Kosten der Energiewende
So viel Geld kostet uns die Energiewende bis 2045
VonFabian Hartmannschließen
Die Energiewende in Deutschland könnte den Staat viel Geld kosten. Einer Analyse zufolge sogar mehr als eine Billion Euro.
Berlin – Die Energiewende könnte Deutschland in den kommenden Jahren Investitionen in Rekordhöhe abverlangen. Zu diesem Schluss kommt das Handelsblatt Research Institute (HRI), nachdem es Prognosen und Studien zum Thema zusammenführend analysiert hatte. Demnach könnte es Deutschland rund 1,1 Billionen Euro kosten, bis 2045 die gesetzlich festgelegte Klimaneutralität zu erreichen.
Den Großteil der zu erwartenden Kosten dürfte dabei die Umstrukturierung von Stromnetzen verursachen. Insgesamt rechnet das HRI mit 496 Milliarden Euro, die der Aus- und Umbau von On- und Offshore-Übertragungsnetzen (156 und 157 Milliarden Euro) sowie Verteilernetzen (183 Milliarden Euro) beanspruchen könnte.
Ebenso teuer dürfte der Ausbau erneuerbarer Energien werden: 440 Milliarden Euro prognostiziert das HRI dafür in seinen Berechnungen. Neben dem Staat werden diese Kosten auch von Unternehmen, Finanzinstituten sowie von Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern getragen werden müssen.
Die Kraftwerksstrategie spielt eine zentrale Rolle in der Energiewende – lässt aber auf sich warten
Hierzu hatte die Ampel-Koalition bereits zu Beginn des vergangenen Jahres eine Kraftwerksstrategie für das erste Halbjahr 2023 angekündigt. Geplant ist demnach der Bau hocheffizienter Gaskraftwerke, die bis zu 25 Gigawatt Leistung bringen können. Sie sollen ab 2030 Kohlekraftwerke ersetzen und fortan immer dann als Back-up dienen, wenn Windräder und Photovoltaik-Anlagen nicht ausreichend Strom produzieren.
Aktuell wartet die Energiebranche aber immer noch auf die Kraftwerksstrategie des Bundeswirtschaftsministeriums. Im November musste Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) diese wegen der Haushaltskrise der Bundesregierung verschieben.
Mitte Dezember appellierte der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) an die Bundesregierung, die Kraftwerksstrategie nicht weiter zu verzögern. Sie sei die Grundlage, um Investoren Planbarkeit und Investitionssicherheit für neue Kraftwerksprojekte zu ermöglichen. Auch forderte das VKU, ein weiteres Aufschieben der Strategie angesichts der Projektrealisierungszeiten für Kraftwerksneubauten unbedingt zu vermeiden.
Energiewende verlangt Infrastruktur für CO₂-Speicherung – in Deutschland fehlt diese nach wie vor
Doch auch bezüglich anderer relevanter Investitionsprojekte im Rahmen der Energiewende wartet die Branche aktuell noch auf eine Strategie der Bundesregierung. So etwa beim Thema CO₂-Speicherung. Etwa mittels Carbon Capture and Storage (CCS) könnten sich CO₂-Emissionen auffangen und unterirdisch speichern lassen.
Und auch wenn Klima-Expertinnen und -Experten die Wichtigkeit der CO₂-Speicherung für die Klimaneutralität immer wieder betonen, existiert in Deutschland bislang nicht die notwendige Infrastruktur hierfür. Darüber hinaus macht das Kohlendioxid-Speicherungsgesetz (KSpG) von 2012 die CO₂-Speicherung in Deutschland faktisch unmöglich.
Einige Unternehmen kritisieren dies und stoßen deshalb bereits selbst Projekte an. Oftmals aber in Kooperation mit ausländischen Unternehmen, denn Dänemark, Großbritannien, Norwegen oder die Niederlande haben bereits erste Regelungen zur CO₂-Speicherung getroffen.
Expertinnen und Experten kritisieren Förderungen für den Fernwärmeausbau als nicht ausreichend
Der weitere Teil der insgesamt 1,1 Billionen Euro, die das HRI für die Energiewende in Deutschland prognostiziert, dürfte auf die Bereiche der Fernwärme- und Wasserstoffnetze abfallen.
Die Wärmewende soll durch das sogenannte Wärmeplanungsgesetz realisiert werden, das in der zweiten Dezemberwoche den Bundesrat passierte und seit Jahresbeginn gilt. In ihm ist geregelt, dass Großstädte bis Ende Juni 2026 und kleinere Gemeinden bis Ende Juni 2028 Wärmepläne erstellen müssen. Die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) soll den Ausbau in diesem Jahr mit insgesamt 750 Millionen Euro bezuschussen.
Doch auch hierzu äußern Expertinnen und Experten Kritik und werfen der Bundesregierung vor, dass bereitgestellte Mittel für den Ausbau der Fernwärme nicht ausreichen. „Wenn alle Städte ihre Wärmepläne einreichen und die Förderung beantragen, dann ist das Geld nach kürzester Zeit aufgebraucht“, erklärte so etwa Florian Bieberach, der Chef der Münchner Stadtwerke, in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau. (Fabian Hartmann)
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