinderzuschlag oder aufstockendes Bürgergeld angewiesen sind“, fügte Kühnert hinzu. Sie müssten jedoch auch heute schon einen sehr großen Teil ihres Einkommens für die Miete oder den Immobilienkredit, für Einkäufe, Spritkosten und für die Familie aufwenden.

Neun Fehler, die Sie bei der Steuererklärung viel Geld kosten

Mutter und erwachsene Tochter
Unterhalt für volljährige Kinder: Zahlungen für unterhaltsberechtigte Personen (z.B. Kinder, Eltern, anderes Elternteil des gemeinsamen Kindes) lassen sich in der Regel absetzen. Dazu gehört etwa auch der Unterhalt für erwachsene Kinder, die studieren, aber noch daheim wohnen. Für 2022 können für Sprösslinge über 25 einen Betrag von maximal 10.347 Euro absetzen (zzgl. Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge). Die Kinder müssen nicht angeben, ob die Eltern den Unterhalt geltend machen. (Symbolbild) © YAY Images/Imago
Schreibtisch in modernem Arbeitszimmer
Arbeitszimmer nicht absetzen: Wurde 2022 ein Raum (kein Durchgangszimmer) fast ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt, können etwa Miete und Nebenkosten anteilig abgesetzt werden. Wichtig hier: Der Raum muss den Mittelpunkt der Arbeit darstellen und das muss belegbar sein. Ist das nicht der Fall, können Kosten nur bis zu 1.250 Euro abgesetzt werden. Wenn das Arbeitszimmer nicht den gesetzlichen Ansprüchen entspricht, kann man die Homeoffice-Pauschale in Anspruch nehmen (max. 600 Euro). (Symbolbild) © Addictive Stock/Imago
Frau in Videocall zu Hause
Internet und Telefon im Homeoffice: Oft vergessen: Wenn die privaten Leitungen von Internet und Telefon beruflich mitgenutzt werden, können davon 20 Prozent der Kosten als Werbungskosten abgesetzt werden. Wichtig: höchstens 20 Euro im Monat. Die Kosten werden ersetzt zu denen von Arbeitszimmer oder Homeoffice (2022: 120 Tage à fünf Euro). (Symbolbild) © Rainer Berg/Imago
Klempner repariert Abfluss
Handwerker-Anfahrt: Auch bei Handwerkern lässt sich ein bisschen Geld wiederholen. 20 Prozent Steuerrabatt gibt es auf die ausgewiesenen Lohnkosten (s. Rechnung). Dazu gehören etwa die Entsorgung von Grün­gut, Anfahrts- oder Verbrauchs­mittel­pauschalen. Tipp: Immer Rechnungen aufschlüsseln lassen, Belege aufheben und nicht bar zahlen. (Symbolbild)  © Monkey Business 2/Imago
Weibliche Autofahrerin, Nahaufnahme
Fahrt zur Praxis: Nur wenige Menschen wissen, dass man auch die Fahrten zu Ärzten, Therapie oder Reha-Maßnahmen absetzen kann (30 Cent/gefahrener Kilometer). Alle Kosten rund um die Gesundheit gelten als außergewöhnliche Belastungen. Als Nachweis reicht eine einfache Aufstellung der Fahrten aus. (Symbolbild) © Matej Kastelic/Imago
Gesundheitskarte mit Geldscheinen.
Kinder-Krankenkassenbeiträge: Befindet sich das Kind in einer Ausbildung, ist es meist günstiger, wenn die Eltern seine Sozial­versicherungs­beiträge in der eigenen Steuererklärung angeben. Auch, wenn das Kind selbst Versicherungsnehmer ist. Hier liegt großes Sparpotenzial und für den Nachwuchs gibt es keinen Nachteil. Sie sind erst ab einem Bruttoeinkommen von 13.150 Euro steuerpflichtig. (Symbolbild) © Zerbor/Imago
Geschäftsmann isst Nudeln mit Kollegen, Nahaufanahme
Verpflegungspauschale nicht angeben: Sind Arbeitnehmer viel unterwegs und eben nicht im Homeoffice, kann die Verpflegungspauschale geltend gemacht werden. Bei Abwesenheiten von acht Stunden und mehr sind das 14 Euro pro Tag, bei 24 Stunden 28 Euro und die An- und Abreisetage bringen je 14 Euro. Dazu zählt es übrigens auch, wenn man Wohnung oder Büro für das Mittagessen verlässt (Pause muss allerdings nachgewiesen werden, z.B. mit Arbeitgeberbescheinigung oder Tabellen zur Zeiterfassung). (Symbolbild) © Josep Suria/Imago
Mercedes Autohaus bietet Geschäftswagen an.
Zu viel für Firmenwagen gezahlt: Arbeitnehmer versteuern ihren Dienstwagen zusätzlich zum Monatsgehalt (Privatfahrten um ein Prozent, Dienstfahrten um 0,03 Prozent je Entfernungskilometer). Aber: Wer 2022 den Großteil der Zeit im Homeoffice war, kann seinen Bruttolohn um die zu viel versteuerten Fahrten mindern. (Symbolbild) © Arnulf Hettrich/Imago
Zwei Stempel je mit den Worten Steuer und Erklärung.
Verspätete Abgabe: Wer den Stichtag für die Steuererklärung verpasst (für 2022 ist das der 02. Oktober 2023), zahlt einen Verspätungszuschlag von mindestens 25 Euro pro angebrochenem Monat. Wer seine Steuererklärung also pünktlich dem Finanzamt zukommen lasst, zahlt nichts drauf. (Symbolbild) © Felix Schlikis/Imago

