Wut und Trauer nicht ausreden
Wenn das Kind sich einfach nicht beruhigen lässt: 5 Notfallsstrategien für Eltern
VonJasmina Deshmehschließen
Wutattacken bei Kindern sind für alle Eltern eine Herausforderung. Was aber, wenn die Kleinen sich partout nicht beruhigen lassen? Dann braucht es Notfallstrategien.
Gefühlsausbrüche gehören zur Kindheit dazu. Vor allem die Autonomiephase (früher „Trotzphase“ genannt), also die Zeit zwischen eineinhalb und sechs Jahren, kann für Eltern sehr herausfordernd sein. Und auch für Kinder ist diese Zeit anstrengend, schließlich möchten sie mit ihrem Verhalten niemanden ärgern, sondern können ihre Gefühle noch nicht regulieren. Sie werden von ihnen regelrecht überrollt, etwa wenn sie etwas tun möchten, was sie noch nicht können. Oder wenn sich plötzlich etwas in ihrem Alltag ändert – oder sie einfach übermüdet und überreizt sind. Ganz vermeiden lassen sich solche Wutausbrüche nicht. Und das wäre auch nicht im Sinne des Kindes, denn die Autonomiephase ist für die Entwicklung wichtig. Es gibt aber Strategien, die solche Momente für Eltern erträglicher machen.
Stress für Eltern: Wenn Kinder Wutausbrüche in der Öffentlichkeit haben
Zugegeben: Wenn sich das Kind brüllend auf den Boden wirft, weil gerade sein Keks auseinander gebrochen ist, kann das die elterlichen Nerven schon ziemlich strapazieren. Wenn das Ganze dann noch an der Supermarktkasse und unter den argwöhnischen Blicken Fremder passiert, schnellen Puls und Blutdruck schonmal in die Höhe. Fällt dann noch der Joghurt-Becher vom Kassenband, gesellt sich zu dem Schweißausbruch eine Mischung aus Scham, Ärger und eine nach Erdbeerjoghurt duftende Pfütze am Boden.
An alle, die sich in dieser Beschreibung wiederfinden: Sie sind nicht allein! Ihr Kind ist auch nicht „schlecht erzogen“ und Sie als Eltern nicht „überfordert“. Trotzdem muss der Betrieb an der Kasse natürlich weitergehen. Und der Kassierer reicht auch schon ungeduldig und mit einer wedelnden Bewegung ein Stück Küchenrolle. Blöd nur, dass sich das Kind genau jetzt nicht beruhigen lässt. Vielleicht sagen wir dann auch noch hilflos Dinge, wie „Ist doch nicht schlimm, war doch nur ein Keks“ oder „Jetzt reg‘ dich doch nicht so auf. Meine Güte!“
Gefühle ernst nehmen
Auch wenn die Reaktion menschlich ist: Solchen Aussagen machen die Situation nur noch schlimmer. Denn beim Kind kommt an: „Dein Gefühl ist nicht wichtig“, „du übertreibst“ oder „stell dich bitte nicht so an“. Kurz gesagt: Es fühlt sich nicht ernst genommen und mit seinen Emotionen nicht gesehen. Natürlich lässt sich ein Keks ersetzen, aber für das Kind ist es eben in dem Moment ein Drama, dass genau DIESER Keks zerbröselt ist. Vielleicht wird es deshalb noch wütender, schreit noch lauter oder beginnt, wild um sich zu schlagen. Für Eltern bedeutet das: noch mehr Stress. Ein Teufelskreis.
Deshalb gilt erstmal:
- Tief durchatmen! Und das Verhalten nicht persönlich nehmen. Das Kind kann gerade nicht anders, es ist mit sich und seinen starken Gefühlen einfach überfordert.
- Versuchen, in Verbindung zu bleiben: Das Kind nicht einfach ignorieren. Denn das wäre Liebesentzug. Gefühle sind erlaubt und dürfen raus.
- Mitgefühl zeigen: „Du ärgerst dich ganz doll, weil gerade der Keks zerbrochen ist, stimmt’s? Ich ärgere mich auch manchmal sehr“.
- Geduld haben, abreagieren lassen: Vielleicht gibt es ein Ventil, um die Wut rauszulassen? Das sollte vielleicht nicht gerade die Joghurt-Lache am Boden sein. Gibt es etwas, das das Kind fest drücken kann? Oder ein Papier, das es zerreißen kann?
- Im Nachhinein darüber sprechen: Haben sich die Gemüter beruhigt (und die Einkäufe sind im Kofferraum verstaut) kann das Kind nochmal erzählen, was es gerade so aufgeregt hat. Das sollte natürlich altersgemäß und auf Augenhöhe passieren.
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Ältere Kinder Gefühle aufmalen oder aufschreiben lassen
Ältere Kinder können ihre Gefühle auch aufmalen oder aufschreiben, um zu verstehen, was gerade in ihnen passiert. Mit diesem Vorschlag reichen Eltern ihnen nicht nur symbolisch die Hand. Das Malen selbst hat auch eine beruhigende, entspannende Wirkung. Auch die Gefühle aufzuschreiben und dann vorzulesen (können auch die Eltern machen), kann heilsam sein.
Regt sich das Kind wegen unerfüllter, unrealistischer oder unvernünftiger Forderungen auf, können Eltern mit ihm auch eine Fantasiereise machen. „Nein, wir können kein Pferd kaufen. Aber wir können uns doch ausmalen, wie es wäre, einen ganzen Reiterhof zu besitzen“. Vielleicht lässt sich der Herzenswunsch auch nachbauen oder nachspielen?
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