Clean Tech

„Alle müssen lernen, wie eine Wärmepumpe funktioniert“: Blick hinter die Kulissen bei der Wärmepumpen-Akademie

  • Amy Walker
    VonAmy Walker
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Für die Energiewende sind Wärmepumpen unerlässlich. Nur wissen viele Handwerker nicht, wie sie funktionieren. Ein neues Start-Up will das ändern.

Berlin – Deutschland steht vor den entscheidenden Jahren der Energiewende, eine bedeutende Rolle soll dabei Clean Tech spielen. Clean Tech bedeutet übersetzt so viel wie „saubere Technologie“ – was eigentlich schon ganz gut beschreibt, was es damit auf sich hat. Clean-Tech-Unternehmen wollen mit sauberen Energielösungen die Energiewende vorantreiben – und die Lösungen an Verbraucher verkaufen.

Eine dieser Clean-Tech-Firmen findet man in einer unscheinbaren Straße in Berlin-Friedrichshain, nur wenige Gehminuten vom berühmten Berliner Club Matrix entfernt. Dort steht ein ehemaliges Autohaus, das nun deren Firmensitz ist. Dort, in einer Halle, in dem vor wenigen Jahren noch polierte Neuwagen zur Schau standen, stehen jetzt mehrere Stuhlreihen mit kleinen Schreibtischen. Vorne spricht der Lehrer, Jörg Ebert, ihm hören acht Männer auf den Stühlen sitzend zu. Unterrichtet wird die Seminareinheit: Wartung und Inbetriebnahme einer Wärmepumpe. 

Aira Academy: Ein Clean-Tech-Unternehmen unter vielen?

Es ist eine von vielen Einheiten, das an der neu gegründeten Aira Academy gelehrt wird. Aira, so heißt die Clean-Tech-Firma mit dem Sitz in Berlin-Friedrichshain, die seit September 2023 aktiv ist. Sie hat sich auf den Verkauf und Einbau von Wärmepumpen spezialisiert, das soll aber nur der Anfang sein. Wie viele Clean-Tech-Unternehmen, die heute neu gegründet werden, will auch Aira zum Allrounder werden: Solarzellen, Wärmepumpen, Stromanbieter – alles soll aus einer Hand kommen, damit Kunden so autark wie möglich werden. 

Mit dieser Idee ist Aira nicht allein. Viele neue junge Unternehmen haben das Potenzial der grünen Technologien und deren Vernetzung erkannt – und wollen eine Marktlücke schließen. Diese Firmen wachsen auch rasant: Das Clean-Tech-Start-up 1Komma5° berichtet zum Jahresende 2023 von einer Verdopplung seines Umsatzes im Vergleich zu 2022, der Anbieter Octopus Energy hat sich in Großbritannien zum größten Stromversorger des Landes entwickelt und will jetzt auch Solaranlagen verkaufen. Ebenfalls unterwegs im Clean-Tech-Markt: Solarexperte Enpal, Heizungsbauer Thermondo, Stromanbieter Tibber, um nur ein paar zu nennen. 

Der Markt ist also in Bewegung, die neuen Firmen könnten schon bald zu den zentralen Akteuren der Energiewende werden. Aira will da mitmachen – und hat im gleichen Atemzug eine eigene Wärmpumpen-Academy aufgebaut, wo das Unternehmen seine Handwerker und Handwerkerinnen aus- und weiterbildet. Denn das Thema Wärmpumpe ist zwar an sich nicht ganz neu, für viele Heizungsbauer aber schon. Und das ist natürlich ein Problem, der Nachholbedarf der Branche ist enorm.

Aira Academy bildet Handwerker an der Wärmepumpe aus

An der Seminareinheit an Airas Academy im Januar 2024 nehmen acht Männer teil, die schon länger im Berufsleben stehen. Sie sind alle zwischen 30 und 50 Jahre alt, das ist auch die Strategie des Unternehmens: „Wir legen aktuell auf Erfahrung am meisten wert, weil wir noch stark wachsen wollen“, sagt der CEO von Aira Deutschland, Leonhard von Harrach. Aus seiner Sicht gehe es auch darum, dass „das Handwerk wieder attraktiv wird“. Traditionell geprägte Handwerksunternehmen hätten es oft schwer, da sie nicht flexibel genug, nicht digital genug aufgestellt seien. Hinzu kommen neue Technologien wie die Wärmepumpe und ein immer stärker vernetztes Energiesystem, das viel neues Wissen erfordert. Aira, so von Harrach, vermittelt genau dieses Wissen in seinen eigenen Schulungszentren.

