Kritik aus Verbänden
„Nicht sozial“: Ärmere Pflegebedürftige werden offenbar benachteiligt
VonBona Hyunschließen
Pflegezuschüsse sollen Betroffene entlasten. Angesichts steigender Kosten in der Altenpflege sind die Zuschüsse aber nicht ausreichend, kritisieren Sozialverbände.
Berlin – Die Kosten in der Altenpflege steigen. Für Betroffene bedeutet das, dass sie trotz finanzieller Hilfen für die Pflegeversicherung mehr selbst zuzahlen müssen. Besonders hart trifft es offenbar ärmere Pflegebedürftige. Angesichts steigender Kosten in der Altenpflege sind die Zuschüsse zudem nicht ausreichend, kritisieren Sozialverbände.
Pflegezuschüsse: Sozialverband fordert Versicherung und Kostenübernahme der Pflege
Auf Anfrage von IPPEN.MEDIA sagte die Vorstandsvorsitzende des SoVD (Sozialverband Deutschland), Michaela Engelmeier: „Prozentuale Leistungszuschüsse schützen nicht vor weiter steigenden Pflegekosten, Eigenanteilen und pflegebedingter Altersarmut. Deshalb fordert der SoVD perspektivisch eine Pflegeversicherung, die zur Absicherung des gesamten Pflegerisikos alle pflegebedingten Kosten übernimmt – für alle.“
Kritik an Zuschüssen für Pflegebedürftige: „Nicht sozial“
Der Verbandsdirektor der Privaten Krankenversicherung, Florian Reuther, weist auf ein weiteres Problem bei den Zuschüssen hin. Der Zuschuss kostet Arbeitnehmer und Arbeitgeber als Beitragszahler mehr als 3,5 Milliarden Euro im Jahr. Zwei Drittel davon fließen laut der FAZ an wohlhabendere Senioren, die auf diese Form der Solidarität nicht dringend angewiesen seien.
Reuther fordert sogar, diese Art Zuschusspolitik wegen Ineffizienz zu stoppen. „Die Deckelung der Eigenanteile auf Kosten der Beitragszahler ist nicht sozial“, kritisiert Reuther gegenüber der FAZ. Ärmere Pflegebedürftige würden durch die Zuschüsse nur wenig entlastet. „Stattdessen erhalten vermögende Pflegebedürftige auf Kosten der Beitragszahler zusätzliche Leistungen.“
Leistungszuschlag in der Pflege
Seit dem Jahr 2022 zahlt die Pflegekasse Zuschüsse zum Eigenanteil an den Pflegekosten, wenn die pflegebedürftige Person stationär in einem Pflegeheim untergebracht ist.
Mit Leistungszuschlag wird in der Pflegeversicherung ein Zuschuss für Pflegebedürftige in vollstationärer Versorgung bezeichnet, der Heimbewohnende finanziell entlasten soll. Der Leistungszuschlag steigt stufenweise. Bereits ab dem Heimeinzug wird ein Zuschlag in Höhe von 5 Prozent des pflegebedingten Eigenanteils gezahlt. Nach einer Bezugsdauer von 12 Monaten steigt der Zuschlag auf 25 Prozent. Nach insgesamt 24 Monaten beträgt der Zuschlag bereits 45 Prozent und schließlich nach 36 Monaten 70 Prozent.
Pflegezuschüsse für Langzeitpflegebedürftige entlastend
Engelmaier sagte bezüglich der Pflegezuschüsse jedoch auch: „Je länger eine stationäre Vollzeitpflege beansprucht wird, desto höher ist der prozentuale Leistungszuschlag und reduziert die finanzielle Belastung spürbar“. Im Bundesdurchschnitt liege der Eigenanteil bei 2.600 Euro monatlich.
Daher entlaste der Leistungszuschlag der Pflegekassen zu den Pflegekosten in der vollstationären Pflege (1.245 Euro monatlich im Bundesdurchschnitt) gerade die finanziell besonders belasteten Langzeitpflegebedürftigen erheblich, so Engelmaier.
- Diese Leistungen zahlt die Pflegekasse je nach Pflegegrad, wenn ein pflegebedürftiger Mensch auf Dauer in einem Pflegeheim oder einer speziellen stationären Einrichtung gepflegt wird:
- Pflegegrad 1: 125 Euro
Pflegegrad 2: 770 Euro
Pflegegrad 3: 1.262 Euro
Pflegegrad 4: 1.775 Euro
Pflegegrad 5: 2.005 Euro
Anteil der Hilfebezieher an allen Pflegebedürftigen sinkt
Eine positive Entwicklung gibt es mit Blick auf die Sozialhilfequote, also der Anteil der Hilfebezieher an allen Pflegebedürftigen. Dieser ist mit 26,9 Prozent auf den niedrigsten Stand seit der Jahrtausendwende gesunken. Das zeigte eine ergänzende Auswertung des PKV-Verbands für die private Kranken- und Pflegeversicherung.
Anfang Februar hieß es noch, dass die Sozialhilfequote wachsen würde. Angesichts steigender Kosten für die Pflege im Heim könnten wieder zusehends mehr Pflegebedürftige auf Sozialhilfe angewiesen sein. Knapp ein Drittel (32,5 Prozent) der Bewohnerinnen und Bewohner würden die sogenannte Hilfe zur Pflege bekommen, wie die Analyse im Auftrag der Krankenkasse DAK-Gesundheit ergab.
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