Der Azubi-Mangel in Deutschland ist so hoch wie nie – trotz besserer Verdienstmöglichkeiten. Welche Ausbildungsberufe bieten die besten Gehälter und wo wird der Fachkräftemangel besonders deutlich?

Köln – Deutschland leidet stark unter dem Fachkräftemangel. Allein im letzten Jahr blieben 570.000 Stellen unbesetzt. Eine Besserung ist nicht in Sicht, im Gegenteil: Wenn die geburtenstarken Babyboomer-Jahrgänge in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen, wird sich die Fachkräftelücke weiter vergrößern. Ein zentrales Problem ist der Mangel an Azubis, die nachrücken könnten. Eine aktuelle Studie hat nun eine Liste der zehn bestbezahlten Ausbildungsberufe veröffentlicht.

Azubi-Mangel trotz lukrativer Job-Chancen in Deutschland

Im vergangenen Jahr blieben 13,4 Prozent aller Ausbildungsplätze unbesetzt – so viele wie nie zuvor. Dabei zeigt eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) mit Daten der Bundesagentur für Arbeit nun, dass man auch in Ausbildungsberufen gut verdienen kann. Auch der deutschen Wirtschaft würde das zugutekommen, denn der Fachkräftemangel kostet sie Milliarden.

An der Spitze der Liste stehen Fachkräfte in der Technischen Forschung und Entwicklung. Beschäftigte in diesem Bereich, wie in der Automobil- oder Pharmaindustrie, verdienten zuletzt im Alter von 20 bis 39 Jahren einen Bruttomedianlohn von 5.670 Euro. Der Medianlohn für festangestellte Fachkräfte lag 2023 zum Vergleich bei etwa 3.500 Euro. Auf den Plätzen zwei und drei folgen Fluggerätmechaniker und Leichtflugzeugbauer (5.108 Euro) sowie spezialisierte Fachkräfte in der Versicherungs- und Finanzbranche, wie Tresorverwalter (5.021 Euro).

+

Wurden in der Studie auch Managergehälter berücksichtigt, die die Kluft zwischen Azubi- und Top-Gehältern vergrößern würden? Co-Studienleiter Dirk Werner vom IW in Köln erklärt gegenüber Ippen Digital: „Bei der Analyse der Gehaltsdaten wurden fertig ausgebildete Fachkräfte im Alter von 20 bis 39 Jahren berücksichtigt. Manager oder Akademiker, die einer anderen Berufsgattung im gleichen Berufsfeld angehören, wurden nicht in die Auswertung einbezogen.“

Azubi-Mangel in technischen Berufen: Kann Zuwanderung die Fachkräftelücke schließen?

Die meisten der 20 Ausbildungsberufe, in denen man am besten verdient, haben eine technische Ausrichtung. So sind elf der 20 Jobs in der Metall- und Elektro-Branche zu finden. Interessant ist jedoch, dass trotz der vergleichsweisen hohen Löhne gerade in diesen Berufen ein großer Mangel an Fachkräften vorherrscht. So wird etwa in der elektrischen Betriebstechnik (Elektroanlagenmonteure oder Industrieelektriker) nur jeder fünfte Job mit einer passenden Fachkraft besetzt – obwohl Fachkräfte unter 40 Jahre im Durchschnitt etwa 4.251 Euro verdienen.

„Die Ergebnisse zeigen, dass mehr Geld allein den Fachkräftemangel nicht einfach beseitigen kann“, meint IW-Fachkräfteexperte Jurek Tiedemann im Zusammenhang der Studie. Außerdem wüssten viele Schüler nicht, welche Ausbildungsmöglichkeiten es in Deutschland gibt. Es müsse daher zu einer besseren beruflichen Orientierungshilfe kommen. Doch auch wenn diese Hürde überwunden wäre, sieht es laut Tiedemann in Deutschland nicht gut aus: „Ohne Zuwanderung wird der Azubi-Mangel in den kommenden Jahren noch weiter wachsen“. Ein großer Fokus müsse überdies die Qualifizierung von An- und Ungelernten sein.

Die Liste der 10 bestbezahlten Azubi-Jobs

Liste: Bruttomonatsentgelte von Beschäftigten in Vollzeit in 2023, Quelle: (IW Köln)

Verluste in Deutschland wegen Fachkräftemangel in Milliardenhöhe

Der Fachkräftemangel in Deutschland wird zur Gefahr für die Wirtschaft. Immer mehr Fachbetriebe wie Werkstätten oder Altenheime suchen händeringend nach Personal. Das wirkt sich aus: Ohne Fachkräftemangel könnten deutsche Unternehmen dieses Jahr fast 50 Milliarden Euro mehr erwirtschaften, zeigt eine weitere Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft. Denn schon im letzten Jahr blieben weit über eine halbe Million Stellen (570.000) unbesetzt. Bis 2030 sollen sogar sieben Millionen Jobs wegfallen. Die Fachkräfte von morgen fehlen daher schon heute – trotz lukrativer Berufsaussichten.

Rubriklistenbild: © Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa