E-Auto-Neuzulassungen

China-Hersteller in Europa: Debatte um Strafzölle mit Negativfolgen

  • Patrick Freiwah
    VonPatrick Freiwah
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Fernab der Diskussion um Strafzölle erleben chinesische Elektroautos in Europa einen Niedergang. Der einst führende China-Hersteller ist schwer getroffen.

Peking/Brüssel – Europas Automobilindustrie steht vor einer großen Herausforderung: Elektroautos von chinesischen Herstellern könnten in den nächsten Jahren erheblich an Marktanteil gewinnen und den etablierten Konzernen wie Volkswagen das Leben schwer machen. Doch trotz ambitionierter Pläne und Ankündigungen von Autobauern aus der Volksrepublik, ist der Erfolg chinesischer Marken in Europa gebremst.

Chinesische E-Auto-Hersteller verzeichnen – analog zum Gesamtmarkt – einen spürbaren Rückgang bei den Verkaufszahlen. Im August sanken die Neuzulassungen laut Bloomberg im Vergleich zum Vorjahr sogar um fast die Hälfte – ein Minus von 48 Prozent.

China-Hersteller verkaufen weniger E-Autos in Europa - BYD nun Spitze

Die jüngste Auswertung über die Neuzulassungen von August 2024 bedeutet den zweiten Monat in Folge, in dem die Marktanteile chinesischer Automarken rückläufig waren. Laut Zahlen des Marktforschungsunternehmens Dataforce ist vor allem die britische Traditionsmarke MG, die unter dem chinesischen Konzern SAIC zu neuem Leben erblühte, von diesen Entwicklungen betroffen:

Laut JATO, einem weiteren Datendienstleister, hat MG den Spitzenplatz als führender chinesischer Autohersteller in Europa an Konkurrent BYD verloren. Der Branchenriese konnte seine Zulassungen von Modellen aller Antriebsarten in Europa jedoch um 19 Prozent steigern konnte. Der Erfolg von BYD zeigt, dass man trotz schwieriger Marktbedingungen weiterhin auf der Wachstumswelle reiten kann.

Elektroauto des China-Herstellers MG auf einer Autoshow in Stockholm: Der Hersteller verzeichnet in Europa einen Absatzschwund.

Starker Absatzschwund bei Elektroautos von China-Anbieter MG

Im Gegensatz dazu verdeutlicht das Beispiel MG, wie sich das Thema Strafzölle auf Stromer seitens EU auf China-Hersteller auswirken: Denn bis vor kurzem war diese Marke in Europa der erfolgreichste chinesische Autobauer. Doch den Angaben zufolge musste die staatliche Muttergesellschaft SAIC bereits im Juli zusätzliche EU-Abgaben in Höhe von 38 Prozent auf ihre Elektrofahrzeuge erheben.

Wie die Automobilwoche berichtete, wurden die Preise jedoch zunächst nicht weitergereicht. MG legte dennoch im August bei den Elektroautos einen Absatzeinbruch von 65 Prozent im Vergleich zum Vorjahres-Zeitraum hin. Laut JATO-Analyst Felipe Munoz liege das an der unsicheren Lage bezüglich chinesische Elektroauto-Importe. Der Hersteller bietet in Europa neben BEV-Modellen auch Fahrzeuge mit den Antriebsarten Mildhybrid und Plug-in-Hybrid an.

Elektroauto-Absatz: Deutscher Markt zieht ganz Europa runter

Ein weiterer Grund für den schwachen Absatz ist die generell gesunkene Nachfrage nach Elektroautos: In den ersten acht Monaten des Jahres gingen die Neuzulassungen in Europa um 5,5 Prozent zurück, was daran liegt, dass mitunter Deutschland Kaufanreize für Elektroautos gestrichen hat. Alleine die Entwicklung hierzulande ist ausschlaggebend: Nach Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) vom August war der Elektroauto-Absatz um 68,8 Prozent eingebrochen.

Autohersteller*Neuzulassungen Augustgegenüber August 2023
BYD3329+ 19 Prozent
MG3037- 65 Prozent
Xpeng675+ 519 Prozent
Great Wall Motors205-
Zeekr161-
NIO153- 71 Prozent
Alle chinesischen Marken14.843- 47 Prozent

* Quelle: JATO Dynamics (enthält nicht die Marken Polestar, Volvo, Smart und Lotus).

Während auf EU-Ebene die Abstimmung über die Einführung von Strafzöllen auf chinesische E-Autos stattfand, kämpfen freilich auch westliche Marken wie BMW, Mercedes-Benz und Renault mit Absatzrückgängen bei Stromern: Diese drei Anbieter verzeichneten allesamt im August in Europa Rückgänge von über 50 Prozent, schildert JATO.

Zwei in China produzierende Hersteller wachsen massiv beim Absatz

Allerdings gibt es auch Hersteller, die trotz Wegnahme der staatlichen Förderung und der Debatte um Strafzölle wachsen: Dazu gehört die schwedische Marke Volvo, die zum Konzern Geely gehört, aber von den Datendienstleistern nicht zu den China-Herstellern gerechnet werden. Volvo konnte die Verkaufszahlen in dem Zeitraum etwa verdoppeln. Tesla, das viele seiner Elektroautos in China produziert und nach Europa exportiert, legte einen Zuwachs von sieben Prozent hin.

