Marode Infrastruktur

Kompletter Kontrollverlust bei der Deutschen Bahn: „Fahrpläne können nur noch geschätzt werden“

  • Markus Hofstetter
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Das Chaos bei der Deutschen Bahn ist wohl größer als gedacht. Fahrpläne müssen millionenfach geändert werden, ein Aufsichtsrat spricht von Kontrollverlust.

Frankfurt/Main - Rote Zahlen, schlechtes Image, Unpünktlichkeit, Zugausfälle. Die Deutsche Bahn macht derzeit fast nur mit Negativschlagzeilen von sich reden. Grund für die verbreitete Unpünktlichkeit ist vor allem die marode Infrastruktur, die derzeit saniert wird. Laut Bahn gibt es in diesem Jahr 18 Großbaustellen, darunter sind die Strecken von Frankfurt nach Mannheim und von Hamburg nach Berlin. Eine dieser Baustellen, die Strecke Köln-Frankfurt, ist bereits abgeschlossen.

Deutsche Bahn kann Fahrpläne nur noch schätzen: Zwischen zwei und drei Millionen Änderungen in diesem Jahr

Besserung ist auf absehbare Zeit nicht in Sicht, auch wenn die Bahn für Juli eine Erhöhung der betrieblichen Pünktlichkeit im Fernverkehr um 9,1 Prozentpunkte auf 62 Prozent meldete. Das bedeutet zum einen, dass immer etwa noch jeder dritte Zug unpünktlich war. Zum anderen ist die Verbesserung darauf zurückzuführen, dass extreme Wetterereignisse im Juni massive Hochwasserschäden an den Gleisen verursacht hatten. Diese wurden im Juli behoben. Und 62 Prozent ist der zweitschlechteste Wert der Bahn-Statistik in diesem Jahr.

Anzeigen am Hauptbahnhof Stuttgart im Juli 2024 zeigen jede Menge Verspätungen.

Doch das Chaos bei der Bahn ist offenbar größer als gedacht. Wie die Süddeutsche Zeitung (SZ) berichtet, hat die Bahn allein in diesem Jahr die Fahrpläne zwischen zwei und drei Millionen Mal geändert. „Fahrpläne werden nicht mehr gerechnet, sondern nur noch geschätzt“, zitiert das Blatt ein Mitglied des Aufsichtsrats. Das sei ein „Riesenproblem“ und führe zu einem „Kontrollverlust“ bei den Fahrplänen. Zwar sei die Sicherheit des Bahnverkehrs nicht gefährdet, aber die Folgen seien „katastrophal“.

Deutsche Bahn kann Fahrpläne nur noch schätzen: Nur noch leere Versprechen

Fahrgäste können sich nicht mehr darauf verlassen, dass die Züge wie angekündigt fahren. Fahrpläne erwiesen sich zunehmend als leere Versprechungen, weil das Schienennetz jahrzehntelang vernachlässigt worden sei. Immer mehr Langsamfahrstellen würden eingerichtet, damit Mängel an Gleisen, Weichen oder Brücken nicht zu Unfällen führen.

Angesichts der Unpünktlichkeit hält die Bahn laut SZ immer mehr Züge in Reserve, darunter viele ältere Modelle. Diese würden eingesetzt, wenn die planmäßigen Züge so spät am Zielort eintreffen, dass die nächste Fahrt ausfällt. Reservezüge und -personal sind aber teuer und auf Dauer unbezahlbar.

