Schwedische Bestsellerautorin

Pernilla Ericson im Gespräch: „Ich schreibe die Krimis, die ich herbeigesehnt habe“

  • Sven Trautwein
    VonSven Trautwein
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Pernilla Ericson hat mit ihren fesselnden Thrillern die skandinavische Krimiwelt erobert. Sie gibt im Interview Einblicke, wie sie ihre Inspiration findet.

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Wer nach Thrillern sucht, die gleichermaßen fesseln und tief berühren, sollte die Bücher von Pernilla Ericson unbedingt auf seine Leseliste setzen. Mit ihrem Gespür für Spannung und komplexe Charaktere hat die schwedische Autorin ihren festen Platz in der nordischen Krimiszene erobert. Ihre Geschichten gehen jedoch über reine Unterhaltung hinaus: Sie sind eindringliche Momentaufnahmen unserer Gesellschaft, in denen subtile Kritik an sozialen Missständen auf meisterhaft konstruierte Plots trifft, typisch für den Nordic-Noir. Ericsons Romane sind eine perfekte Wahl für Leser, die nicht nur Nervenkitzel, sondern auch literarische Tiefe und Nachdenklichkeit schätzen. Im Interview verrät sie, wie sie auf ihre Ideen kommt und wie es mit ihrer Heldin Lilly Hed weitergeht.

Pernilla Ericson im Interview

Über Lilly Hed und das Schreiben: Die schwedische Bestsellerautorin Pernilla Ericson im Interview.
Liebe Frau Ericson, warum gibt es so viele gute schwedische Krimiautoren? In Deutschland denkt man oft, das läge an den dunklen Wintern. 
Wenn man sich die schwedischen Kriminalromane anschaut, haben sie alle ein interessantes Geheimnis und einen Schwerpunk. Zum anderen beleuchten sie die Gesellschaft genauer. In Schweden gibt es viele Journalisten wie mich, die Kriminalromane schreiben. Die Schweden diskutieren gerne über gesellschaftliche Probleme und nutzen dazu den Krimi. Wie beispielsweise Stieg Larsson, als er die Millennium-Trilogie schrieb, stellte er im Wesentlichen die Frage nach Gleichheit und der Art und Weise, wie Frauen in der Gesellschaft behandelt werden.
Aber es stimmt: Im Winter ist es hier wirklich dunkel und wir machen es uns gemütlich. Wir schreiben und wir lesen, gerne bei Kerzenschein und wir tun unser Bestes, um diese wirklich, wirklich lange und dunkle Jahreszeit aufzuhellen. 
Früher gab es in den Büchern kaum weibliche Hauptdarsteller. Oft waren es ältere, mürrische Männer mit Alkoholproblemen. Schlecht in Beziehungsfragen, gut in Verhören. Ich wollte mehr für das andere Genre tun, da ich mich nicht so richtig mit den Figuren identifizieren konnte. So hab ich mit dem Schreiben von Krimis angefangen, die ich herbeisehnte.

