„Gasversorgung stabil“?
Sorge um leere Gasspeicher – Was das für den Gaspreis bedeutet
VonLars-Eric Nievelsteinschließen
Zuletzt hatte der Erdgaspreis eine Rekordmarke erreicht. Ist mit einer neuen Energiekrise zu rechnen? Eine wichtige Behörde gibt Entwarnung.
Berlin – Erst vor ein paar Wochen ging die Nachricht durch die Medien, dass Kunden im nächsten Jahr stärker zur Kasse gebeten werden, sofern sie mit Gas heizen oder kochen. Bestimmte Netzanbieter, soweit die Berichte, hätten geplant, die Entgelte für die Leitungen deutlich anheben zu wollen. Das könne Mehrkosten von mehreren hundert Euro verursachen, berichtete etwa der Spiegel. Bereits jetzt ist absehbar, dass Deutschland in diesem Winter deutlich mehr Gas braucht als im Vorjahr. Experten sprechen eine Warnung aus.
Gasspeicher leerer als im Vorjahr – Analysten warnen vor höherem Verbrauch
Kommt es zu Turbulenzen am Gasmarkt? Der Preis für Erdgas hatte sich zuletzt deutlich verteuert. Innerhalb von vier Wochen stand ein Plus von rund 20 Prozent auf dem Papier. Der wichtige Terminkontrakt TTF hatte im November ein Einjahreshoch erreicht. Verglichen mit dem vorigen Tiefstwert vom Februar war der Gaspreis gar um knapp 70 Prozent teurer. Für Industrie und diejenigen Verbraucher, die derzeit einen neuen Liefervertrag abschließen, bedeutet diese Verteuerung vor allem eines: Druck.
Ökonomen und Analysten sehen bereits jetzt einen erheblich stärkeren Gasverbrauch als noch vor einem Jahr. Unter Berufung auf Barbara Lambrecht, Analystin bei der Commerzbank, berichtete das Handelsblatt, dass der Füllstand innerhalb der EU mit 88 Prozent rund zehn Prozentpunkte unter dem Vorjahresniveau liege. Gegen Ende der Heizperiode erwartet der Gasanalyst Sadnan Ali (Großbank HSBC) einen Speicherstand von etwa 42 Prozent. Der November war kälter gewesen als im Jahr 2023, dementsprechend früh hatten die Deutschen die Heizperiode begonnen.
In Konsequenz soll der europäische Gaspreis wesentlich empfindlicher auf etwaige Unterbrechungen in der Gasversorgung reagieren.
Gas-Chaos in der Ukraine – Drohen Unterbrechungen in der Gasversorgung?
Eine dieser etwaigen Unterbrechungen könnte sich aus dem derzeitigen Pipeline-Chaos in der Ukraine ergeben. Eine kurze Auffrischung: Zum Jahresende läuft ein wichtiger Liefervertrag zwischen der Ukraine und Russland aus, der es Russland erlaubt hatte, sein Gas durch ukrainische Pipelines in den Westen zu liefern. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will diesen Vertrag nicht erneuern.
Das wiederum bedeutet für die wenigen europäischen Länder, die noch Gas aus Russland beziehen, ein Problem. Sowohl Österreich als auch die Slowakei und Ungarn beziehen offiziell noch russisches Gas, eine mögliche Alternativlösung mit Aserbaidschan ist derzeit lediglich in einer Planungsphase.
In Deutschland hatten die Direktlieferungen russischen Gases bereits mehrere Wochen vor den Explosionen an den Nord-Stream-Pipelines aufgehört. „Ab dem Frühjahr 2022 wurde die Gasversorgung ohne Grund immer mehr zurückgefahren“, hatte eine Sprecherin des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) auf Anfrage von IPPEN.MEDIA dazu gesagt. „Russland hat die Gasversorgung einseitig und ohne rechtliche Gründe eingestellt.“
Behörde gibt Entwarnung bei Gasspeichern – Achtet aber genau auf die Ukraine
In Deutschland sieht die Bundesnetzagentur bislang keine Probleme. „Die Gasversorgung in Deutschland ist stabil“, teilte die Behörde auf ihrer Website mit. Allerdings beobachtet sie „aufmerksam die internationalen Entwicklungen bezüglich der Gaslieferungen von Russland nach Österreich“ sowie das „voraussichtliche Ende“ der Gaslieferungen durch die Ukraine-Pipelines. Aktuell erwartet sie keine Beeinträchtigung der deutschen Gasversorgung – hatte auf Anfrage durch IPPEN.MEDIA allerdings noch keine Rückmeldung gegeben.
Gesetzlich ist vorgeschrieben, dass bis zum 1. Februar ein Speicherfüllstand von mindestens 30 Prozent vorhanden sein muss. Bewahrheitet sich die Analysten-Aussage von 42 Prozent, wäre dieses Ziel mit viel Spielraum erreicht. Allerdings warnen Wetterdienste für den nun kommenden Winter mit niedrigeren Temperaturen als letztes Jahr. Das bedeutet: Es wird aller Voraussicht nach mehr geheizt.
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