Krankenstände überdurchschnittlich hoch

Hohe Krankenstände im Tesla-Werk: Hausbesuche des Personalchefs sorgen für Unmut

  • VonTheresa Breitsching
    schließen

Krisenstimmung beim Tesla-Werk in Grünheide: Hohe Krankenstände belasten das Unternehmen. Um dem auf den Grund zu gehen, führt der Personalchef unangekündigte Hausbesuche durch – auch Kündigungen könnten folgen.

Grünheide – Im Werk des erfolgreichen E-Autobauer Tesla in Grünheide häufen sich derzeit die Probleme. Das Unternehmen kämpft dabei auch mit einer auffällig hohen Anzahl an Krankenständen – vor allem an Freitagen. Die Zahlen liegen weit über dem bundesweiten Durchschnitt. Nun wurden einige ausgewählte krankgemeldete Mitarbeiter vom Personalchef persönlich per Hausbesuch überprüft. Das stieß zum Teil auf großen Widerstand. Tenor: Darf der das? Der E-Autobauer will jedoch wieder zum „meistverkauften Auto der Welt“ werden und das ginge laut Tesla nur, wenn auch die Mitarbeiter in Grünheide wieder zur Arbeit kommen – auch Kündigungen sind nicht vom Tisch.

Hohe Krankenstände bei Tesla in Grünheide: „Nicht akzeptabel“

Die Autoindustrie in Deutschland befindet sich in Krisenstimmung. Erst diese Woche fand deswegen zusammen mit Wirtschaftsminister Robert Habeck ein Autogipfel statt, um über ein mögliches Hilfsmaßnahmenpaket zu sprechen. Denn immer mehr Autozulieferer schlittern in Deutschland in die Insolvenz und auch bei großen Autokonzernen wie VW läuft es alles andere als rund – dort sollen sogar bis zu 30.000 Stellen abgebaut werden. Doch auch beim „Wunderkind“ Tesla sieht es in Deutschland momentan nicht allzu gut aus.

Die Krankenstände im Werk von Tesla in Grünheide im Berliner Umland sind auffällig hoch.

Die Krankenstände im Werk von Tesla in Grünheide im Berliner Umland sind auffällig hoch: Rund dreimal höher als im Bundesschnitt, der laut Statistischem Bundesamt im letzten Jahr bei knapp über 6 Prozent der Arbeitnehmer lag. Nun kündigt Personalchef Erik Demmler Konsequenzen an, eine diesbezügliche Tonbandaufnahme der Betriebsversammlung diese Woche ist dem Handelsblatt zugespielt worden. Darin heißt es, es sei „nicht ehrenhaft, das System auszunutzen“.

Aus einer Präsentation des Personalchefs zusammen mit dem Geschäftsführer André Thierig geht hervor, dass die Krankenstände Anfang August bei 15 Prozent lagen, eine Woche später sogar bei 17 Prozent. Danach schloss das Werk für zwei Wochen. Im September lagen die Krankenstände zwar bei zehn bis elf Prozent, also immer noch höher als im Bundesdurchschnitt –„nicht akzeptabel“, so Demmler. Rund 12.000 Mitarbeiter arbeiten in Grünheide.

Krankenstände auf Rekordhoch beim Autobauer des vormals „meistverkauften Auto der Welt“

„Wir waren das meistverkaufte Auto der Welt, das meistverkaufte Auto Europas“, zitiert das Wirtschaftsblatt den Geschäftsführer André Thierig. „Jetzt sind wir auf Platz sieben abgerutscht. Und was wollen wir? Natürlich wollen wir wieder auf Platz eins, wir wollen wieder an den Platz an der Sonne. Und das erreichen wir nur alle gemeinsam.“

Um den Krankenständen nachzugehen, waren bei den Tesla-Mitarbeitern Kontrollbesuche durchgeführt worden, die bei vielen krankgeschriebenen Mitarbeitern nicht gut ankamen. Rund 30 Mitarbeiter mit besonderen Auffälligkeiten seien besucht worden. Doch die Besuche liefen nicht immer friedlich ab, Türen seien zugeschlagen und mit der Polizei gedroht worden. Aber, so Demmler: „Wir mussten zu den Leuten fahren. Und das haben wir gemacht.“ Grundsätzlich hätte man einfach fragen wollen, wie es den kranken Mitarbeitern geht und wie man ihnen helfen könne. 

Sind die unangekündigten Besuche des Arbeitgebers im Krankenstand verboten?

Das Handelsblatt zitiert einen Experten, wonach die unangekündigten Besuche arbeitsrechtlich nicht verboten seien, vor allem, wenn der Arbeitgeber den Verdacht hat, dass etwas nicht stimmt. Schon im letzten Jahr hatte sich Thierig zu den auffällig hohen Krankenständen geäußert und meinte damals: „Wir werden das nicht dulden, dass manche sich den Rücken krumm buckeln für andere, die einfach keinen Bock haben, zur Arbeit zu kommen“. Noch im Juli 2024 wurde schließlich ein Belohnungsprogramm eingeführt für jene, die sich selten krankmelden. Bis zu tausend Euro können sich Mitarbeiter so dazuverdienen – in Hinblick auf die August-Krankenstände scheint das Programm jedoch nicht zu funktionieren. 

Die Krankenstände sollen bei Tesla härtere Konsequenzen nach sich ziehen. Auch Kündigungen werden angedacht. „Es ist schade, aber das gehört doch scheinbar dazu, damit es wirklich verstanden wird. Und es wirklich von vornherein nicht mehr weiter ausgenutzt wird“, so der Personalchef. Unterstützung erhalte man auch vom Betriebsrat bei Tesla. Auffällig seien auch die Häufungen der Krankenstände an bestimmten Tagen und bei Spätschichten, „auf Kosten von anderen Kolleginnen und Kollegen, gerade so freitags, montags“. Das halte auch der Betriebsrat für inakzeptabel und unkollegial, wird die Betriebsrätin Schmitz zitiert. Sie lobt die Leiharbeiter, die mit einer Krankenrate von nur zwei Prozent auffallen, im Vergleich zu den über 15 Prozent der eigenen Tesla-Mitarbeiter. Sie rät daher, einige der Leiharbeiter fix anzustellen. 

Rubriklistenbild: © Patrick Pleul/dpa