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Was ist das Besondere an Ihrer Hauptfigur Lilly Hed?
Schon in einer anderen Reihe, die leider (noch) nicht auf Deutsch erschienen ist, habe ich eine weibliche Hauptfigur. Lilly Hed ist eine sehr starke und selbstbewusste Frau. Ihre persönlichen Probleme machen ihr zu schaffen. Im ersten Band, “Im Feuer”, lernen wir sie kennen. Sie versucht ihr eigenes Ich wieder aufzubauen und neu von vorne zu beginnen. Ich weiß von vielen Lesern, die sich hier mit ihr identifizieren können.
Als Journalistin habe ich viel über häusliche Gewalt geschrieben und dabei Frauen und Männer interviewt, die viel durchgemacht haben. Somit kenne ich mich in dem Thema sehr gut aus. Parallel begann ich mit dem Schreiben. Als eine gute Freundin mir von ihrer häuslichen Gewalt erzählte, war ich umso motivierter, solche Figur wie Lilly zu schaffen. 
Haben Sie eine Schreibroutine? Wenn ja, wie sieht die aus?
Mit jedem neuen Roman betrete ich einen neuen Raum. So ähnlich wie im Journalismus. Ich liebe es einfach zu schreiben. Ich liebe den Prozess. Wenn ich mir eine Auszeit nehme und Bücher schreibe, fange ich zuerst damit an, dass ich eine Menge Recherche mache. In meinem Haus gibt es eine Wand, die wie bei einem CSI-Ermittler aussieht. Es gibt dort auch eine Zeitleiste mit den wichtigsten Ereignissen der Geschichte. In meinem Kopf kenne ich den Anfang, den Mittelteil und das Ende der Geschichte. Dazwischen ist ganz viel Freiraum für meine Fantasie, die mir wichtig ist.
Zum Schreiben sitze ich meistens nicht am Schreibtisch, sondern umgeben von Kissen in meinem Bett. Dort tauche ich für Stunden in meine Geschichte ein.
Wie geht es mit Lilly Hed weiter?
Ich habe gerade das Manuskript des vierten und letzten Buches, in dem es um das vierte Element Wasser geht, an meinen Verlag geschickt.
Mögen Sie lieber das Schreiben oder das Überarbeiten?
Ich hasse das Überarbeiten. Es gibt viele Autoren, die diesen Prozess lieben. Aber für mich ist es so langweilig. Ich bin dann schlecht drauf und es ist da direkte Gegenstück zum Schreibprozess.
Welche Autoren haben Sie beeinflusst?
Am meisten hat mich Liza Marklund beeinflusst. Sie debütierte mit einem Krimi über eine Journalistin und das hat mich sehr angesprochen. Auch Jo Nesbo war sehr hilfreich und gab mir nach einem Interview wertvolle Tipps fürs Schreiben. Nach dem damaligen Interview mit ihm erzählte er seiner Verlegerin, dass er jemanden getroffen habe, die wirklich schreiben wolle. Das hat mir unglaublich geholfen. Daneben von Christoffer Carlsson, Lina Bengtsdotter. Bei ihr mag ich die Charaktere, die genauso spannend sind, wie die Geschichte selbst.
Gönnen Sie sich nach einem Projekt eine Pause?
Bin ich in einer Reihe, beginne ich direkt damit, für das nächste Buch zu recherchieren. Aber es gibt auch Pausen, in denen ich wirklich das mache, was ich machen möchte. 
Verfolgen Sie Ihre Figuren?
Ja, sehr. Und manchmal träume ich von ihnen. Ich habe kürzlich von Lily geträumt und von der Geschichte, die im vierten Band spielt. Ich bin tatsächlich schwitzend aufgewacht, weil ich dachte, war das jetzt das bessere Ende? Und dann dachte ich: „Nein, nein, das ist nur ein alternatives Ende”.

