E-Mobilität in der Krise?
Elektroautos: Absatzflaute in Europa, doch der Siegeszug ist unaufhaltbar
VonMarkus Hofstetterschließen
Die Verkaufszahlen von E-Autos in Europa sind rückläufig, doch das Bild in den Ländern ist nicht einheitlich. Ein Umschwung könnte 2025 bevorstehen.
München – Die Elektromobilität scheint in der Krise zu stecken. Das zeigen die Verkaufszahlen der Elektroautos von BMW, Mercedes und VW. Die drei deutschen Hersteller mussten ihre Geschäftszahlen nach unten korrigieren oder ihre Strategie anpassen. Doch das könnte nur eine Delle sein, wenn man sich aktuelle Zahle und Prognosen anschaut.
Der unaufhaltsame Siegeszug der Elektroautos: Zahl der Neuzulassungen in Europa nur leicht rückläufig
Wie Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management (CAM), auf Linkedin postet, wurden zwischen Januar und August dieses Jahres 1.213.262 batterieelektrische Fahrzeuge (BEV) neu zugelassen. Das sind nur 5,5 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum 2023. Berücksichtigt sind dabei nicht nur die EU-Länder, sondern auch die EFTA-Staaten Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz sowie Großbritannien.
Die Wahrnehmung könnte dadurch verzerrt werden, dass mit Deutschland der größte europäische Automarkt den stärksten Rückgang aufweist. In den ersten acht Monaten des Jahres 2024 wurden laut CAM-Daten 249.911 BEV neu zugelassen, was einem Rückgang von 32 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht. Hintergrund ist, dass ein Ansturm vor dem Auslaufen des Umweltbonus für gewerbliche Halter Ende August 2023 zu einem starken Einmaleffekt in den Vormonaten geführt hat. Und der plötzliche Wegfall der Umweltprämie für private Halter im Dezember führte zu einem Absatzeinbruch im Folgejahr.
Der unaufhaltsame Siegeszug der Elektroautos: Es gibt große Unterschiede zwischen den Ländern
Neben Deutschland verzeichneten auch Schweden und Italien einen Rückgang der BEV-Neuzulassungen. Auch der E-Auto-Pionier Norwegen musste einen, wenn auch geringen, Rückgang von 3,2 Prozent hinnehmen. Mit 68.431 BEV-Neuzulassungen bleibt das Land aber ein Schlüsselmarkt für E-Mobilität.
In allen anderen Top-10-Ländern gab es Zuwächse. Hervorzuheben sind Dänemark (plus 50,8 Prozent auf 51.945 BEV-Neuzulassungen) und Belgien (plus 41,3 Prozent auf 84.137 BEV-Neuzulassungen). Aber auch in Frankreich und Großbritannien sind mehr reine Elektrofahrzeuge unterwegs.
Der unaufhaltsame Siegeszug der Elektroautos: Weltweit soll sich das Wachstum abschwächen
Global betrachtet wächst der Markt für Elektroautos jedoch. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) wurden im ersten Quartal 2024 3,4 Millionen BEVs neu zugelassen, rund 25 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Den größten Zuwachs verzeichnet China mit einem Plus von knapp 36 Prozent auf 1,9 Millionen Fahrzeuge.
Für das Gesamtjahr 2024 erwartet die IEA weltweit rund 17 Millionen BEV-Neuzulassungen. Das wäre ein Plus von rund 21 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Allerdings würde sich das Wachstum verlangsamen. Von 2022 auf 2023 stieg die Zahl der BEV-Neuzulassungen noch um 35 Prozent auf 14 Millionen.
Der unaufhaltsame Siegeszug der Elektroautos: BEVs laufen Plug-in-Hybriden den Rang ab
Auch die Analysten des Marktforschungsunternehmens Gartner erwarten, dass mehr Elektroautos gekauft werden. Im Jahr 2025 sollen weltweit gut 85 Millionen Elektroautos unterwegs sein, davon knapp 62 Millionen BEV. Während der Bestand an BEV im Vergleich zu 2024 um rund 35 Prozent wachsen, sollen Plug-in-Hybride nur um 29 Prozent zulegen.
Für Europa prognostiziert Gartner im kommenden Jahr einen Bestand von 20,6 Millionen elektrifizierten Fahrzeugen, davon sieben Millionen Plug-in-Hybride. Zum Vergleich: Im Jahr 2023 waren laut Eurostat allein in der EU rund 255 Millionen Pkw unterwegs sein.
Der unaufhaltsame Siegeszug der Elektroautos: Autohersteller müssen E-Mobilität forcieren
Das Jahr 2025 könnte für Europa zum Schlüsseljahr werden. Die Autohersteller müssen dafür sorgen, dass der Marktanteil von Elektroautos stark wächst, sonst drohen Strafzahlungen an die EU. Eine mögliche Strategie, um dieses Ziel zu erreichen, sind Rabatte für E-Autos und Preisaufschläge für Verbrenner.
Zwei Entwicklungen könnten den Absatz von Elektroautos begünstigen: Zum einen sinken die Preise für Batterien, dem teuersten Teil der Fahrzeuge. Zum anderen werden Verbrenner durch neue Abgasvorschriften im Betrieb immer teurer. In China ist das E-Auto deshalb so erfolgreich, weil es inzwischen so viel wie ein vergleichbarer Verbrenner kostet oder sogar billiger ist. Auch Strom ist dort günstiger als Benzin.
Top 10 Neuzulassungen: Die beliebtesten Elektroautos der Deutschen im Jahr 2023




Die Prognosen zeigen, dass die Zukunft der Automobilindustrie in der E-Mobilität liegt. Doch der Wandel vom Verbrenner zum Elektroauto verläuft nicht so reibungslos, wie es sich Politik und Autohersteller erhofft haben. Es wird ein steiniger Weg, bis das E-Auto dem Verbrenner den Rang abläuft. Das dürfte noch viele Jahre dauern.
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