Verbraucher zahlen 230 Prozent mehr
Habeck „verspielt wichtiges Vertrauen“: Scharfe Kritik an Ampel-Entwurf für teurere Stromzähler
VonAmy Walkerschließen
Eine unerwartete Änderung des Gesetzes aus Habecks Ministerium ruft deutliche Kritik hervor. Verbraucherschützer prognostizieren einen massiven Vertrauensverlust.
Berlin – Eigentlich wollte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nach jahrzehntelanger Verzögerung den Einbau der intelligenten Stromzähler, die für die Energiewende unerlässlich sind, massiv vorantreiben. Die ersten Zeichen waren auch positiv: Er brachte den Smart-Meter-Rollout auf den Weg, sodass der Einbau der Smart Meter in den nächsten acht Jahren beschleunigt wird. 2025 sollte der Startschuss folgen – der nun allerdings ausgebremst wird. Das sorgt für Kritik, vor allem von Verbraucherschützern.
Smart Meter für die Energiewende ein zentraler Baustein: Verbraucher könnten 600 Euro im Jahr sparen
Smart Meter gelten als zentraler Baustein für die Energiewende: Wer einen solchen Smart Meter hat, der kann dann seinen eigenen Stromverbrauch mit der Verfügbarkeit und Auslastung im Stromnetz quasi „abgleichen“. Mit einem dynamischen Stromtarif – wie ihn übrigens alle Stromanbieter ab 2025 anbieten müssen – können Kunden den Verbrauch so einstellen, dass sie hauptsächlich zu besonders günstigen Zeiten viel Strom nutzen. Wenn gerade sehr viel Strom produziert wird, weil die Sonne strahlt und der Wind weht, dann wird beispielsweise das E-Auto aufgeladen, da der Preis in den Keller rutscht. Laut Berechnungen der Denkfabrik Agora Energiewende können so die Stromkosten von privaten Haushalten um bis zu 600 Euro im Jahr gedrückt werden.
Habeck hatte ursprünglich mit dem Smart-Meter-Rollout vorgesehen, dass ab 2025 jede und jeder das Recht auf den Einbau eines Smart Meters in seinem Haushalt erhalten soll. Diese kann man beim Messstellenbetreiber (z.B. Stadtwerke) anfordern. Diese Möglichkeit, auf Wunsch ein intelligentes Messsystem zu erhalten, wird aber in einem neuen Gesetzesentwurf deutlich verwässert. Zwar können Haushalte nach wie vor einen solchen Stromzähler anfordern – der Messstellenbetreiber kann den Wunsch aber relativ einfach ablehnen.
Darüber hinaus wird der Pflicht-Einbau der Smart Meter für Großstromverbraucher entschleunigt: Erst ab einem Jahresverbrauch von 10.000 kWh an Strom soll der Einbau verpflichtend werden. Und: Die Kosten für den Smart Meter steigen drastisch.
Stromzähler werden teurer: Das ist der neue Ampel-Plan für Smart Meter
Hier eine Zusammenfassung der neuen Ampel-Pläne für Smart Meter:
- Die einmaligen Kosten für den Einbau eines Smart Meters erhöhen sich von 30 auf 100 Euro.
- Wer 10.000 kWh an Strom pro Jahr verbraucht, muss ab 2025 bis spätestens 2032 einen Smart Meter haben. Dieser kostet dann 50 Euro pro Jahr.
- Wenn der Haushalt eine Wärmepumpe, einen Ladepunkt für ein Elektroauto oder eine Klimaanlage besitzt, kommen nochmal 100 Euro pro Jahr für eine Steuerbox dazu, damit sie fernsteuerbar sind.
- Wer eine Solaranlage mit oder ohne Speicher besitzt und betreibt, muss ab 2025 bis spätestens 2032 einen Smart Meter mit Steuerungsfunktion bekommen. Dieser kostet dann ebenfalls 150 Euro pro Jahr.
- Wer einen Smart Meter freiwillig haben will, kann seinen Messstellenbetreiber (z.B. Stadtwerke) danach fragen. Dieser darf aber den Wunsch ablehnen, wenn er ein Risiko für seinen eigenen Rollout-Plan sieht. Die Ablehnung muss begründet werden.
- Bis 2032 müssen aber grundsätzlich alle Haushalte mit PV-Anlage, Wärmepumpe oder Ladepunkt in Deutschland einen Smart Meter haben.
- Für normale Haushalte unter 10.000 kWh ist dagegen kein verpflichtendes Ausbauziel mehr vorgesehen. Für sie sind die dynamischen Preise des Strommarkts nur dann zugänglich, wenn der Netzbetreiber ihren Wunsch auf Einbau erfüllt.
Diese Änderungen sollen am Mittwoch, 6. November im Kabinett beschlossen werden – solange die Ampel-Koalition noch bis dahin durchhält.
Verbraucherzentralen äußern Kritik am Habeck-Plan für Smart Meter
Die Änderungen stoßen auf massive Kritik vor allem von Energieanbietern, die dynamische Stromtarife vertreiben und denen durch den schleppenden Einbau der Smart Meter Millionen von Kunden entgehen. Es haben sich allerdings jetzt auch Verbraucherschützer zu Wort gemeldet.
„Für viele Haushalte kann sich ein dynamischer Stromtarif lohnen. Damit Verbraucher und Verbraucherinnen an der Energiewende teilhaben und mit dynamischen Stromtarifen von günstigen Strompreisen an der Börse profitieren können, brauchen sie einen Smart-Meter“, sagt Jutta Gurkmann, Geschäftsbereichsleiterin Verbraucherpolitik beim Bundesverband der Verbraucherzentralen. „Das Wirtschaftsministerium erschwert mit der geplanten Preiserhöhung die Nutzung gerade für Verbraucher und Verbraucherinnen, die keine Photovoltaik-Anlage, Wärmepumpe oder E-Ladestation haben. Es verspielt damit wichtiges Vertrauen in eine bezahlbare Energiewende.“
Die Verbraucherzentrale zitiert außerdem eine eigens in Auftrag gegeben Forsa-Umfrage, die darauf hinweist, dass 61 Prozent der deutschen Haushalte den Einbau der Smart Meter befürworten – ganze 81 Prozent aber nicht wissen, wie sie an einen kommen könnten.
In dieser Woche hat sich aber auch die Union im Bundestag zum Smart Meter bekannt. „Wir werden umsetzen, was die Ampel nicht geschafft hat: den Smart-Meter-Turbo zu zünden“, schreiben die Christdemokraten in einer neuen Energie-Agenda, die am 5. November in Berlin vorgestellt werden soll.
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