Elf Krimis aus Dänemark, die Sie vor Spannung verschlingen werden

Cover „Mörderland“ von Kim Faber und Janni Pedersen
Kim Faber, Janni Pedersen „Mörderland“: Eine Explosion erschüttert ein Kohlekraftewerk in Dänemark. Der gezielte Angriff wurde von einer Kampfdrohne ausgeführt, und es soll nicht der letzte bleiben. Der nächste Angriff trifft ein Kraftwerk in Rostock. Eine Gruppe militanter Klimaaktivisten bekennt sich zu den Anschlägen. Am selben Morgen wird in Kopenhagen der Sohn des Klimaministers ermordet aufgefunden. Martin Juncker und Nabiha Khalid ermitteln in dem Fall. Hinweise deuten auf eine Verbindung zwischen den Verbrechen. Als der Autopsiebericht die schwere Kokainabhängigkeit des Ministersohnes nachweist, stößt Signe Kristiansen zu den Ermittlungen. Diese ist inzwischen bei der Abteilung für Organisiertes Verbrechen und beschäftigt sich mit Drogengeschäften im großen Stil. Und genau darin war der Tote verwickelt ... © Blanvalet
Cover „Glutspur“ von Katrine Engberg - Interview auf 24books.de
Katrine Engberg „Glutspur“: Der Selbstmord eines Häftlings auf Freigang, der Tod einer Museumsangestellten und ein dreieinhalb Jahre zurückliegender Mord an einem Journalisten – diese Fälle können keine Gemeinsamkeit haben. Oder doch? Die ehemalige Polizistin Liv Jensen, die sich gerade als Privatdetektivin in Kopenhagen selbstständig gemacht hat, versucht genau das herauszufinden. Unterstützung erhält sie dabei von Hannah Leon, einer Krisenpsychologin, die gerade selbst einen Schicksalsschlag erlitten hat, und Nima Ansari, einem iranischen Automechaniker, der in einem der Fälle unter Mordverdacht gerät. Gemeinsam stoßen sie auf eine dunkle Vergangenheit, die jemand unbedingt geheim halten will. Mit allen Mitteln …  © Piper
Cover von „Mörderischer Sanddorn“
Spannung an der dänischen Nordseeküste vom 24books.de-Redakteur Sven Trautwein: Stine Søgård ermittelt in ihrem ersten Fall: Klimaaktivist Anders Lund wird an einer Windkraftanlage im idyllischen Urlaubsort Hvide Sande tot aufgefunden, mit sechs Messerstichen in der Brust. In den vergangenen Monaten war es zu Auseinandersetzungen zwischen dem Toten und der Bürgerbewegung vor Ort gekommen, die sich gegen den Ausbau der Windkraftanlagen einsetzt. Kam es in diesem Streit zur Eskalation? Polizeidirektor Henrik Vestergaard schickt die junge Kommissarin Stine Søgård nach Hvide Sande, um im Mordfall Lund zu ermitteln. Stine ist hier aufgewachsen und hat seit Jahren keinen Fuß mehr in ihre Heimatstadt gesetzt. Zwischen leuchtenden Sandstränden und frischem Nordseewind muss Stine sich nicht nur den Ermittlungen, sondern auch ihrer eigenen Vergangenheit stellen. © Ullstein
Cover „Nordlicht – Tod in den Fluten“ von Annette Hinrichts
Anette Hinrichs „Nordlicht – Tod in den Fluten“: Dauerregen und Starkwind über der Flensburger Außenförde. Während eines Kundenevents auf einer Segelyacht geht die junge Bankerin Saskia Niekamp bei einem Wendemanöver über Bord. Wenige Tage später wird ihr Leichnam in Sønderby an der dänischen Küste angespült. Was zunächst wie ein tragischer Unfall aussieht, erweist sich als heimtückischer Mord. Vibeke Boisen und Rasmus Nyborg ermitteln in der einflussreichen Welt von Vorstandsetagen und gut betuchten Kunden. Je tiefer sie graben, desto mehr belastende Erkenntnisse bringen sie über die Tote ans Tageslicht. Doch erst als sie auf die Verbindung zu einem alten, ungelösten Fall stoßen, kommen sie den wahren Hintergründen auf die Spur… © Blanvalet
Cover „Im Licht des Bösen“ von Jens Østergaard
Jens Østergaard „Im Licht des Bösen“: Ein Polizist und ein sechsjähriges Mädchen verschwinden nach einem Autounfall spurlos. Thomas Nyland von der Kopenhagener Polizei wird auf den Fall angesetzt. Kurz darauf entdeckt er rätselhafte Videos. Offenbar war das Mädchen mit ihrer Mutter auf der Flucht. Aber vor wem? © Lyx