„2024 sollte das Jahr werden, um Menschen mit normalen Einkommen zu entlasten“

„2024 sollte das Jahr werden, um diese Menschen zu entlasten“, sagte der SPD-Generalsekretär. „Denn sie tragen mittlerweile in Deutschland die Hauptsteuerlast, nicht zuletzt über die Verbrauchssteuern.“ Notwendig sei deswegen „rasch, am besten noch in dieser Wahlperiode, eine strukturelle Entlastung für die 95 Prozent der Beschäftigten, die durch ihre Einkommen nicht superreich werden“.

Die neue Regelung könnte nicht nur dem normal verdienenden Steuerzahler zugutekommen. Auch die Ampel-Koalition, die seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Klima- und Transformationssfonds (KTF) in Bedrängnis ist, könnte so das Milliarden-Loch im Haushalt stopfen.

SPD für Abgaben von Superreichen – „Multimillionäre und Milliardäre müssen zum Gemeinwohl beitragen“

„Ich denke, dass auch Konservative und die FDP zu der Erkenntnis kommen müssen, dass einige ihrer Glaubenssätze zunehmend zu einer Belastung für die Mittelschicht werden“, so Kühnert in der Rheinischen Post. Die FDP lehnte bisher Steuererhöhungen für Spitzenverdiener kategorisch ab. Kühnert: „Die SPD bekennt sich dazu, dass die allerstärksten Schultern, die in Deutschland seit 30 Jahren überwiegend Entlastungen erlebt haben, in Zeiten vielfältiger Krisen stärker in der Verantwortung stehen. Für die höchsten Erwerbseinkommen, insbesondere aber für die höchsten Erbschaften, ist Deutschland wahrlich kein Hochsteuerland.“

Bereits im Leitantrag für den SPD-Parteitag hieß es, dass in Zukunft „Multimillionäre und Milliardäre mehr zum Gemeinwohl beitragen“ sollten. Der auf dem Parteitag verabschiedete Leitantrag gilt als programmatische Grundlage für das Bundestagswahlprogramm 2025.

Rubriklistenbild: © Kay Nietfeld/dpa/Archivbild

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