Für sieben Minuten Behandlung
Saftige Arztrechnung im Türkei-Urlaub: Deutscher zahlt 800 Euro – „Dann kam der Schock“
VonVivian Wergschließen
Ein Arztbesuch im Türkei-Urlaub sorgt bei einem Urlauber für Ärger. Während er von Abzocke spricht, sehen andere den Fehler eher bei ihm.
Berlin – Warm soll es im Urlaub sein – kein Wunder also, dass die Deutschen seit Jahren ihren Sommerurlaub am liebsten in Spanien, Italien, Griechenland oder Kroatien verbringen. Länder mit Schön-Wetter-Garantie eben. Aktuell sind jedoch zahlreiche Urlaubsregionen von einer Rekordhitze betroffen. Auch die Türkei zieht jedes Jahr viele deutsche Urlauber an, das belegt auch das Ranking 2024 der 40. Deutschen Tourismusanalyse der gemeinnützigen BAT-Stiftung für Zukunftsfragen.
Im Türkei-Urlaub wurde ein Deutscher kürzlich jedoch seinen Angaben zufolge um 800 Euro erleichtert, nachdem er gemeinsam mit seiner Tochter eine Arztbehandlung in Anspruch genommen hatte. Auf Facebook machte der Urlauber seinem Ärger Luft – einige User sind jedoch nicht überrascht über die hohe Arztrechnung.
Teurer Arztbesuch: Türkei-Urlauber berichtet von vermeintlicher Abzocke
Eigentlich wollten sie im Hotel „Novum Garden Side“, ein Strandhotel an der türkischen Riviera, einen schönen Familienurlaub verbringen. Doch dann hatte sich laut dem deutschen Urlauber bei ihm und auch seiner vierjährigen Tochter Wasser im Ohr angestaut, das sich nicht mehr lösen ließ. In der Facebook-Gruppe „Novum Garden Side Fans & Guests“ berichtete der Türkei-Urlauber von seinem Erlebnis und warnte andere Touristen mit markigen Worten.
Er schilderte den Fall so: Der Hotelarzt habe nach einem zweiminütigen Check eine Ohrenentzündung bei der vierjährigen Tochter des Mannes festgestellt. Das kleine Mädchen sei anschließend mit einem nagelneuen Ford-Bus in eine Privatklinik zu einem Spezialisten gefahren worden. „Da uns die ganze Situation komisch vorkam, haben wir direkt nach einem Kostenvoranschlag gefragt“, meinte der Urlauber. Den sollte es später geben, sei ihm gesagt worden.
„Dann kam der Schock“ – Türkei-Urlauber bekommt horrende Arztrechnung präsentiert
Doch es kam seinen Angaben zufolge anders. Zunächst habe der Arzt in das Ohr des Vaters geschaut und „innerhalb von 10 Sekunden das Wasser rausgezogen“. Dann „dasselbe Spiel bei meiner Tochter. Nach nicht mal fünf Minuten waren wir fertig.“ Es folgte eine unschöne Überraschung.
„Wir haben weder einen Kostenvoranschlag erhalten, noch etwas unterschrieben“, behauptete der Urlauber: „Dann kam der Schock! 400 Euro pro Person für die Behandlung“, schreibt der verärgerte Türkei-Urlauber. Nach einer ewigen Diskussion in einem Nebenzimmer konnte der Urlauber die Arztkosten schließlich auf 500 Euro herunterhandeln. „Das ist auch schon viel zu viel für sieben Minuten reine Behandlungszeit“, berichtete er weiter. Der Urlauber gab an, es seien auch anderen Patienten, die zuvor bei besagtem Hotelarzt gewesen seien, im Anschluss in der Privatklinik gelandet.