Elektroauto-Markt in China boomt: Zehn Marken, die Sie kennen sollten

Elektrotransporter von Maxus.
Platz 10 – Maxus: Ford, VW und Mercedes aufgepasst. Mit Maxus greifen die chinesischen Hersteller auch bei den Nutzfahrzeugen an. Die Modelle der 2011 gegründete Tochter von SAIC Motors sind unter anderem bei der österreichischen Post und Ikea im Einsatz. Verkauft werden die Transporter über eigene Händler. © GlobalImagens/Imago
Der Aiways U5.
Platz 9 – Aiways: 2017 ging der Hersteller in China an den Start. Schon zwei Jahre später folgte die erste Niederlassung in Europa. Im selben Jahr kam mit dem U5 das erste Auto in China auf den Markt. 2020 folgte Deutschland.  © Aiways
Der Wey Coffee 01
Platz 8 – Wey: Ihr Debüt feierte die Marke 2016 im Rahmen der Guangzhou Auto Show. Ab 2017 wurden die ersten Autos verkauft. In Europa ist Wey seit 2022 vertreten. Mit dem Coffee 01 will die Tochter von Great Wall in Deutschland durchstarten. Mit dem Plug-in-Hybrid Cooffee 02 legen die Chinesen im Herbst nach. Vertrieben werden die Fahrzeuge vom Importeur Emil Frey. © Wey
Lynk & Co 01
Platz 7 – Lynk & Co: Auch hinter diesem Hersteller, der 2016 gegründet wurde, verbirgt sich wieder Geely. Der Plug-in-Hybrid 01 wird dabei vor allem im Abo vertrieben. Das Modell kann aber auch gekauft oder geliehen werden. Entwickelt und entworfen wurde der Lynk & Co in Schweden bei der Konzernschwester Volvo.  © Lynk & Co
Der MG 4 EV.
Platz 6 – MG: Tot gesagte Leben länger. Das gilt auch für die britische Traditionsmarke MG. Allerdings nicht mehr unter der Flagge ihrer Majestät. Nach der Insolvenz erwarb zunächst die Nanjing Automobile Group im Juni 2005 die Markenrechte für 53 Millionen Pfund Sterling (ca. 61 Millionen Euro). Inzwischen gehört der Hersteller zu SAIC Motor. Dort wurde MG mit Roewe in der Abteilung Passenger Vehicle zusammengefasst. Seit Januar 2021 ist MG auch wieder auf dem deutschen Markt vertreten – unter anderem mit dem 4 EV. © MG
Der Xpeng P7.
Platz 5 – Xpeng: Wie viele chinesische Hersteller ist auch Xpeng noch relativ jung. Erst 2014 wurde das Unternehmen gegründet, konnte in den vergangenen Jahren seine Stückzahlen aber immer weiter steigern. In Europa ist Xpeng bisher lediglich in Schweden, Norwegen, Dänemark und den Niederlanden vertreten. Wann der Hersteller nach Deutschland kommt, ist unklar. © Zuma Wire/Imago
Der Zeekr 001.
Platz 4 – Zeekr: Auch wenn der Name so gar nicht chinesisch klingt, stammt der Hersteller dennoch aus dem Reich der Mitte. Der Markenname setzt sich aus Generation Z und dem Begriff Geek zusammen. Hinter dem erst 2021 gegründeten Autobauer steckt Geely. Mit der neuen Tochter möchte man im Premiumsegment Fuß fassen. Zeekr arbeitet zudem mit Waymo an einem vollelektrischen, autonom fahrenden Ride-Hailing-Fahrzeug für die USA. Zusammen mit Mobileeye will man bis 2024 autonomes Fahren in Serie bringen. 2023 soll die Marke in Schweden und den Niederlanden mit den Modellen 001 und X ihren Europa-Start feiern. © Zeekr
Der Ora Funky Cat.
Platz 3 – Ora: Wie Wey gehört auch Ora zu Great Wall Motor. Gegründet wurde die Elektro-Tochter erst im Jahr 2018. Trotz ihrer noch recht jungen Geschichte hat die Marke schon für einen Aufreger gesorgt und eine dreiste Kopie des VW Käfer auf den Markt gebracht. In Europa gibt es das Modell jedoch nicht, dafür aber den Funky Cat. © Ora/GWM
Der NIO ES6 steht auf einer Messe.
Platz 2 – NIO: Der Name des 2014 gergründeten Herstellers ist eine Anspielung auf den Smog über den Großstädten Chinas. Nio,in chinesischen Schriftzeichen „Weilai“, bedeutet übersetzt „Der Himmel wird blau“. Eine Besonderheit der Marke ist die Battery-Swap-Technologie. In fünf Minuten wird der Akku gegen einen neuen ausgetauscht. Sein Europa-Debüt gab Nio 2021 in Norwegen. Seit 2022 sind die Elektroautos auch in Deutschland erhältlich. © VCG/Imago
Der BYD Seal.
Platz 1 – BYD: Unter den chinesischen Autobauern ist Built Your Dreams (BYD) fast schon so was wie der Opa. Seit 1995 gibt es das Unternehmen bereits. Autos spielten am Anfang jedoch noch keine Rolle, stattdessen baute man wiederaufladbare Batterien. Erst 2003 stieg man durch den Kauf der angeschlagenen Xian Qinhuan Automobile in das Automobilgeschäft ein. Inzwischen ist BYD einer größten Automobilproduzenten Chinas und der Welt. In Deutschland sind die Chinesen derzeit mit den Modellen Atto3, Han und Tang vertreten. © VCG/Imago

Interessant ist, dass die EU-Strafzölle zudem nicht überall greifen: Großbritannien und Norwegen folgen den (möglichen) Zusatzabgaben der EU nicht, hier sind die Verkaufszahlen chinesischer Elektroautos angestiegen. (PF)

Rubriklistenbild: © IMAGO/Patrick Ekstrand