Sanktionen und Ukraine-Krieg

Verluste für Russland: Putin will Wirtschaft retten – und schießt ein Eigentor

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Trotz Finanznot lockt Putin Soldaten mit hohen Gehältern. Damit schafft er Probleme für das wohl wichtigste Standbein der russischen Wirtschaft.

Moskau – In Russland gibt es mittlerweile nichts, was nicht knapper wird. So kämpft Wladimir Putin mit Engpässen bei wichtigen Ressourcen, wie Öl und Gas. Zudem gehen Russlands Wirtschaft die Fachkräfte aus, das bekommen auch das russische Militär und die Energieindustrie zu spüren. Doch Putin ist es offenbar wichtiger, das Personal an der Front aufzustocken. Damit schafft er selbst ein großes Problem.

Putin schädigt Russlands Wirtschaft – weil er Soldaten an der Front anwerben will

Laut einer Analyse der Moskauer Beraterfirma Kasatkin Consulting fehlen dem Öl- und Gassektor aktuell 40.000 Fachkräfte, schreibt Bloomberg. „Der Personalmangel hat selbst die wohlhabenden Branchen erfasst“, sagte Alexej Zakharov, Präsident des Online-Personalvermittlers Superjob.ru gegenüber dem Nachrichtendienst. „Der Öl- und Gassektor kann es sich leisten, Mitarbeiter mit höheren Gehältern anzuwerben, aber der Staat konkurriert, indem er Militärverträge anbietet“.

Die Öl- und Gasindustrie ist seit langem einer der bestbezahlten Arbeitgeber Russlands. Seit 2017 liegen die Löhne in dem Sektor mindestens zwei Drittel über dem Landesdurchschnitt. Das zeigen Berechnungen von Bloomberg, die auf Daten der staatlichen Statistikbehörde von Russland basieren.

Putin könnte Standbein der russischen Wirtschaft Fachkräfte abwerben

Im Januar und Februar 2024 erhielten die Beschäftigten im russischen Öl- und Gassektor nach Angaben des Medienunternehmens ein monatliches Nominalgehalt von 125.200 Rubel (umgerechnet 1.269,47 Euro). Laut Business Insider will die russische Armee Vertragssoldaten mit einer landesweiten Einstellungsprämie von 195.000 Rubel (1.979,56 Euro) anwerben. Bislang gibt es keine offiziellen Zahlen für das Einstiegsgehalt eines Vertragssoldaten. Laut Business Insider soll das Einstiegsgehalt eines russischen Soldaten bei 210.000 Rubel pro Monat, also 2.131,03 Euro liegen.

Ukraine-Krieg, Sanktionen, Fachkräftemangel: Russlands Wirtschaft leidet. Die Personalnot trifft auch ein wichtiges Standbein.

Wenn Putin aber durch die Militärverträge und Anreizen potenzielle Fachkräfte aus dem Energiesektor abwirbt, wird das wohl wichtigste Standbein der russischen Wirtschaft mit Personallücken zu kämpfen haben. Dabei kommt es für Putin gerade darauf an, die Kapazitäten im Energiesektor anzukurbeln. Als einer der weltweit größten Öl-Lieferanten ist die russische Wirtschaft auf die Produktion der Ressource angewiesen. Trotz Sanktionen hatte Putin es geschafft, Umgehungswege zu finden und das russische Öl mithilfe von sogenannten „Schattenflotten“ an seine Abnehmer transportiert. Zudem machen die Einnahmen aus dem Öl- und Gassektor machen etwa ein Drittel des gesamten Haushaltsetats Russlands aus.

Russlands Wirtschaft gehen die Fachkräfte aus – Putin plant mehr Geld für Krieg ein

Zahlen verdeutlichen, wie groß die jüngsten Verluste im Öl- und Gasgeschäft waren: Im April 2024 sanken die Staatseinnahmen aus den Geschäften um sechs Prozent im Vergleich zum Vormonat auf 1,23 Billionen Rubel (12,5 Milliarden Euro), gab das Finanzministerium am Montag (6. Mai) an.

Zudem schreibt der russische Gazprom-Konzern Verluste von mehr als sechs Milliarden Euro. Erstmals in der Unternehmensgeschichte hat Gazprom einen Verlust eingefahren. Der Staatskonzern meldete in der vergangenen Woche für 2023 einen Nettoverlust von 629 Milliarden Rubel (fast 6,4 Milliarden Euro). 2022 verzeichnete Gazprom laut eigenen Angaben noch einen Gewinn von 1,23 Billionen Rubel (fast 12,5 Milliarden Euro).

Obwohl der Ukraine-Krieg und die westlichen Sanktionen die Gewinne für seine Kriegskasse schmälern, will Putin weiterhin viel Geld für den Krieg ausgeben und plant Militärausgaben in Rekordhöhe. Für den russischen Präsidenten gibt es offenbar keinen anderen Weg, als die Kriegsausgaben zu erhöhen. Nur noch der kriegsbedingte Boom hält die russische Wirtschaft noch am Leben. Da diese „Kriegswirtschaft“ langfristig nicht nachhaltig ist, rechnen Experten mit einem Zusammenbruch und einer Überhitzung der russischen Wirtschaft.

Rubriklistenbild: © Alexander Kazakov/imago