Heizungstausch empfohlen
Erste deutsche Stadt stellt Gasnetz ein: Gasheizungen sind nicht „nachhaltig und zukunftsorientiert“
VonAmy Walkerschließen
Deutsche Ortschaften und Städte bereiten sich auf eine klimaneutrale Wärmebereitstellung vor. Eine Großstadt bestätigt es nun offiziell: Ab 2035 wird kein Gas mehr versorgt.
Mannheim – Deutschland stellt nach und nach auf die Klimaneutralität um, das Ziel ist es, bis 2045 komplett fossilfrei zu sein. Die Europäische Union hat als Zieljahr 2050 ausgegeben, bis dahin müssen alle Mitgliedsstaaten emissionsfrei sein. Ein besonders großer Baustein ist die Wärmeversorgung. Etwa 40 Prozent der Treibhausemissionen gehen in Deutschland auf die Wärme zurück.
Habecks Heizungsgesetz sorgte für Debatten – Für Wärmepumpen gibt es staatliche Förderung
Aus diesem Grund war es für Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ein besonderes Anliegen, die Weichen für eine klimaneutrale Wärmeversorgung zu stellen. Das hat allerdings zu heftigem Streit geführt: Das „Heizungsgesetz“ aus der Feder des Wirtschaftsministers erntete viel Kritik, vor allem weil sich viele Menschen Sorgen machten, dass Gas- und Öl-Heizungen dadurch verboten werden würden.
Am Ende wurde das Gesetz beschlossen – und Hausbesitzer bekommen Zeit, sich auf klimaneutrale Lösungen einzustellen. Darüber hinaus gibt es ein großes Förderprogramm: Wer seine Heizung zum Beispiel auf eine Wärmepumpe umstellt, bekommt bis zu 21.000 Euro vom Staat als Zuschuss. Eine andere attraktive Lösung kann die Fernwärme sein. Diese wird von der Kommune bereitgestellt, wenn sie bereit ist, die Investitionen dafür zu tätigen.
Mannheim will Gasnetz bis 2035 stilllegen: Gasheizungen „nicht zukunftsorientiert“
Diesen Schritt ist die Stadt Mannheim beispielsweise gegangen. Und wie die Stadtwerke MVV am Freitag (8. November) mitgeteilt haben, ist sie so weit fortgeschritten, dass ab 2035 das Gasnetz stillgelegt werden kann. Bis 2030 soll demnach das Fernwärmenetz vollständig erneuerbare Energien nutzen und es werden 10.000 Haushalte neu angeschlossen. Und nicht nur das: Wer keine Fernwärme beziehen will, kann von der Stadt eine Wärmepumpe bekommen.
„Fossil gefeuerte Gasheizungen hält MVV dagegen nicht für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Beheizungsform. Transport und Nutzung von Erdgas führen zu vermeidbarem CO₂-Ausstoß, die CO₂-Kosten werden in den kommenden Jahren steigen, und da die Zahl der Gasnutzer sinkt, werden die Kosten des Gasnetzes auf immer weniger Nutzer umgelegt. MVV strebt daher an, das Gasnetz bis 2035 stillzulegen und empfiehlt seinen Kundinnen und Kunden, sich frühzeitig um alternative Heizformen zu kümmern“, heißt es in der Mitteilung der MVV.
Kein Gas mehr ab 2035: Mannheim lädt zu Informationsveranstaltungen ein
Weiter schreiben die Stadtwerke, dass sie es für wichtig halten, die Bürgerinnen und Bürger so früh wie möglich darüber zu informieren, dass sie ab 2035 keine fossile Energie mehr anbieten wird. Auch geben die Stadtwerke die Empfehlung an ihre Kunden aus, zeitnah über einen Austausch ihrer Gasheizung nachzudenken. „Experten gehen davon aus, dass der Gaspreis wegen steigender CO₂-Preise deutlich ansteigen wird. Für die Energieversorgung von Privathaushalten stellen Biomethan aufgrund fehlender Mengen und Wasserstoff aus Kostengründen keine Alternativen dar.“
Um die Bürgerinnen und Bürger umfangreich aufzuklären und über Alternativen zu sprechen, soll es am 12. November und am 12. Dezember in der Stadt Informationsveranstaltungen geben. Mit Geschäftskunden, die aktuell Gas nutzen, ist die Stadt in getrennten Gesprächen.
Mannheim ist nicht die erste Stadt, die diesen Schritt geht. Sie ist aber eine der ersten, die Kunden offensiv darüber informiert, dass es mit dem Gas bald vorbei sein könnte. Zu Jahresbeginn hatte auch die Stadt Augsburg ihre Kunden über eine mögliche Stilllegung des Gasnetzes informiert. Beschlossen ist in Augsburg aber noch nichts.
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