Handelskonflikt

„Ökonomischer Alptraum“: Europa droht nach Trump-Zöllen ein massives China-Problem

  • VonNicola de Paoli
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Präsident Trumps „Befreiungstag“-Zölle riskieren einen Dominoeffekt in der ganzen Welt, da China nach neuen Märkten für seine Waren sucht.

Brüssel – Präsident Trumps hohe Zölle auf China drohen ein neues Problem für die ohnehin schon durch den Handel gestresste Weltwirtschaft zu schaffen: eine Flut chinesischer Waren im Wert von 400 Milliarden Dollar, die nach neuen Märkten suchen. Experten erwarten neue Warenströme aus China auf die europäischen Märkte, wo sie den Druck auf heimische Hersteller erhöhen könnten.

Wegen US-Zöllen sucht China neue Absatzmärkte

US-Präsident Donald Trump hat China im Rahmen seiner handelspolitischen Breitseite zum „Tag der Befreiung“ mit drastischen neuen Zöllen überzogen. Die neuen Zölle gelten für Handelspartner weltweit. Importe aus der Europäischen Union werden demnach mit Aufschlägen von 20 Prozent bedacht, solche aus China sogar mit einem Zoll von 34 Prozent. 

China ist dem Risiko eines schrumpfenden Welthandels stärker ausgesetzt als jedes andere Land, da das chinesische Wirtschaftswachstum zuletzt besonders von einem Handelsüberschuss in Höhe von einer Billion Dollar abhing. Die Investmentfirma Kaiyuan Securities geht laut Reuters davon aus, dass die neuen Zölle die chinesischen Exporte in die Vereinigten Staaten um 30 Prozent reduzieren könnten.

US-Zölle: „Größter Angriff auf den Freihandel seit dem 2. Weltkrieg“

Als Konsequenz dürfte China versuchen, die für die USA bestimmten Waren auf andere Märkte umzuleiten – und hat dabei in erster Linie die kaufkräftigen europäischen Länder im Blick. „Wenn die USA bei den angekündigten Zöllen bleiben, ist das der größte Angriff auf den Freihandel seit dem 2. Weltkrieg“, sagt ifo-Präsident Clemens Fuest. Die deutsche Wirtschaft leide besonders, unter anderem, weil Länder wie China dann stärker auf andere Exportmärkte ausweichen müssten und damit deutsche Unternehmen zusätzlich unter Druck brächten.

Trumps Handelspolitik: EU bereitet Gegenmaßnahmen vor

Brüssel sei in Alarmbereitschaft, weil ein Zustrom asiatischer Produkte wie Elektrogeräte und Maschinen auf die eigenen Märkte umgeleitet werden dürfte, berichtet die britische Wirtschaftszeitung Financial Times. Die Kommission bereite neue Maßnahmen vor, um darauf zu reagieren, sagte Beamte der Zeitung und fügten hinzu, dass sie die Überwachung der Importströme verstärkt haben. Erst vor wenigen Monaten hatte die EU bereits Strafzölle auf chinesische Elektroautos verhängt.

US-Zölle: „Europas schlimmster ökomischer Alptraum“

Analysten haben gewarnt, dass eine Flut von Billigimporten aus China die wirtschaftlichen Gefahren für Europa noch verstärken könnten. „Andere Länder, die von den US-Zöllen betroffen sind, z. B. China, könnten versuchen, ihre Exporte nach Europa zu steigern, indem sie die Preise senken“, schrieb Carsten Brzeski, Chefvolkswirt für Deutschland und Österreich der ING Bank: „Mit den Zöllen hat Europas schlimmster ökomische Alptraum Gestalt angenommen.“

Da die EU-Kommission noch keine konkreten Gegenmaßnahmen angekündigt hat, bleibe abzuwarten, wie sich die Gesamtauswirkungen auf die Preise in der Eurozone entwickeln werden.

Folgen der US-Zölle auf die Preise in der EU noch unklar

Unter der Annahme, dass die EU Vergeltungsmaßnahmen ergreift, wird nach Ansicht der ING-Analysten auch die Inflation in Europa steigen. Gleichzeitig könnten die US-Zölle jedoch zu den bereits hohen Lagerbeständen und der geringen Kapazitätsauslastung beitragen, was das richtige Rezept für eine Disinflation wäre, sobald die Unternehmen versuchen, ihre Lagerbestände abzubauen, hieß es. „So kontraintuitiv es auch klingen mag, längerfristig dürfte ein ausgewachsener Handelskrieg für Europa eine disinflationäre Wirkung haben.“

Rubriklistenbild: © Mark Schiefelbein/AP/dpa

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