Netzentgelte steigen

Stromversorger warnen Ampel: Steigende Strompreise führen zu „Kaskade“ an Insolvenzen

  • Amy Walker
    VonAmy Walker
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Die Energiepreisbremsen laufen aus, doch darum machen sich die Stromversorger keine Sorgen. Sollte dagegen eine andere staatliche Unterstützung wegfallen, drohen deutlich höhere Strompreise.

Berlin – Die Folgen des Karlsruher Urteils zum Bundeshaushalt ziehen immer weitere Kreise. So hat die Bundesregierung beschlossen, die Energiepreisbremsen nicht wie geplant bis Frühjahr 2024 zu verlängern. Die Strom- und Gaspreise seien sowieso unter die Grenze der Preisbremsen gefallen, sodass sie nur als eine Absicherung für den Fall der Fälle gedient hätte. Doch während die Energieversorger den Wegfall der Energiepreisbremsen wenig bemängeln, sieht es bei einer weiteren staatlichen Unterstützung ganz anders aus: Die Stabilisierung der Netzentgelte, die jetzt auch auf der Kippe steht.

Höhere Strompreise: Regierung wollte 5,5 Milliarden dazugeben

Für die Stabilisierung der Netzentgelte, die rund ein Viertel des Strompreises ausmachen, wollte der Bund eigentlich 5,5 Milliarden Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) ausgeben. Nach Berechnungen des Wirtschaftsministeriums wird ein Preisanstieg von elf Prozent für private Haushalte im kommenden Jahr erwartet – wenn die WSF-Gelder fließen. Wenn nicht, dann steigen die Strompreise noch mehr.

Für einen Haushalt mit einem jährlichen Stromverbrauch von 5000 Kilowattstunden führt die Netzentgelterhöhung zu einem Anstieg der Kosten um 47 Euro. Fallen die Gelder aus dem WSF weg, dann müssen Kunden die höheren Netzentgelte alleine stemmen. Für diesen Musterhaushalt wären das nochmal 56 Euro – insgesamt zahlt dieser ab 2024 dann 103 Euro mehr pro Jahr für Strom, so eine Berechnung des Vergleichsportals Check24. Andere Experten gehen aber von noch höheren Preisen aus.

Brandbrief an Energie-Ausschuss: Belastung für Stromkunden wäre enorm

Das bereitet den Energieversorgern große Sorgen. Darum haben die Chefs des Ökostromanbieters LichtBlick in einem Brandbrief an den Ausschuss für Klimaschutz und Energie eindringlich davor gewarnt, die 5,5 Milliarden doch nicht zu zahlen. „Sie muten ansonsten nicht nur Millionen Stromkunden und -kundinnen deutlich höhere Preise zu, sondern gefährden auch insbesondere wettbewerbliche Energieversorger“, heißt es in dem Brief, der IPPEN.MEDIA vorliegt.

Immer eine gute Idee: Den eigenen Strom- und Gastarif regelmäßig prüfen und vielleicht zu einem günstigeren Anbieter wechseln.

Die Energieversorger hätten ihre Preise für das Jahr 2024 bereits berechnet und ihre Kunden informiert – auf Basis der Information, dass die Netzentgelte vom Bund subventioniert werden würden. „Wenn der geplante Zuschuss entfällt, dann wird er von den Versorgern, soweit es rechtlich möglich ist, an die Kunden und Kundinnen weitergegeben. Die Stromkosten steigen dann nach Angaben der Netzbetreiber um brutto 4,15 Cent pro Kilowattstunde. Das macht für einen Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 4000 Kilowattstunden fast 170 Euro“, schreiben die Autoren, LichtBlick-CEO Constantin Eis und COO Enno Wolf.

Warnung vor Insolvenzen: Nicht alle können Strompreis weitergeben

Allerdings dürften viele Energieversorger, die ihren Kunden eine Preisgarantie anbieten, rechtlich gesehen den Wegfall der Entgeltstabilisierung nicht weitergeben. Sie blieben also auf den Mehrkosten sitzen, was zu Insolvenzen führen könnte, so LichtBlick. „Uns ist bewusst, dass die derzeitige politische Lage enormen Druck erzeugt. Jedoch darf die Haushaltskrise nicht zu einer erneuten Verschärfung der Energiekrise führen.“

Auch der Bundesverband für Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) warnt bei einem Wegfall der Unterstützung für die Netzentgelte vor einer „Kaskade für die Unternehmen“, wie es in einer Pressemitteilung heißt. „Wenn die Übertragungsnetzentgelte steigen, müssen auch die Verteilnetzbetreiber ihre Entgelte erhöhen. Die insgesamt gestiegenen Netzentgelte müssen wiederum die Energieversorger in ihre Preiskalkulation aufnehmen und bereits angekündigte Preise anpassen.“

Die Unternehmen bräuchten dringend Rechtssicherheit, heißt es weiter. „Wir brauchen endlich Klarheit. Jeder Tag zählt. Dies ist auch im Interesse der Kundinnen und Kunden.“

Schon in diesem Jahr hatte die Bundesregierung die Netzentgelte für Stromkunden und -kundinnen abgefedert und mit 13 Milliarden Euro bezuschusst. Sie hat sich noch nicht dazu geäußert, ob im kommenden Jahr die Netzentgeltstabilisierung ausfallen muss. Allerdings hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in seiner Regierungserklärung zum Haushaltsurteil den Bürgerinnen und Bürgern versprochen: „In Ihrem Alltag, hier und heute, ändert das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nichts“. Sollten die Energiepreise plötzlich ansteigen, werde die Regierung kurzfristig handeln, sagte er.

Rubriklistenbild: © Christian Charisius/dpa/dpa-tmn

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