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Abzocke im Türkei-Urlaub? Hotel reagiert auf Vorwürfe eines deutschen Urlaubers
Ob sich der Vorfall genauso abgespielt hat, lässt sich nicht zweifelsfrei belegen. Allerdings lassen zwei Facebook-User mit ihren Angaben vermuten, dass es sich möglicherweise um keinen Einzelfall handeln könnte. „Bei uns waren es 670 Euro“, schrieb einer in den Kommentaren. An anderer Stelle hieß es: „Mir ist das Gleiche im Mai passiert. Ich hatte eine Mandelentzündung mit Fieber und wollte Antibiotikum. Der Hotelarzt schaute circa zwei Minuten lang drauf und überwies mich in die gleiche Klinik, ebenfalls per Privattaxi. Insgesamt 430 Euro vorgestreckt.“
Auf Anfrage von IPPEN.MEDIA wies der Hotel-Manager darauf hin, dass das Hotel keine direkten Einflussmöglichkeiten auf die medizinischen Behandlungen und deren Kosten habe, die von externen Ärzten oder Kliniken durchgeführt werden. „Unser Hotel arbeitet zwar mit Ärzten zusammen, die Gäste im Bedarfsfall betreuen, doch die weitere Behandlung und die damit verbundenen Kosten liegen nicht in unserer Verantwortung“, betonte er. Eine ausführliche Aufklärung der genannten Vorfälle könne nur die Privatklinik leisten. „Wir haben uns den Beitrag angeguckt. Es besteht kein Anliegen, wo ein Fehler unterlaufen ist“, teilte die Klinik auf IPPEN.MEDIA-Anfrage mit.
Trägt Türkei-Urlauber eine Mitschuld? „Man sollte eine Auslandskrankenversicherung abschließen“
In den Kommentarspalten sahen andere wiederum auch eine gewisse Mitschuld bei dem Türkei-Urlauber. Sie empfahlen diesem, für die Zukunft öffentliche Krankenhäuser aufzusuchen. Zahlreiche Nutzer empfahlen dem Urlauber, eine Auslandskrankenversicherung abzuschließen. „Was haben wir daraus gelernt? Für das Ausland sollte man eine Auslandskrankenversicherung abschließen“, kommentiert eine Userin. Die koste mitunter „für die ganze Familie circa 40 Euro für das ganze Jahr“.
Der Betroffene wehrte sich: „Ist doch völlig egal, ob wir eine haben oder nicht. In einem seriösen Krankenhaus verhandeln, finde ich komisch.“ Eine Abzocke sei auch dann „nicht gerechtfertigt“. Diese witterte auch eine Kroatien-Urlauberin, sie zahlte einen Wucher-Preis für Aperol Spritz.
Arztbesuch in der Türkei: Europäische Versichertenkarte wird nicht anerkannt
Wer in die Türkei fährt, kann durchaus für verhältnismäßig wenig Geld einen tollen Urlaub verbringen. Man sollte allerdings auf gewisse Eventualitäten vorbereitet sein. Nach Angaben des Informationsportals krankenkassen.de ist ein Urlaubskrankenschein dringend notwendig, da die europäische Krankenversicherungskarte in der Türkei nicht gilt. Erforderlich sei das Formular T/A 11, das Versicherte von ihrer gesetzlichen Krankenversicherung erhalten. In der Regel genüge ein Anruf bei der Krankenkasse, und das Formular wird per Post zugeschickt.
„Mit dem Urlaubskrankenschein erhalten Sie im Notfall medizinische Leistungen und müssen dafür nicht bezahlen. Allerdings ist das Verfahren recht kompliziert und immer wieder berichten Urlauber, dass sie medizinische Leistungen in der Türkei dennoch bar bezahlen mussten. Diese Kosten werden nur unter bestimmten Umständen von der deutschen Krankenversicherung erstattet“, informiert das Portal. Wer eine Reise in die Türkei plant, sollte über gesetzliche Bestimmungen und Verbote Bescheid wissen. Derweil leiden auch einige Reiseregionen unter dem boomenden Tourismus. (vw)
Rubriklistenbild: © Tunahan Turhan/Westend61/Imago
