Dosis ist entscheidend

Mehr Giftnotrufe wegen Vitamin D: Überdosierung in Zusammenhang mit Herzinfarkt

  • Juliane Gutmann
    VonJuliane Gutmann
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Wer auf eigene Verantwortung Vitamin D in Form von Nahrungsergänzungsmitteln zu sich nimmt, riskiert eine gefährliche Überdosis.

Dass ein ausreichend hoher Vitamin D-Spiegel für ein intaktes Immunsystem wichtig ist, gilt als bewiesen. Doch wie verhält es sich mit der Annahme, dass Vitamin D einer Ansteckung mit Covid-19 vorbeugt? Der verstorbene David A. Jolliffe von der Queen Mary University of London und seine Kolleginnen und Kollegen hatten sich dieser Frage im Rahmen der CORONAVIT-Studie gewidmet. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse im Sommer 2022. Die Analyse der Daten von über 6.000 Studienteilnehmern zeigte: Die Einnahme von Vitamin-D-Präparaten hatte keinen vorbeugenden Effekt, alle Studienteilnehmer hatten dasselbe Risiko, zu erkranken.

Doch stimmt es, dass Vitamin-D-Mangel und Herzinfarkt-Risiko zusammenhängen? Diese Schlussfolgerung ließ sich aus einigen Studien ziehen, etwa der amerikanischen Framingham-Herz-Studie. Dieser zufolge würde ein Mangel an Vitamin D im Blut häufiger zu einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall führen, informierte das Portal Internisten im Netz. Auch dänische Forschende kommen zu dem Ergebnis, dass zu wenig Vitamin D im Blut Schlaganfall und Herzinfarkt fördert. Wieder andere Analysen zeigen keinen Zusammenhang: „Im letzten Jahr wurden z.B. die Ergebnisse einer sehr großen Studie berichtet, in der geprüft wurde, ob eine Supplementierung mit Vitamin D vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs schützt. Weder diese Studie noch vorherige, kleinere Studien konnten einen Nutzen der Vitamin-D-Supplementierung im Hinblick auf kardiovaskuläre Ereignisse zeigen“, informiert Professor Hans Hauner auf den Seiten der Deutschen Herzstiftung.

Viele nehmen regelmäßig Vitamin D in Form von Nahrungsergänzungsmitteln ein. Das birgt Risiken.

Doch trotzdem nehmen viele Menschen ohne ärztliche Absprache Vitamin-D-Nahrungsergänzungsmittel zu sich – mit potenziell gefährlichen Folgen.

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Mögliche Folgen einer Überdosis Vitamin D

Beim Arzt können Sie Ihren Vitamin-D-Spiegel bestimmen lassen. Ist dieser zu niedrig, ergibt die Einnahme von Vitamin-D-Präparaten Sinn. Doch wer ohne ärztliche Absprache Vitamin-D-Kapseln zu sich nimmt, riskiert eine Überdosis. „Bei einer übermäßig hohen Einnahme von Vitamin D entstehen im Körper erhöhte Kalziumspiegel (Hyperkalzämie), die akut zu Übelkeit, Appetitlosigkeit, Bauchkrämpfen, Erbrechen oder in schweren Fällen zu Nierenschädigung, Herzrhythmusstörungen, Bewusstlosigkeit und Tod führen können. Da Vitamin D im Körper gespeichert werden kann, ist neben einer akuten auch eine schleichende Überdosierung möglich“, informiert das Robert Koch-Institut (RKI).

