Unseriöse Experten

„Eine Katastrophe“: Verbraucherzentrale warnt vor horrenden Kosten durch falsche Energieberatung

  • Ulrike Hagen
    VonUlrike Hagen
    schließen

Die Verbraucherzentrale warnt vor unseriösen Energieberatern. Die Bezeichnung ist nicht geschützt – und schwarze Schafe tummeln sich auf dem Markt. 

Potsdam – Die Weichen für klimaneutrales Heizen mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) sind gestellt. In einem neuen Papier von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wird sogar die Stilllegung der Gasnetze diskutiert. Verbraucher, die auf klimaschützende Umbauten am eigenen Haus umstellen möchten, sind verunsichert – und hoffen auf den Rat vermeintlich neutraler Energieberater.

Doch nun schlägt die Verbraucherzentrale Brandenburg Alarm – und warnt vor unseriösen „Experten“, die zur riesigen Kostenfalle werden. Demnach tummeln sich auf dem Markt zahlreiche schwarze Schafe, die zu Umbaumaßnahmen raten, die ungeeignet sind, und zu deutlich höheren Heizkosten führen – oder sie geben falsche Empfehlungen, so die Verbraucherschützer.

Die Verbraucherzentrale warnt vor unseriösen Energieberatern. Die Bezeichnung ist nicht geschützt – und schwarze Schafe, die schlecht oder falsch beraten, tummeln sich auf dem Markt. (Symbolbild)

Verbraucherzentrale warnt vor unseriösen Energieberatern – Bezeichnung nicht geschützt

Bei klimafreundlichen Umbauten am Eigenheim ziehen viele Verbraucher sinnvollerweise Energieberater hinzu, um Geräte und Verbrauch zu optimieren. Was die wenigsten wissen: Die Bezeichnung „Energieberater“ ist nicht geschützt, und man kann darum leicht Ratgebern auf den Leim gehen, die wenig Ahnung haben – oder nicht unabhängig beraten.

Immer häufiger fallen unseriöse Berater auf, bestätigte Harald Lacher von der Verbraucherzentrale Brandenburg gegenüber dem rbb: „Das ist eine Katastrophe. Ich habe schon mehrere Fälle gehabt und die haben dann zigtausende Euro nachzahlen müssen.“

Heizungsumbau im Zuge der Energiewende: Energieberater empfiehlt überteuertes Heizsystem

Der Verbraucherschützer untersuchte für den rbb den Fall einer Familie aus dem Spreewald. Anstatt die energieeffizienteste Heizung für ihren Vierseithof vorzuschlagen, riet der Geschäftsführer einer „Agentur für Energiekostensenkung“ aus Berlin zu einer sogenannten Stromdirektheizung, die siebenmal so viel Energie verbrauchte wie ursprünglich berechnet. Statt 2.624 Kilowattstunden insgesamt oder Heizkosten in Höhe von 787 Euro pro Jahr, bei einem Strompreis von 30 Cent/kWh und einer Raumtemperatur von 20 Grad, verbrauchte jeder einzelne Heizkörper 1.400 bis 1.700 Kilowattstunden.

Die Vermutung lag nahe – der Berater erhielt wohl eine Provision vom Hersteller der Heizung. „Wenn ein Energieberater eine Provision für ein Gerät bekommt, dann würde ich ihm erst einmal die Unabhängigkeit nicht geben, weil er ja sozusagen etwas verkaufen will“, erklärte Harald Lacher gegenüber dem rbb. Laut dem Verbraucherschützer sei dies jedoch leider kein Einzelfall.

Machen Sie auch einen der zehn häufigsten Fehler beim Heizen?