Die zehn schönsten Zug-Strecken Deutschlands

Die Höllentalbahn überquert das Ravennaviadukt im Höllental bei Hinterzarten im Schwarzwald Baden.
Die Höllentalbahn von Freiburg nach Donaueschingen ist die steilste Hauptbahn Deutschlands. Auf einer Strecke von 76 Kilometern mitten durch den Schwarzwald erreicht sie etwa 600 Meter. Dabei geht es durch insgesamt 15 Tunnel und fünf Viadukte. Beeindruckend sind jedoch vor allem die sehenswerten Stopps auf dem Weg. Empfehlenswert sind neben dem Hirschsprung, Hinterzarten auch Neustadt, Rötenbach und Löfflingen.  © imagebroker/Imago
Der Königsee im Winter ist zu sehen.
Die Strecke von Bad Reichenhall nach Berchtesgaden ist nur etwa 20 Kilometer lang. Auf der Fahrt gibt es allerdings ein beeindruckendes Alpenpanorama zu bestaunen. Ist man einmal in der Gegend, lohnt es sich den nahegelegenen Königsee zu bestaunen.  © imagebroker/Imago
Weinberge bei Trittenheim leuchten in der Abendsonne, im Hintergrund die Mosel. Der Weinanbau spielt in Rheinland-Pfalz eine große Rolle, in dem Bundesland liegen die größten Weinanbaugebiete Deutschlands.
Die 112 Kilometer lange Strecke von Koblenz nach Trier zieht sich durch malerische Landschaften. Die Bahn-Route führt zudem über das längste Hangviadukt Deutschlands. Auf der zweistündigen Fahrt durch Weinberge und an der Mosel entlang, bleibt ausreichend Zeit für das ein oder andere Glas Wein.  © imago
Schwarzwaldbahn
Die Schwarzwald-Bahn von Offenburg nach Singen feiert in diesem Jahr bereits ihren 150. Geburtstag. Auf der Fahrt quer durch den Schwarzwald gelangen Reisende durch 39 Tunnel und überwinden dabei rund 650 Höhenmeter. Zahlreiche Sehenswürdigkeiten wie Wasserfälle und Festungsruinen locken Touristen an.  © Philipp von Ditfurth/dpa
Blick auf den Bodensee mit Alpenpanorama.
Das klare Wasser des Bodensees lockt nicht nur im Sommer. Auch im Herbst und Winter hat die Strecke von Lindau-Reutin nach Lindau-Insel viel zu bieten. So führt die Fahrt zunächst durch die schöne Berglandschaft, bevor Reisende dann mit einem Ausblick auf den Bodensee belohnt werden.  © Zoonar/Imago
Ankunft des Autozugs auf der Insel Sylt.
Hamburg und Schleswig-Holstein lassen sich auf dem Bahndamm nach Sylt erkunden. Die Regional-Express-Züge fahren von der Metropole Hamburg direkt nach Sylt. Schon seit 1927 verbindet der Bahndamm das Festland mit der Insel. Heute können Reisende während der fahrt durch das Watt vorbei fliegende Möwen und das glitzernde Wasser beobachten.  © Zoonar/Imago
Es sind Formationen des Elbsanstein-Gebirges zu sehen.
Nur 45 Minuten dauert die Fahrt von Sachsens Hauptstadt Dresden zum Kurort Bad Schandau. Der Weg durch das Elbsand-Steingebirge belohnt mit einer spektakulären Landschaft vorbei an Felsformationen und grünen Baumbeständen sowie dem bekanntesten Fotomotiv der Gegend, der Basteibrücke vorbei.  © Panthermedia/Imago
Blick von der Marienkirche auf die Altstadt mit der St. Nikolaikirche in Stralsund.
Die Fahrten von Wittenberg nach Stralsund zählt zu den längsten Strecken, die man ohne Umsteigen machen kann. Auf über 300 Kilometern und in etwa 4,5 Stunden erreicht der Zug die Küste und damit auch den Ort Stralsund, der hier zu sehen ist. Highlight für Reisende: Von Stralsund ist es nicht mehr weit zur Insel Rügen.  © imagebroker/Imago
Ortsansicht mit Watzmann, Berchtesgaden.
Von Freilassing nach Berchtesgaden geht es mitten durch einen Nationalpark. Auf der knapp 15 Kilometer langen Strecke zieht ein Alpenpanorama nach dem anderen vorbei.  © Imagebroker/Imago
Füssen am Lech im Allgaäu in Bayern.
Auch die Strecke von München nach Füssen ist mit schönen Aussichten auf Berge und Seen zu empfehlen. Die Fahrt ist eine der landschaftlich schönsten in Bayern. Auf der sogenannten König-Ludwig-Bahn fahren Regionalzüge von München und Augsburg nach Füssen ins Allgäu. © Peter Widmann/Imago

In diesem Jahr will die Bahn rund 16 Milliarden Euro in die Sanierung und Modernisierung des Schienennetzes investieren, im kommenden Jahr sollen es 15 Milliarden sein. Nach internen Prognosen kann es bis zu zwei Jahre dauern, bis die Reparaturen am Netz zu spürbaren Verbesserungen führen. Ein Fahrdienstleister soll laut SZ-Bericht aber davon ausgehen, dass zehn Jahre nicht ausreichen, um das Schienennetz in Ordnung zu bringen.

Rubriklistenbild: © IMAGO/Arnulf Hettrich

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