Die Teilnehmer scharen sich jetzt um eine Wärmepumpe, die von Jörg Ebert, dem Schulungsleiter, auseinander genommen wird. Immer wieder hält er ein Teil in die Luft, und fragt: „Wer kann mir sagen, was das ist?“ oder „Wozu braucht man das?“ Sie schauen sich die Funktionsweise an, die Handwerker stellen Fragen, wollen es ganz genau wissen, wie das jetzt alles zusammenpasst. Es ist eine bunt gemischte Gruppe: Einer der Teilnehmer ist Landschaftsbauer, ein anderer ausgebildeter SHK-Handwerker (Sanitär, Heizung, Klimatechnik), wieder ein anderer ist Elektriker. Die meisten haben vorher nie oder nur wenig mit einer Wärmepumpe gearbeitet, auch nicht die, die vorher in der Heizungsbranche tätig waren.

Die Handwerker nehmen an einer Schulung teil, vorne steht der Schulungsleiter Jörg Ebert.

Das sagt zum Beispiel Robin Eschert, der bei Aira jetzt als Wärmepumpen-Installateur arbeitet und vorher für eine große Wohngenossenschaft tätig war. Auch wenn er eine Ausbildung zum SHK-Hadwerker gemacht hat, „wurde die Wärmepumpe eher vernachlässigt“, sagt er. „Das wird in Zukunft aber immer mehr kommen, deswegen bin ich hier“, berichtet er. Jörg Ebert fügt hinzu: „Bei vielen SHK-Ausbildungen spielt die Wärmepumpe noch eine untergeordnete Rolle, es wurde bisher ja immer auf Gas gesetzt. Deswegen kennen sich viele Handwerker auch einfach noch nicht aus“. 

Wärmpumpen-Schulungen: „Alle müssen lernen, wie eine Wärmepumpe funktioniert”

Deswegen gibt es für alle, auch für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen außerhalb des technischen Bereichs, beim Start bei Aira einen Wärmepumpen-Kurs. Dafür hat das Unternehmen auch extra mehrere Räume, in denen sozusagen Übungs-Wärmepumpen installiert sind, an denen sie die Funktionsweise einer Wärmepumpe live erleben und direkt selbst ausprobieren können. Für viele ist das auch die erste Wärmepumpe, die sie gesehen haben, so Jörg Ebert. 

Bei Aira werden aktuell noch keine Auszubildenden eingestellt, dafür sei laut der Academy Managerin Bianca Grimm noch zu früh. Gesucht werden Menschen mit Berufserfahrung, jetzt zumindest noch. Und egal in welchem Job sie später arbeiten: „Alle müssen lernen, wie eine Wärmepumpe funktioniert“, so die Academy-Managerin.

Eine Wärmepumpe in den Schulungsräumen von Aira

Anfang des Jahres wurde bekannt, dass das Unternehmen 145 Millionen Euro von internationalen Investoren erhalten hat. Im Oktober 2023 übernahm Aira das Unternehmen Garant Wärmesysteme im sächsischen Glauchau. Damit hat das Start-up nun drei Standorte: Berlin, München und Glauchau. 

In den nächstens zehn Jahren will Aira fünf Millionen europäische Haushalte mit „sauberen Energielösungen“ versorgt haben. Dazu baut das Start-up gerade eine eigene Produktionsstätte in Breslau in Polen auf. Sie haben eine ehemalige Volvo-Fabrik übernommen, die aktuell umgebaut wird, das Personal soll dort ebenfalls umgeschult werden. Dort will Aira dann ab Sommer 2024 ihre eigenen Wärmepumpen bauen lassen. Aktuell kooperiert die Firma noch mit Vaillant, dessen Wärmepumpen die Handwerker momentan einbauen. Sobald die eigene Produktion an den Start gegangen ist, will die Firma beides anbieten, also sowohl eigene Produkte als auch fremde. Die Kooperation mit Vaillant soll dem Vernehmen nach also weitergehen.

Rubriklistenbild: © Amy Walker

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