Analyse
Großer Teil der Mittel wird gestrichen: Batterieforschung in Deutschland drohen drastische Konsequenzen
- VonMarkus Weißkopfschließen
Nach Berichten über massive Kürzungen in der Batterieforschung gab es Verwirrung über Höhe und Zeitpunkt. Jetzt scheint klar: Für laufenden Projekte ist im BMBF noch Geld vorhanden.
Neue Bewilligungen in Höhe von 180 Millionen Euro stehen jedoch nach aktuellem Stand infrage. Vor der heutigen Bereinigungssitzung wird anscheinend noch intensiv verhandelt.
Wie sehr die Batterieforschung in Deutschland unter den Haushaltssparplänen leiden wird, ist weiterhin nicht ganz sicher. Anfang der Woche hatten Forscher des Kompetenznetzwerks Lithium-Ionen-Batterien (KLiB) in einem Brandbrief vor den drastischen Konsequenzen der möglichen Streichungen für die Batterieforschung gewarnt.
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Diese Analyse liegt IPPEN.MEDIA im Zuge einer Kooperation mit dem Research.Table Professional Briefing vor – zuerst veröffentlicht hatte sie Research.Table am 18. Januar 2024.
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Förderung über den KTF läuft aus
Kürzungen bei laufenden Projekten solle es nicht geben, die Finanzierung sei gesichert, erklärt nun das BMBF auf Anfrage von Table.Media. Allerdings teilt eine Sprecherin mit, dass nach aktuellem Stand 2024 Neubewilligungen in Höhe von rund 180 Millionen Euro nicht durchgeführt werden können. Es können keine neuen Projekte gefördert werden. Im Rahmen der Einigung der Bundesregierung zum KTF sei vorgesehen, dass einige Titel perspektivisch auslaufen. Dies betreffe auch den Titel zur Weiterentwicklung der E-Mobilität, lässt das BMBF wissen.
Um die Verpflichtungen aus den laufenden Projekten zu erfüllen, sind in der Bereinigungsvorlage vom 9. Januar für 2024 noch 135,3 Millionen Euro eingestellt. Der ursprüngliche Plan für 2024 lag bei 155,8 Millionen Euro. Diese Summe war bereits seit 2022 jeweils für die Forschung im Bereich der Elektromobilität und insbesondere die Batterieforschung im Einzelplan 60 eingestellt.
Mittel nur noch für laufende Verpflichtungen
Nun sind für die Jahre ab 2025 nur noch niedrige einstellige Millionenbeträge angesetzt. Damit ist es kaum möglich, 2024 noch neue Projekte zu starten, sondern lediglich laufende Verpflichtungen weiter zu erfüllen. Eine Formulierung in der Vorlage verbietet dies sogar: „Die Mittel (Ansatz und Verpflichtungsermächtigung) dürfen ausschließlich zur Ausfinanzierung der bereits eingegangenen Verpflichtungen und zur Abwicklung der Programme verwendet werden.“
Damit scheint klar, dass tatsächlich geplant ist, einen großen Teil der Forschungsmittel für die Batterieforschung ab 2025 zu streichen. Aus dem eigenen Haushalt, über den Einzelplan 30, steuert das BMBF derzeit lediglich gut 50 Millionen Euro bei. Und diese sind zu einem guten Teil für das neue Batterieforschungszentrum in Münster reserviert.
Stark-Watzinger ringt mit Lindner um Erhalt der Förderung
Es gibt jedoch noch Hoffnung: „Da die Beratungen zum Bundeshaushalt 2024 noch nicht abgeschlossen sind, sind hier noch Änderungen möglich“, sagt eine Sprecherin des BMBF. Aus informierten Kreisen ist zu hören, dass Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger hinter den Kulissen noch um den Erhalt der Förderung ringt, dabei aber auf einen unnachgiebigen Finanzminister trifft.
Währenddessen bangt die Community. Insbesondere Nachwuchswissenschaftler wären von den Kürzungen der BMBF-Projektförderung betroffen. Sie sind häufig über Drittmittel angestellt und profitieren von den BMBF-Programmen. Aktuell werden schon keine Bewilligungen erteilt. Es wird befürchtet, dass im vergangenen Jahr eingereichte Anträge, beispielsweise in der Förderrichtlinie „Clusters Go Industry“, am Ende „für die Tonne“ sind, wie es ein Forschender formuliert. Und auch ein größeres, geplantes Forschungsprojekt zu Natrium-Ionen-Batterien wird wohl nicht finanzierbar sein.
Abwanderung von Forschenden befürchtet
Der Chemiker Martin Winter, Vorstandsmitglied des KLiB, fürchtet eine Abwanderungsbewegung von Batterieforschern in „Länder, wo die Bedingungen besser sind - und das sind nun sehr viele“. Dort werde in den Aufbau und Ausbau der Batterieproduktion und über Kaufhilfen in die Konsumentenakzeptanz investiert. Gleichzeitig würden vorhandene Batterietechnologien weiterentwickelt und neue Technologien erforscht.
Der CDU-Forschungspolitiker Thomas Jarzombek beklagt die Kurzatmigkeit und Unberechenbarkeit der aktuellen Politik der Forschungsministerin. Es werde „nach Tagesstimmung der Stecker gezogen“. Damit würden viele in der Wissenschaft verunsichert. Grundsätzlich bräuchte es eine klare Priorisierung, welche Technologien gefördert werden sollen. „Das hätte man bei der Zukunftsstrategie schon konsequent machen sollen. Dann hätte man einen Fahrplan gehabt, wenn es – wie jetzt – zu notwendigen Kürzungen kommt.“