Jobcenter brauchen mehr Geld

Eine Bürgergeld-Ausgabe auf unerreichtem Niveau – mit fatalen Folgen

  • VonMax Schäfer
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Die Verwaltungskosten des Bürgergeldes klettern auf einen neuen Rekord. Ein Großteil davon wird jedoch aus einem anderen Budget des Jobcenters umgeleitet – mit schwerwiegenden Folgen.

Bremen/Berlin – Die Kosten für das Bürgergeld stehen immer wieder in der Kritik – besonders angesichts der schwachen Wirtschaft und einem stark beanspruchten Bundeshaushalt. Neue Zahlen dürften die Forderungen nach Einsparungen vor der Bundestagswahl – und die Fundamentalkritik von Seiten der Union – noch weiter anheizen: Die Ausgaben für die Verwaltung der Grundsicherung haben nach vorläufigen Abrechnungsergebnissen 6,54 Milliarden Euro betragen.

Bürgergeld-Verwaltungskosten erreichen Rekord von 7,7 Milliarden Euro

Dazu kommt der Anteil der Kommunen von etwa 1,14 Milliarden Euro, wie das Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe in einer Auswertung erklärt. Insgesamt haben die Verwaltungskosten rund um das Bürgergeld 2024 damit etwa 7,7 Milliarden Euro betragen. Im Bundeshaushalt waren eigentlich lediglich 5,05 Milliarden Euro für die Verwaltung vorgesehen.

PostenHaushalt 2024Entwurf 2025
Bürgergeld-Regelsatz29,7 Milliarden Euro25 Milliarden Euro
Eingliederung in Arbeit4,15 Milliarden Euro3,7 Milliarden Euro
Kosten der Unterkunft und Heizung11,6 Milliarden Euro11 Milliarden Euro
Verwaltung5,05 Milliarden Euro5,25 Milliarden Euro

Das sind etwa 1,5 Milliarden Euro über dem geplanten Budget – oder etwa 30 Prozent mehr. Daraus ergibt sich die „absolut und relativ höchste Überschreitung“ der für die Verwaltung des Bürgergelds geplanten Mittel seit Inkrafttreten des Bürgergelds respektive dessen Vorgängers Hartz IV.

Geld für Vermittlung von Bürgergeld-Empfängern werden für Verwaltung genutzt

Ein Großteil des Geldes stammt aus der Umschichtung von Mittel der „Eingliederung in Arbeit“. Es ist also keine zusätzliche Belastung für den Haushalt. Stattdessen sind es Mittel, die eigentlich für die Vermittlung der Bürgergeld-Empfänger in Arbeit genutzt werden sollen – und dort entsprechend fehlen. So kommen etwa Maßnahmen der Integration von Langzeitarbeitslosen in Arbeit immer weniger zum Einsatz.

Viele Bürgergeld-Empfänger wollen arbeiten, doch den Jobcentern fehlt das Geld für die Integration – weil sie es selbst brauchen. (Symbolfoto)

Neu ist eine solche Umverteilung der Mittel für die Integration in Arbeit jedoch nicht, sondern ist bereits gängige Praxis. 2023 waren 1,1 Milliarden Euro vom Budget der Eingliederung in die Verwaltung geschoben worden, wie das Bundesarbeitsministerium auf eine Anfrage der Linken eingeräumt hatte. Rund 20 Prozent des Budgets wurden damit umverteilt. Besonders in kleinen Jobcentern ist das ein Problem.

2025 droht prekäre Lage für Bürgergeld-Empfängern: Werden 935 Millionen umverteilt?

2025 droht eine schlechtere Versorgung der Jobcenter – und damit auch der Betreuung der Arbeitssuchenden im Bürgergeld. Wird der neue Haushalt ähnlich wie der Entwurf der Ampel-Koalition, stehen für die Eingliederung in Arbeit 3,7 Milliarden Euro zur Verfügung. Für die Verwaltung sind regulär 5,25 Milliarden geplant. Aus dem Vorjahr kommen noch 350 Millionen hinzu – also insgesamt 5,6 Milliarden.

Selbst wenn die Ausgaben des Bundesanteils für die Verwaltung nicht steigen würden, müssten 935 Millionen Euro von den Mitteln für die Eingliederung in Arbeit in die Verwaltung umgeschichtet werden, warnt das Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe.

Jobcenter haben immer weniger Geld für Eingliederung in Arbeit

Den Jobcentern fehlt das Geld damit bei der Förderung und Vermittlung der Bürgergeld-Empfänger in Arbeit. Beschäftigte warnen vor den Folgen. „Die fehlenden finanziellen Mittel haben bereits strukturelle Schäden in der Arbeitsförderung hinterlassen“, hatte etwa das Bundesnetzwerk für Arbeit und soziale Teilhabe erklärt. Bei weiteren Kürzungen des Budgets drohten Jobcenter zu „passiven Zahlstellen“ zu werden, so die Warnung.

Damit ist unklar, ob die Sparziele – besonders von CDU und CSU – beim Bürgergeld erreicht werden können. Sie wollen zwar über harte Sanktionen und eine Arbeitspflicht den Druck auf sogenannte „Totalverweigerer“ erhöhen. Doch deren Anteil ist gering im Vergleich zu 1,7 Millionen Arbeitslosen, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Laut Fachleuten sollte auf Qualifizierung und Weiterbildung gesetzt werden, da die Betroffenen häufig keine Abschlüsse oder Berufsausbildung haben.

Rubriklistenbild: © Rolf Poss/Imago

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