„Alle Register ziehen“
1000 Euro-Prämie nach dem Bürgergeld: Professor verteidigt Ampel-Plan
- VonMax Schäferschließen
Ein Experte unterstützt den 1000 Euro-Bonus, die Langzeitarbeitslosen erhalten sollen, wenn sie sich vom Bürgergeld befreien. Er würde sogar noch weiter gehen.
Berlin – Die Ampel-Koalition verschärft Sanktionen beim Bürgergeld, will jedoch gleichzeitig nicht nur den Druck auf die Empfänger erhöhen, sondern auch positive Anreize für den Weg aus der Arbeitslosigkeit setzen. Anfang Oktober hat das Bundeskabinett deshalb unter anderem die sogenannte „Anschubfinanzierung“, eine Prämie in Höhe von 1000 Euro, für alle beschlossen, die den Weg aus der Grundsicherung „nachhaltig“ schaffen und mindestens ein Jahr einer existenzsichernden Arbeit nachgehen.
Die Prämie für die Abkehr vom Bürgergeld hatte kurz nach dem Kabinettsbeschluss für scharfe Kritik gesorgt. „Wir zahlen Prämien, damit die Arbeitsaufnahme erfolgt. Irre“, sagte etwa der Präsident des Bunds der Steuerzahler, Reiner Holznager, der Bild-Zeitung. Das Springerblatt selbst nannte die Zahlung „Arsch hoch-Prämie“. CSU-Generalsekretär Martin Huber bezeichnete den Bürgergeld-Plan als „blanken Hohn“.
Forscher verteidigt 1000 Euro-Prämie für Ausweg aus dem Bürgergeld: „Gerecht ist, was wirkt“
Professor Enzo Weber, Forschungsbereichsleiter für Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), verteidigte die Prämie jedoch. „Gerecht ist, was wirkt“, sagte er der Bild. Für das Ziel, Bürgergeld-Empfänger aus der Langzeitarbeitslosigkeit zu bringen, müssen laut dem Experten „alle Register“ gezogen werden. Neben Verbindlichkeit, Unterstützung und Qualifizierung gehörten dazu auch finanzielle Anreize.
Sogar eine Entlastung für den Staat ergibt sich laut Weber durch die Prämie. „Wenn Bürgergeld-Empfänger bedarfsdeckende Jobs aufnehmen, entfällt die Sozialleistung“, sagte er der Bild. Der Staat spare „mehr als 25.000 Euro im Jahr“ – pro Fall.
Prämie für Abschied aus dem Bürgergeld soll schon früher gezahlt werden – fordert Experte
Weber würde bei dem finanziellen Anreiz sogar noch weiter gehen, als es der vom Bundeskabinett beschlossene Entwurf vorsieht. Die Ampel-Koalition will die 1000 Euro früheren Bürgergeld-Empfängern zahlen, die nach mindestens einem Jahr Arbeitslosigkeit mindestens ein Jahr lang einer Arbeit nachgehen. Diese muss nach sechs Monaten „bedarfsdeckend“ sein.
Der IAB-Forscher würde die Prämie schneller auszahlen. Die Anreizwirkung wäre dann größer. „Eine erste Auszahlung nach sechs Monaten im Job könnte dem Anschub noch mehr Schub verleihen“, sagte Weber der Bild. Zudem hält Weber die Voraussetzung, dass man das Bürgergeld verlassen haben müsse, für zu hart. „Ein einfacher Schwellenwert für das Einkommen wäre effektiver.“
Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat die geplante „Anschubfinanzierung“ für Langzeitarbeitslose, die einen Job annehmen, verteidigt. Davon profitierten Menschen, die in Arbeit gingen, die Sozialsysteme und die Volkswirtschaft. Laut dem SPD-Politiker Martin Rosemann war die Prämie ein „ausdrücklicher Wunsch von Robert Habeck“, der in den Verhandlungen zur sogenannten Wachstumsinitiative darauf bestanden habe.
Rubriklistenbild: © Bernd von Jutrczenka/ Jens Kalaene/dpa
