Ukraine-Krieg
Diese Firmen bieten Ersatz für Elon Musks Starlink
- VonBettina Menzelschließen
Musk kontrolliert nicht nur die Politik der USA, sondern auch den Orbit. Europa ist auf der Suche nach Alternativen zu Starlink. Aber diese sind schwer zu finden.
Kiew – Im Krieg zählt jede Sekunde. Kommunikation kann über Sieg und Niederlage entscheiden. Für die Ukraine ist Starlink zum unverzichtbaren Helfer geworden – doch was, wenn genau diese Hilfe plötzlich zur Achillesferse wird? Musk selbst sagt, es gebe keinen Ersatz für sein System. Doch eine Dänin hält dagegen.
Starlink als Achillesferse: Wie abhängig ist die Ukraine von Starlink
Wie wichtig Starlink für die Ukraine ist, gab der stellvertretende Minister für digitale Transformation der Ukraine, Alex Bornyakov, auf der Technologiekonferenz WebSummit in Lissabon im Jahr 2022 selbst zu. „Ein Beispiel, wie Technologie den gesamten Krieg verändert hat, ist Starlink“, so der Vize-Minister. „Dieses Satelliteninternet hat der Ukraine die Kommunikation ermöglicht, die Russland unbedingt zerstören wollte.“ Moskau habe dieses Ziel kurzzeitig sogar zeitweise erreicht. „Als sie in die Ukraine einfielen, hatten sie unsere militärische Kommunikation zerstört.“
Doch dann kam Starlink ins Spiel, womit der Kreml offenbar nicht gerechnet hatte. Starlink sei „das einzige Mittel unserer Truppen an der Frontlinie zu kommunizieren und sich zu koordinieren – und ich denke, ich muss nicht erklären, wie wichtig diese Koordinierung ist“, betonte Bornyakov damals weiter. In der Zwischenzeit stieg SpaceX-Chef Elon Musk zu einer politischen Figur auf, ohne selbst gewählt zu sein. Sein erratisches Verhalten und die Änderungen der US-Politik seit der Amtsübernahme von Präsidenten Donald Trump verwandeln Starlink plötzlich von einer Stärke zu einer Schwachstelle.
Gibt es Alternativen? Forscherin will Starlink überflüssig machen
Viele haben es versucht, doch bislang konnte niemand Starlink ernsthafte Konkurrenz machen. Ein Grund dafür ist die vertikale Integration des Unternehmens: SpaceX hat eigene Raketen, eigene Software und eigene Satelliten. Die Markteintrittsbarrieren sind hoch: Allein der Einstieg in das Geschäft kostet mehrere Milliarden Euro, sagt der Experte Adam Satariano im New York Times Podcast „Hard Fork“. Bislang gelang es nicht einmal Amazon, dessen Gründer Jeff Bezos auf Platz zwei der reichsten Menschen der Welt liegt, obwohl das Unternehmen schon seit Jahren daran arbeitet. Nun sieht Eva Berneke, die Chefin des französischen Satellitenbetreibers Eutelsat, die Stunde ihres Unternehmens gekommen.
„Wir sind die einzige Alternative zu Starlink in niedriger Umlaufbahn“, sagte die gebürtige Dänin in einem AFP-Gespräch. Eutelsat biete eine „perfekte Abdeckung“ der Ukraine, wenn auch mit „weniger Kapazitäten“. Gemeint ist, dass das Unternehmen die militärische Kommunikation sicherstellen, aber nicht die gesamte ukrainische Bevölkerung mit Terminals versorgen könne. Die Firma benötige aufgrund der größeren Entfernung seiner Satellitenkonstellation zur Erde weniger Satelliten als Starlink, erklärt Berneke AFP. Um auf die gleiche Anzahl an Terminals zu kommen, also 40.000, würde ihr Unternehmen nur „einige Monate“ brauchen, sagte Berneke im März zu Bloomberg. Anfang März verfünffachte sich der Aktienkurs von Eutelsat – sank kurz darauf wieder auf das 3,5-Fache des Februarwerts.
Diese Anbieter gibt es: Eulatel, SES, Hisdesat und Viasat
Im Februar hatte die US-Regierung angedeutet, dass sie das für die ukrainischen Streitkräfte essenzielle Satellitennetzwerk Starlink deaktivieren könnte, wenn Kiew einem Rohstoffabkommen nicht zustimmen würde. „Egal, wie sehr ich mit der ukrainischen Politik nicht einverstanden bin, Starlink wird seine Terminals niemals abschalten“, versuchte Musk auf seiner Plattform X zu beschwichtigen. Dennoch zeigte sich Europa alarmiert und sucht nun nach Alternativen. Experten gehen davon aus, dass nicht nur ein Anbieter, sondern ein Zusammenschluss mehrerer für Ersatz von Starlink sorgen könnten.
Neben Eutelsat gibt es kleinere europäische Anbieter, etwa den luxemburgische Satellitenbetreiber SES, die spanischen Unternehmen Hisdesat und Viasat, wie Financial Times berichtet. Angaben des Blatts sind alle bereits in der Ukraine aktiv, es gebe Kontakt zur Europäischen Union. Von Eutelsat hieß es: „Wir reden derzeit mit der Ukraine, aber es gibt auch Gespräche mit anderen Ländern“, so Berneke. „Es ist immer gut, eine Alternative zu haben“, fügte sie hinzu. Für Privathaushalte ist der Service offenbar nicht gedacht. Zielgruppe seien in erster Linie Betreiber von Mobilfunknetzen und Regierungen, heißt es vom Unternehmen. Ein Eutelsat-Terminal kostet laut ZDF rund 10.000 US-Dollar, in der Ukraine verwendete Starlink-Terminals schlagen hingegen mit 589 US-Dollar pro Stück zu Buche.
SpaceX mit Raumfahrt-Monopol: Das Nadelöhr ist der Transport
Der polnische Außenminister Radosław Sikorski hatte vergangene Woche auf X gedroht: „Wenn sich SpaceX als nicht zuverlässig erweist, dann sehen wir uns gezwungen, uns nach anderen Anbietern umzuschauen.“ Musks Reaktion war schlicht: „Sei ruhig, kleiner Mann. Es gibt keinen Ersatz für Starlink.“ Musk liege damit „nicht falsch“, lautet das ernüchternde Fazit des New York Times-Experten Satariano. Denn am Ende hakt es am Transport. Viele potenzielle Konkurrenten verwenden SpaceX-Raketen, um ihre eigenen Satelliten ins All zu bringen. Auch die von Eutelsat flogen zuletzt mit einer Falcon-9-Rakete ins All, wie Berneke einräumt. „SpaceX hat einen Marktanteil von etwa 90 Prozent“, so die Chefin des Satellitenbetreibers.
Das bedeutet auch: Wenn Musk nicht will, kommen die Satelliten nicht ins All. SpaceX ist mittlerweile so fortgeschritten, dass selbst die US-Raumfahrtbehörde Nasa Musks Hilfe braucht, um manche Projekte umzusetzen oder gestrandete Astronauten aus dem All zu holen. SpaceX hat auch lukrative Verträge mit dem US-Verteidigungsministerium, um ein separates Satelliten-Kommunikationssystem zu entwickeln. Die EU plant ihrerseits ein Satellitensystem namens Iris2. Bis das fertig ist, könnte es allerdings noch Jahre dauern. Laut Plan soll das System 2030 an den Start gehen. Experten gehen davon aus, dass der Kampf der Nationen um die globale Vorherrschaft künftig im Weltraum stattfindet (bme/AFP).
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