Wie geht es jetzt weiter?

Ampel zerbricht – und hat keinen Haushalt: Das sind die Folgen

  • Lars-Eric Nievelstein
    VonLars-Eric Nievelstein
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Der Kanzler hat seinen Finanzminister entlassen. Und das, obwohl der neue Haushalt noch nicht feststeht. Was bedeutet das?

Berlin – Die Ampel-Koalition scheint am Ende. Am selben Tag, an dem die USA erneut Donald Trump zum Präsidenten wählten, hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den Finanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen. Und das, ehe der Haushalt für 2025 steht. Das bedeutet eine ganz neue Ebene der Unsicherheit für die deutsche Wirtschaft.

Haushalt für 2025 steht noch nicht fest – Habeck bleibt optimistisch

Das grundlegende Problem dahinter: Die Regierung hat für das nächste Jahr noch keinen vollständigen Haushalt beschlossen. Mehr noch: Die FDP hatte bereits mitgeteilt, sie würde weder dem Bundeshaushalt noch einem Nachtragsetat zustimmen. Zudem habe es zuletzt eine Lücke im Haushaltsentwurf von fünf bis acht Milliarden Euro gegeben.

Zwischen ihnen herrscht Eiszeit: Olaf Scholz hat Christian Lindner aus der Ampelkoalition entlassen.

Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) gab gegenüber dem Deutschlandfunk an, dass die Bundesregierung trotz allem handlungsfähig sei. Auch ohne die FDP-Minister könne sie ihre Arbeit „gut weitermachen“. Die eben erwähnte Lücke hätte die Regierung stopfen können – Habeck zufolge war die Entscheidung des Kanzlers, Lindner zu entlassen, folgerichtig und „konsequent“ gewesen.

Ampel-Aus: Nachtrags-Haushalt für 2024 steht ebenfalls noch nicht fest

Dabei stellen sich die Fragen: Wie geht es mit dem Haushalt weiter und wann ist mit den anderen Ressort-Entwürfen zu rechnen? Auf Anfrage von Ippen.Media hatten sich die Ampel-Parteien noch nicht dazu geäußert; innerhalb der Wirtschaft geht bereits Sorge um. Neben der Entscheidung für den Haushalt 2025 steht auch noch das letzte Wort zum Nachtragshaushalt 2024 aus. Dieser ist vor allem darum notwendig, weil darin mehr Geld für die Förderung von Öko-Strom und für das Bürgergeld enthalten ist. Nach aktuellem Zeitplan, so berichtete die Nachrichtenagentur Reuters, sollte in der Woche vom 11. November die finale Entscheidung darüber fallen.

Nach dem Ampel-Crash steht nun infrage, ob der Bundestag noch in diesem Jahr einen Etat für 2025 beschließen kann. In Jahren mit einer Bundestagswahl im Herbst sind solche Warteperioden regelmäßig der Fall, weil nach Koalitionsverhandlungen zuerst eine neue Regierung entstehen muss. Ab 2025 soll dann eine vorläufige Haushaltsführung greifen. Diese sorgt dafür, dass der Bund nicht zahlungsunfähig ist, sondern allen Verpflichtungen nachkommen kann. Neue Ausgaben kann die Regierung aber nur mit deutlichen Einschränkungen tätigen. Sie darf nur Geld ausgeben für:

  • Den Erhalt von gesetzlich bestehenden Einrichtungen und die Durchführung gesetzlich beschlossener Maßnahmen.
  • Die Erfüllung rechtlich begründeter Verpflichtungen des Bundes.
  • Die Finanzierung von Bauten, Beschaffungen und sonstigen Leistungen sowie Beihilfen für diese Zwecke, sofern durch den Haushaltsplan eines Vorjahres bereits Beiträge bewilligt sind.

Konsequenzen des fehlenden Haushalts nach dem Ampel-Aus – Kommt es zu Förderstopps?

Laut Reuters gilt das unter anderem für die Militärhilfe an die Ukraine, die nach bisherigem Entwurf auf vier Milliarden Euro schrumpfen sollte. Auch bei vorläufiger Haushaltsführung könne diese Hilfe fließen, weil die Regierung „für einen sehr großen Teil des Geldes“ bereits Verpflichtungsermächtigungen eingegangen sei.

Anders sieht das bei Förderprogrammen aus. „In Förderprogrammen würden Förderstopps entstehen“, zitierte die Welt den Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, Helge Braun. „Das wäre Gift für die Investitionen in dieser wirtschaftlich angespannten Lage“.

Sorge um Haushalt in der Wirtschaft – „Das Ampel-Aus kommt zur Unzeit“

Aus der Wirtschaft kommen darum bereits sorgenvolle Kommentare. Der Verband der Chemischen Industrie teilte über seinen Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup dazu mit: „Das Ampel-Aus kommt zur Unzeit. Gerade in diesen herausfordernden Zeiten brauchen wir eine handlungsfähige und lösungsorientierte Bundesregierung. Vor diesem Hintergrund fordern wir die politischen Parteien auf, verantwortungsbewusst zu handeln.“ Große Entrup erklärte, dass jetzt „schnell Klarheit“ gefordert sei, eine „monatelange Hängepartie und politischen Stillstand“ könne sich das Land nicht leisten.

Vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie kam ebenfalls schon eine Warnung. „Wir fallen jetzt in die vorläufige Haushaltsführung, die nur noch ein Mindestmaß an Ausgaben zulässt, wichtige Investitionen werden nicht mehr an den Start gebracht. Ohne Nachtragshaushalt 2024 laufen wir sogar Gefahr, dass Rechnungen, etwa die der Autobahn GmbH, in diesem Jahr nicht mehr beglichen werden können“, sagte Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Verbandes. Im Klartext heiße das: „Keine neuen Straßen, keine neuen Brücken, keine neuen Schienen“. Viele Unternehmen, die auf den Staat als Investor angewiesen seien, hätten den Schaden. „Unklar ist auch, was mit den Förderprogrammen im Wohnungsbau passiert.“

Ein Förderstopp, sofern der eintritt, wäre eine „Katastrophe für den ohnehin schon gescholtenen Markt“. Allerdings sah Müller einen Lichtblick: „In der Krise schlägt auch die Stunde der Ruhe und Besonnenheit – und die der staatspolitischen Verantwortung aller demokratischen Parteien“. (Laernie mit Material von Reuters)

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