Immunsystem stärken und so Grippe bis Corona vorbeugen – acht einfache Regeln

Frau hält Glas Wasser in der Hand.
Wer ausreichend trinkt, hält die Schleimhäute in Mund und Rachen feucht. Das ist wichtig, weil diese die erste Schutzbarriere des Körpers gegen Viren und Bakterien darstellen. Trocknen die Schleimhäute aus, können Viren leichter andocken und sich einen Weg in den Körper bahnen. Auch das Lutschen von Bonbons hilft dabei, die Schleimhäute feucht zu halten.  © Tanya Yatsenko/Imago
Korb voll mit Gemüse und Obst
Eine ausgewogene Ernährung mit viel Gemüse sorgt dafür, dass dem Körper wichtige Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente zugeführt werden. Es wird vermutet, dass ein Zusammenhang zwischen einem gesunden Darm und einem gesunden Immunsystem besteht, denn ein Großteil der Antikörper produzierenden Zellen befinden sich im Darm, informiert das Portal München Klinik, der Gesundheitsversorger der Stadt München. © Oleksandr Latkun/Imago
Frau krault im Schwimmbad
Auch Bewegung macht uns weniger anfällig für Krankheitserreger. Mitverantwortlich ist die antientzündliche Wirkung von Sport und Bewegung auf unseren Körper. Davon profitiert auch unser Immunsystem, so Professor Karten Krüger von der Justus-Liebig-Universität in Giessen im Interview mit der Krankenkasse BKK Provita. Sein Forschungsgebiet: Die Wirkung von Bewegung auf unser Immunsystem. Ihm zufolge wird man seltener krank und übersteht eine Erkrankung besser, wenn man sich regelmäßig bewegt, gut schläft, sich ausgewogen ernährt und ein gutes Stressmanagement pflegt.  © Imago
Hand, die Weinglas und Zigarette hält
Inhaltsstoffe in Zigarettenrauch und Alkohol blockieren die körpereigene Abwehr und machen uns so anfälliger für Krankheiten. Nach einer durchzechten Nacht kann das Immunsystem Studien zufolge sogar bis zu 24 Stunden lang nicht wie gewohnt arbeiten, so die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Auch Rauchen fördert wie Alkohol Entzündungsprozesse im Körper, was eine erhöhte Anfälligkeit für Atemwegsinfekte zur Folge haben kann. Zudem trocknet Zigarettenrauch die Schleimhäute aus, was deren Abwehrkraft abschwächt.  © macondo/Imago
Frau öffnet das Fenster zum Lüften
Vor allem im Herbst und im Winter sollten Sie regelmäßig lüften. Denn trockene Heizungsluft trocknet die Schleimhäute in Mund und Nase aus. Diese stellen die erste Barriere für Viren und Bakterien dar. Im ausgetrockneten Zustand sind die Schleimhäute weniger widerstandsfähig. © Roman Möbius/Imago
Wanderweg im Bergischen Land nahe der Müngstener Brücke
Bewegung an der frischen Luft stärkt unsere Atemwege. Auch das Immunsystem profitiert, weil über die Haut durch Kontakt mit Sonnenlicht Vitamin D produziert wird. „Es ist wissenschaftlich unstrittig, dass eine ausreichende Vitamin D-Versorgung zur normalen Funktion des Immunsystems beiträgt. Auch zeigen Studien, dass Menschen mit einer unzureichenden Vitamin D-Versorgung ein erhöhtes Risiko für akute Atemwegsinfekte aufweisen und von der Gabe von Vitamin D-Präparaten profitieren können“, heißt es in einem Bericht des Bundesinstituts für Risikobewertung.  © Olaf Döring/Imago
Gestresste Frau im Büro
Stress ist ein wahrer Immunkiller. Durch die Ausschüttung von Stresshormonen verlieren die Immunzellen die Fähigkeit, sich zu vermehren, um Krankheitserreger abzutöten. Auch die Menge an Antikörpern in unserem Speichel verringert sich, so eine Information des Universitätsspitals Zürich.  © Joseffson/Imago
Frau schaltet den Wecker aus
Ausreichend Schlaf zählt zu den Grundpfeilern eines intakten Immunsystems. Wissenschaftler der Universität Tübingen und der Universität Lübeck konnten dem ärztlichen Journal zufolge zeigen, dass bereits nach drei Stunden ohne Schlaf die Funktion der T-Zellen beeinträchtigt war. „T-Zellen zirkulieren ständig im Blutkreislauf und suchen nach Erregern. Die Adhäsion (Anmerkung der Redaktion: bedeutet so viel wie „Haftkraft“) an andere Zellen erlaubt ihnen dabei, im Körper zu wandern und beispielsweise an infizierte Zellen anzudocken, um sie anschließend zu beseitigen“, sagt Erstautor Stoyan Dimitrov.  © Oleksandr Latkun/Imago

Wie das Giftinformationszentrum in Erfurt meldet, gingen im Jahr 2022 mehr Anfragen aufgrund von hochdosierten Vitamin-D-Präparaten ein. In diesem Jahr habe es bereits 162 derartige Fälle und damit 31 mehr als 2021 gegeben, sagte die Leiterin des Giftinformationszentrums in Erfurt, Dagmar Prasa, der Deutschen Pres­se-­Agentur. Allerdings räumt Prasa ein, dass es sich bei den meisten Anfragen um einmalige, versehentliche Überdosierungen gehandelt habe, die relativ ungefährlich seien.

Wie Vitamin D im Körper wirkt – und wie wir genug des Sonnenhormons abbekommen

Vitamin D kann zum einen durch die Nahrung aufgenommen werden, der Großteil des sogenannten Sonnenhormons wird allerdings vom Körper selbst gebildet – durch Aufenthalt in der Sonne. Ein ausreichend hoher Vitamin-D-Spiegel im Blut ist dem Ärzteblatt zufolge deshalb so wichtig, weil es das Immunsystem stärkt und so vor Atemwegsinfektionen schützt. Auch für die Knochenstabilität sei es wichtig. Kardiologe Professor Wolfram Delius vom Berufsverband Deutscher Internisten (BDI) ergänzt den Internisten im Netz zufolge, dass eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D auch deshalb wichtig ist, weil es Blutdruck und Blutgefäße beeinflusst und Osteoporose verhindern kann.

Wie viel Sonne Sie täglich tanken sollten, um ausreichend viel Vitamin D zu sich zu nehmen, können Sie hier nachlesen. Außerdem gut zu wissen: Optimalerweise sollte man nach dem Vitamin-D-Sonnenbad im Freien für vier bis sechs Stunden aufs Duschen verzichten, damit sich das Hormon Cholecalciferol (Vitamin D3) in der Haut bilden kann.

Herzinfarkt durch zu viel Vitamin D?

Dänische Forschende um Peter Schwarz von der Universität Kopenhagen kamen im Rahmen einer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass auch eine Vitamin-D-Überdosis das Herzinfarkt-Risiko fördern kann. Nach Analyse der Daten von etwa 250.000 Dänen zeigte sich, dass die Sterblichkeit aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt angestiegen war, wenn der Vitamin-D3-Spiegel der Probanden oberhalb von 40 Nanogramm pro Milliliter lag. Wie das Wissensportal Spektrum weiter berichtete, müssten weitere Studien folgen, um diese Erkenntnisse zu untermauern.

Rubriklistenbild: © Anneleven/Imago

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