Fachkräftemangel IT-Branche

Rekord bei IT-Fachkräftemangel: 149.000 unbesetzte Stellen

Unternehmen beklagen mangelndes Angebot an IT-Fachkräften und zeigen wenig Hoffnung auf eine Verbesserung der Situation.

Berlin - Der deutschen Wirtschaft fehlen Arbeitskräfte. Wie groß der Mangel im IT-Sektor ist, zeigt nun eine Studie des Branchenverbands Bitkom. Demnach sind in deutschen Unternehmen aktuell rund 149.000 Stellen unbesetzt. Dieser Wert ist ein deutliches Plus von 12.000 Stellen im Vergleich zum Vorjahr. Bitkom Präsident Wolf Wintergerst sieht ein strukturelles Problem: „Der Mangel an IT-Fachkräften besteht in Deutschland unabhängig von Konjunkturzyklen und ist ein systemisches Problem der deutschen Wirtschaft. Zu wenig Fachkräfte und zu viel Regulierung bremsen das digitale Deutschland“. Nur rund 2 % der 853 befragten Unternehmen halten das aktuelle Angebot an IT-Fachkräften für ausreichend. 70 % hingegen sind der Ansicht, dass ein Fachkräftemangel vorliegt.

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Die Unternehmen blicken mit Sorge in die Zukunft. Einen Rückgang des Mangels erwarten nur 3 %. Auf der anderen Seite sind sich 77 % der befragten Unternehmen sicher, dass sich die Situation verschärfen wird. Auch wenn die Zahl der IT-Absolventen von 32.32.125 auf 34.385 gestiegen ist, reicht diese Zahl noch lange nicht, um das Angebot zu decken. „Es studieren immer noch zu wenig junge Menschen und vor allem auch zu wenig Frauen Informatik. Und die Abbrecherquote liegt dauerhaft über 50 Prozent und ist damit viel zu hoch. Den steigenden Bedarf an IT-Fachkräften werden wir aus den Hochschulen nicht decken können“. Deswegen setzen Unternehmen immer mehr auf Quereinsteiger. Diesen machen mittlerweile 23 % der Neueinsteiger aus.

Gehalt, fehlende Qualifikationen und interne Probleme

Die Unternehmen berichten von diversen Herausforderungen. Überhöhte Gehaltsvorstellungen, fehlende fachliche Qualifikationen oder soft-skills sowie mangelnde Deutschkenntnisse stünden der Anstellung von IT-Kräften im Weg. Gleichzeitig gaben die Unternehmen an, gewissen Ansprüchen der Bewerber nicht erfüllen zu können. Dies betrifft vor allem die Punkte mobiles Arbeiten (40 %), Reisebereitschaft oder Umzug (29 %) und den Wünschen nach Weiterbildung (19 %). Gleichzeitig hat sich die Anzahl der Unternehmen die ihre Mitarbeiter in digitalen Themen schulen, auf 67% fast verdoppelt.

Einen Hoffnungsschimmer zur Entlastung der IT-Abteilungen sieht die deutsche Wirtschaft in Künstlicher Intelligenz (KI). Rund die Hälfte der befragten Unternehmen meint, dass KI den Fachkräftemangel lindern kann. Dies gilt vor allem für Standardaufgaben, Weiterbildungen und dem Programmieren.

Unternehmen und IT-Fachkräfte hadern mit Bürokratie

Der Plan, den Fachkräftemangel durch ausländische Experten abzuschwächen, geht noch nicht auf. Nur rund 8 % der Unternehmen gaben an, seit dem Inkrafttreten des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes, die Rekrutierung im Ausland versucht zu haben. Davon bemängelten 75 % die Informationslage über den Einwanderungsprozess und rund zwei Drittel waren sich einig, dass der aktuelle bürokratische Aufwand zu hoch ist. Außerdem kritisieren die Unternehmen die Dauer bei der Visavergabe und mangelnde Deutschkenntnisse der Bewerber. Präsident Gerst plädiert für einen Bürokratieabbau: „Deutschland muss ein attraktives Einwanderungsland werden. Das beginnt bei einem unbürokratischen und vollständig digitalen Verfahren zur Visa-Vergabe und einer schnellen und einfachen Abwicklung der inländischen Verwaltungsprozesse“.

Doch nicht nur Unternehmen hadern mit der Bürokratie. 80 % der im Ausland rekrutierten Fachkräfte bemängeln ebenfalls die Bürokratie. Außerdem berichten 6 von 10 Unternehmen, dass Ausländerfeindlichkeit ein Thema im Unternehmen sei. In knapp 1/3 der Unternehmen behindern sprachliche und kulturelle Barrieren die Integration, während in jedem zehnten Unternehmen Anfeindungen am Arbeitsplatz vorgekommen sind.

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