Wenn Möbel vor dem Heizkörper stehen und ihn verdecken, kann sich die Wärme nicht gleichmäßig verteilen.
1. Heizung zustellen: Wenn Möbel vor dem Heizkörper stehen und ihn verdecken, kann sich die Wärme nicht gleichmäßig verteilen. Das treibt die Heizkosten unnötig in die Höhe. Laut „verbraucherzentrale.de“ sollte ein Sofa mindestens 30 Zentimeter Abstand zur Heizung haben. Auch an Vorhängen staut sich Wärme. © IMAGO
Küche und Schlafzimmer müssen nicht über 20 Grad warm sein, 18 Grad reichen völlig aus.
2. Falsche Temperaturen: Behalten Sie das Thermometer im Auge: Küche und Schlafzimmer müssen nicht über 20 Grad warm sein, 18 Grad reichen völlig aus. Kinder-, Arbeits- und Wohnzimmer dürfen etwas wärmer sein. Damit sich kein Schimmel im Bad ansetzt, sollte die dortige Temperatur im Rahmen von 22 bis 24 Grad bleiben. © IMAGO
Viele Menschen drehen die Heizung im Bad erst kurz vor der Nutzung – beispielsweise zum Duschen – auf.
3. Kurzes Aufheizen: Viele Menschen drehen die Heizung im Bad erst kurz vor der Nutzung – beispielsweise zum Duschen – auf. Dadurch bleiben die Wände aber weiter kalt. Beim Kontakt mit der kühlen Oberfläche kondensiert die warme, feuchte Luft und es bildet sich leicht Schimmel.  © IMAGO
Ein beliebter Fehler ist es, die nasse oder feuchte Wäsche auf den Heizkörper zu legen.
4. Wäsche auf dem Heizkörper trocknen: Ein beliebter Fehler ist es, die nasse oder feuchte Wäsche auf den Heizkörper zu legen. Dadurch geht viel Wärme verloren und die Heizleistung verringert sich. Außerdem steigt die Luftfeuchtigkeit schnell an, was ein idealer Nährboden für Schimmel ist. © IMAGO
Heizen und Lüften gehen Hand in Hand. Vermeiden Sie es, die Fenster dauerhaft zu kippen.
5. Falsches Lüften: Heizen und Lüften gehen Hand in Hand. Vermeiden Sie es, die Fenster dauerhaft zu kippen. Dadurch kühlen lediglich die Wände nahe der Fenster aus und die zuvor erwärmte Luft geht verloren. Besser ist es, regelmäßig stoß- und querzulüften.  © IMAGO
Im Winter mögen wir es schön kuschelig und warm zuhause.
6. Zu viel Wärme. Im Winter mögen wir es schön kuschelig und warm zu Hause. Übertreiben sollten wir es dabei nicht: Jedes zusätzliche Grad bedeutet etwa sechs Prozent mehr Heizkosten. Deshalb ist es besser, sich an Temperaturen um die 20 oder 21 Grad zu gewöhnen und innen wärmere Kleidung zu tragen. Das schont nicht nur den Geldbeutel, sondern auch die Umwelt. © IMAGO
Auf den ersten Blick erscheint es naheliegend, die Heizung komplett auszuschalten, wenn niemand zuhause ist.
7. Heizung komplett ausschalten. Auf den ersten Blick erscheint es naheliegend, die Heizung komplett auszuschalten, wenn niemand zu Hause ist. Tatsächlich führt das nur zu einem unnötigen Energieverbrauch: Die Aufheizung der Räume fordert mehr Energie ein, als durch das Ausschalten eingespart wurde. © IMAGO/Michael Bihlmayer
Wenn die Wärme innerhalb der eigenen vier Wände ständig entweicht, können poröse Fenster- und Türrahmen schuld daran sein.
8. Undichte Fenster und Türen: Wenn die Wärme aus den eigenen vier Wänden ständig entweicht, können durchlässige Fenster und Türen schuld daran sein. Undichte Stellen lassen sich mit Schaumstoff- oder Gummidichtungsbändern aus dem Baumarkt auffüllen. © IMAGO
Das Mitheizen durch eine geöffnete Tür ist keine gute Idee.
9. Mitheizen durch offene Tür: Ein kalter Raum lässt sich erwärmen, indem die Tür zu einem benachbarten Zimmer geöffnet wird, das bereits warm ist: Theoretisch klingt das nach einer guten Idee. Praktisch erhöht sich dadurch die Gefahr der Schimmelbildung, da die ausströmende warme Luft sehr feucht ist und sich an den kalten Wänden anlagert.  © IMAGO
Durch das Lüften soll die Luftfeuchtigkeit aus dem Raum entweichen und gegen Frischluft ausgetauscht werden.
10. Türen beim Lüften nicht schließen: Durch das Lüften soll die Luftfeuchtigkeit aus dem Raum entweichen und gegen Frischluft ausgetauscht werden. Wenn die Türen beim Lüften geöffnet sind, zieht die Luftfeuchtigkeit aber einfach in einen anderen Raum. Deshalb ist es besser, die Zimmertüren zu schließen. Laut „stromvergleich.de“ lassen sich damit bis zu 20 Euro pro Jahr sparen.  © IMAGO/Valerii Honcharuk

Verbraucherzentrale warnt vor „kostenlosen Energieberatungen“ an der Haustür

Thomas Zwingmann, Energieexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, erklärt auf Nachfrage von fr.de von IPPEN.MEDIA, dass solche Fälle in NRW zwar „zum Glück“ eher die Ausnahme seien. Es gebe jedoch die Praxis, dass regelrechte „Drückerkolonnen“ durch die Straßen zögen, an Häusern klingelten oder sich per Telefon melden und vorgeben, im Namen der Verbraucherzentrale oder sogar der Kommune eine „kostenlose Energieberatung“ anzubieten – natürlich mit dem Ziel, teure Verträge abzuschließen.

Zwingmann warnt: „Die Verbraucherzentrale kommt nicht ungefragt in Häuser oder ruft Personen an“. Wer im Namen der Verbraucherzentralen oder der Kommunen angesprochen werde, sollte unbedingt dort direkt nachfragen, ob er oder sie tatsächlich von der entsprechenden Stelle kontaktiert wurde.

Expertenliste der Deutschen Energieagentur umfasst 15.000 seriöse Energieberater

„Wer in Sachen Anbieterunabhängigkeit sicher gehen möchte, sollte sich an Menschen wenden, die in der Datenbank der Energieeffizient-Experten gelistet sind“, so der Verbraucherschützer. Die Expertenliste der DENA (Deutsche Energieagentur) ermöglicht eine gezielte Suche nach Ansprechpartnern in der Nähe für Wohngebäude und Nichtwohngebäude und umfasst bundesweit 15.000 Adressen: Energieberater, Architekten, Ingenieure und Handwerker. Auch die Energieberatung der Verbraucherzentralen bietet die Möglichkeit, sich seriös und unabhängig beraten zu lassen.

Rubriklistenbild: © Imago/Andreas Buck

Mehr zum Thema