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Werden Reiche bei der Erbschaftsteuer verschont? Steuer erneut auf dem Prüfstand
VonDieter Tannert
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In Deutschland fallen Erbschaften und Schenkungen unters Erbschaftsteuergesetz. Freie Wähler fordern Abschaffung, CSU höhere Freibeträge. Experten beklagen, dass Reiche ganz verschont bleiben.
Das Statistische Bundesamt hat zuletzt für das Jahr 2021 Zahlen zur Steuererhebung der reformierten Erbschaftsteuer vorgelegt. Die Erbschaftsteuer musste im Jahr 2016 geändert werden, da das Bundesverfassungsgericht die bestehende, sehr günstige Ausgestaltung gerade für größere Unternehmensvermögen als verfassungswidrig angesehen hat und eine Änderung der Rechtslage verlangte. Die nun vorliegenden Zahlen deuten jedoch laut einer Stellungnahme der Organisation Netzwerk-Steuergerechtigkeit nicht auf eine Verbesserung bei der Besteuerung großer Unternehmensvermögen hin.
Nach den vorliegenden Daten wurden dabei Vermögen von mehr als 20 Millionen Euro effektiv nur mit durchschnittlich 2,2 Prozent des übertragenen Vermögens besteuert. Zudem sieht das reformierte Gesetz eine erhebliche Möglichkeit der Steuerbefreiung vor, wenn der Empfänger des Vermögens erbschaftsteuerlich als „bedürftig“ gilt. Diese Ausnahme scheint in großem Umfang genutzt werden zu können, wie das Netzwerk-Steuergerechtigkeit betont. So wurden in der Statistik auch zehn Fälle vermerkt, in denen insgesamt 474 Millionen Euro an Erbschaftsteuer festgesetzt wurden, von denen jedoch 450 Millionen aufgrund einer solchen „Bedürftigkeit“ erlassen wurden.
Bayern drängte bei der Reform 2016 auf eine günstige Regelung für Unternehmer
Im Rahmen der Abstimmungen zur Reform des damaligen Erbschaftsteuergesetzes drängte die CSU, in Person des damaligen bayerischen Finanzministers Markus Söder, auf eine günstige Lösung für Unternehmer. Die Zustimmung der CSU-Abgeordneten im Bundestag wurde von der Beibehaltung einer möglichst unternehmerfreundlichen Lösung abhängig gemacht. Dahingehend hielten SPD, Grüne und Linke im Bundesrat die Verschonungsregeln für Firmenerben für überzogen sowie teils für verfassungswidrig. Sie verlangten eine grundlegende Überarbeitung der Gesetzespläne. Letztlich hat sich die CSU mit ihrer Vorstellung aber weitgehend durchsetzen können.
Nach einer Auswertung im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung sei das Ausmaß, in dem bereits Minderjährige Erbschaften und Schenkungen erhalten und dabei von den steuerlichen Subventionen profitierten, bedenklich. Zwölf Prozent aller steuerfreien Unternehmensübertragungen entfielen im Auswertungszeitraum von 2009 bis 2020 auf Kinder unter 14 Jahren. In 40 Fällen wurde einem Kind unter 14 Jahren ein Vermögen von mindestens 250 Millionen Euro übertragen. Diese 40 Übertragungen hätten einen Gesamtwert von 33,3 Milliarden Euro und blieben zu 99 Prozent steuerfrei.
Neun Fehler, die Sie bei der Steuererklärung viel Geld kosten
Das Bundesverfassungsgericht hat nun erneut eine Klage über die Erbschaftsteuer zur Verhandlung und Entscheidung angenommen (Az. 1 BvR 804/22). Der Kläger war Erbe und hatte unter anderem ein Wertpapierdepot geerbt, in dem sich auch Aktienvermögen befand. Das Erbschaftsteuerrecht sieht auch bei Aktienvermögen eine mögliche Verschonung vor, allerdings nur, wenn man an einem Unternehmen mehr als 25 Prozent der Anteile hält.
Dieses war bei dem Erben aber nicht der Fall. Durch die hohen Verschonungsmöglichkeiten bei großen Vermögen hält sich der Erbe aber unberechtigt für zu hoch besteuert. Ob die Klage Erfolg haben wird, bleibt abzuwarten. In einer Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer sieht diese jedoch zumindest eine Grundlage, dass sich ein Finanzgericht mit den Argumenten des Klägers befassen müsste.