Fachkräftemangel
„Gehört zu den unfreundlichsten Bevölkerungen weltweit“: Darum sind Fachkräfte in Deutschland unglücklich
VonAmy Walkerschließen
Die Deutschen sind unfreundlich und technologisch rückständig, das Land hat keine Willkommenskultur: Das ist das Ergebnis einer neuen Umfrage unter ausländischen Fachkräften.
Berlin – Im internationalen Vergleich ist Deutschland eines der schlechtesten Ziele für ausländische Fachkräfte. Das hat die neue Studie „Expat Insider 2023“ ergeben, die 12.000 im Ausland lebende Fachkräfte weltweit befragt hat. Im Gesamtranking liegt Deutschland auf Platz 49 von 53. Hinter Deutschland liegen nur noch Südkorea, die Türkei, Norwegen und Kuwait. Ausländische Fachkräfte in Deutschland gehören den Autoren zufolge zu den „unglücklichsten und einsamsten der Welt“.
Schwere Eingliederung und schlechte digitale Infrastruktur
Die Studie misst Glück und Unglück anhand von fünf Kategorien, zu denen es weitere Unterbereiche gibt. Deutschland schneidet nicht in allen fünf Kategorien schlecht ab – belegt aber nirgends die oberen Ränge. Die Kategorien und das Ranking für Deutschland in diesen sind:
- Lebensqualität (18)
- Eingewöhnung (50)
- Arbeiten (15)
- Expat Essentials - Digitales, Verwaltung, Wohnung, Sprache (53)
- Persönliche Finanzen (28)
Am schlechtesten schneidet Deutschland demnach in den Kategorien „Expat Essentials“ und „Eingewöhnung“ ab. So gaben 30 Prozent der Befragten an, dass die Deutschen unfreundlich gegenüber Ausländern seien – sie gehören sogar „zu den unfreundlichsten Bevölkerungen weltweit“, wie es in der Studie heißt. 55 Prozent gaben an, nur schwer Freunde zu finden – weshalb sich nur 32 Prozent in Deutschland zu Hause fühlen.
Diese Ergebnisse der Studie sind auch nicht neu, sondern setzen einen jahrelangen Trend fort. Seit zehn Jahren wird die „Expat Insider“ Studie durchgeführt – und schon immer hat Deutschland in den Unterkategorien „Freundlichkeit der lokalen Bevölkerung“ und „Soziale Kontakte knüpfen“ die untersten Ränge belegt.
Sprachbarriere in Deutschland hoch
Am schlechtesten schneidet Deutschland jedoch beim Thema Digitales, Verwaltung, Wohnung und Sprache ab. Vor allem die fehlende digitale Infrastruktur, die Sprachbarriere und die angespannte Wohnungssuche belasten ausländische Fachkräfte enorm. Die Hälfte der Befragten sagten, dass man im Land schwer ohne Sprachkenntnisse zurechtkommt. Noch dazu finden 60 Prozent der Teilnehmenden, dass Deutsch schwer zu lernen ist. Auch in Sachen bargeldloses Bezahlen und Einrichtung eines schnellen Internetzugangs belegt Deutschland die untersten Ränge im Länder-Vergleich.
Die Hälfte (56 Prozent) der Befragten finden die deutsche Bürokratie und Verwaltung schwer nachvollziehbar, hinzu kommt ein angespannter Wohnungsmarkt, der 58 Prozent der Teilnehmenden zu schaffen macht.
Fachkräfte aus dem Ausland dringend benötigt
Angesichts der Tatsache, dass Deutschland mehr Fachkräfte aus dem Ausland anlocken muss, sind das schlechte Nachrichten. Die Ampel-Koalition hatte ein reformiertes Fachkräfteeinwanderungsgesetz beschlossen, das die Bedingungen dafür erleichtern soll. Doch die fehlende Willkommenskultur hatte bereits die Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier vor wenigen Wochen als große Hürde gesehen. Deutschland mit seiner komplizierten Sprache, seiner Bürokratie und seiner unzureichenden Kinderbetreuung habe es ohnehin schwer, Fachkräfte zum Kommen und zum Bleiben zu bewegen, sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
„Die Willkommenskultur lässt zu wünschen übrig. Und wenn jetzt noch nationalistische Kräfte auf dem Vormarsch sind, wird es sicherlich nicht einfacher – gerade in Regionen, wo wir gerne größere Unternehmen mit höheren Löhnen ansiedeln würden“, sagte Malmendier.
Erst vor wenigen Tagen hatte es um den CSU-Politiker Peter Ramsauer Wirbel gegeben, nachdem er in einem Gespräch mit Journalisten ausländische Fachkräfte mit „Ungeziefer“ verglichen haben soll.
Das sind die besten Länder für Fachkräfte
Deutschland hat also noch einiges nachzuholen, wenn der Fachkräftemangel mit Zuwanderung bekämpft werden soll. Wo könnte sich Deutschland also eine Scheibe abschneiden? Folgende Länder haben im Ranking der Expat-Studie die Top zehn der beliebtesten Länder erreicht:
- Mexiko
- Spanien
- Panama
- Malaysia
- Taiwan
- Thailand
- Costa Rica
- Philippinen
- Bahrain
- Portugal
Auch die direkten Nachbarländer Österreich und die Schweiz haben bessere Ergebnisse erzielt: Vor allem bei der Lebensqualität liegen beide Länder auf den obersten Rängen. In Sachen „Expat Essentials“ schneiden beide Nachbarländer besser ab als Deutschland. Bei der digitalen Infrastruktur liegt Österreich auf Platz 36, die Schweiz sogar auf Platz 7.
Die Verwaltung empfinden die Fachkräfte ebenfalls als weniger bürokratisch in der Schweiz als in Deutschland. „Bei den entscheidenden Kriterien kann Deutschland noch nicht einmal mit anderen deutschsprachigen Nachbarländern mithalten“, fassen es die Autoren zusammen.
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