Cover „Natrium Chlorid“ von Jussi Adler-Olsen
Jussi Adler-Olsen „Natrium Chlorid“: An ihrem 60. Geburtstag begeht eine Frau Selbstmord. Ihr Tod führt zur Wiederaufnahme eines ungeklärten Falls aus dem Jahr 1988, der Marcus Jacobsen mit seinem besten Ermittler Carl Mørck zusammengeführt hat. Carl, Assad, Rose und Gordon ahnen nicht, dass der Fall das Sonderdezernat Q an die Grenzen bringt: Seit drei Jahrzehnten fallen Menschen einem gerissenen Serienmörder zum Opfer, der tötet, ohne dass ihm ein Mord nachgewiesen werden kann. Eine erste Spur führt das Team tief hinein in ein System pervertierter Moral und grenzenloser Menschenverachtung. Und die Ermittler müssen sich beeilen, denn die Zeit läuft ... © dtv
Cover zu „Strafe muss sein“ von Steffen Jacobsen
Steffen Jacobsen „røben - Strafe muss sein“: Der erste Fall für Jakob Nordsted und Tanya Nielsen – Kriminalinspektor Jakob Nordsted wird in der dänischen Hafenstadt Holbæk mit zwei ungewöhnlichen Mordfällen konfrontiert. Beide wurden direkt hintereinander verübt, Vorgehen und Mordwaffen sind völlig unterschiedlich. Er weiß, dass die beiden Fälle zusammenhängen, das sagt dem erfahrenen Militärmann sein Gespür. Ihm zur Seite gestellt wird die junge Tanya Nielsen. Der raue Nordsted ist zunächst gar nicht begeistert von der unerfahrenen Kollegin, normalerweise ermittelt er allein. Doch Tanya ist hart im Nehmen und lässt sich von Nordsted, um den sich zahlreiche Gerüchte ranken, nicht einschüchtern. Außerdem hat sie eine ungewöhnliche Fähigkeit, die sich in den Ermittlungen als besonders hilfreich erweist. Gemeinsam gehen sie der Sache auf den Grund. © Heyne
Cover „Noctis“ von Jens Henrik Jensen
Jens Henrik Jensen „Oxen – Noctis“: Jetzt als Taschenbuch – Alles könnte gut werden: Flashbacks und Albträume quälen Niels Oxen seltener und er denkt darüber nach, was ihm in seinem Leben fehlt: Beziehungen. Und Liebe. Da bittet Ex-PET-Chef Mossmann ihn um Unterstützung. In einer verlassenen Kiesgrube sind die Leichen ermordeter Veteranen gefunden worden. Bedroht das Land ein Sniper? Unachtsam geworden, wird Oxen verschleppt – und dort, wo er erwacht, gibt es nur Dunkelheit … © dtv
Cover „Vergeltung“ von Julie Hastrup
Julie Hastrup „Vergeltung“ – Auftakt der Krimi-Serie um Rebekka Holm: In einer warmen Sommernacht wird die junge Anna ermordet aufgefunden, nicht weit entfernt von ihrem Elternhaus in einer dänischen Kleinstadt. Die Polizei zieht die Sonderermittlerin Rebekka Holm hinzu. Die findet bald heraus, dass das Verbrechen bis in seine Einzelheiten an einen 20 Jahre zurückliegenden Mord an einer jungen Frau erinnert. Hat sich das Verbrechen von damals wiederholt? Hat Erik, Sohn des örtlichen Pfarrers, seine Freundin umgebracht? Doch dann wird ein zweijähriges Mädchen entführt. Ihr Name: Anna … © Piper
Cover „Pilgrim“ von Jens Henrik Jensen
jensen_pilgrim.jpg © dtv
Cover von „Verraten“ von Jussi Adler-Olsen
Jussi Adler-Olsen „Verraten“ – zehnter Band: Am zweiten Weihnachtstag 2020. Carl Mørck sitzt in Handschellen auf dem Rücksitz eines Polizeiautos auf dem Weg zum Vestre Gefängnis. Nach 15 Jahren hat ihn ein alter Fall eingeholt, und Anklagen wegen Drogenschmuggels und Mordes drohen sein Leben und seine Karriere zu zerstören... © dtv
Haben Sie Ratschläge für jemanden, der anfangen möchte, einen Kriminalroman zu schreiben?
Nimm Unterricht, beteilige dich an Schreibkursen. Du bekommst dort so viele tolle Ratschläge und Feedback aus der Gruppe. Fang klein an, zuerst mit Skizzen und Kurzgeschichten, denn es kann schon überwältigend sein, ein ganzes Buch zu schreiben. Suche dir jemanden aus, dem du wirklich vertraust und zeige der Person, was du schreibst, und lass sie an deinem Projekt teilhaben und erhalte Feedback und empfinde Feedback nicht als beängstigend. Sieh es als eine Art zu wachsen. Denn wenn du tatsächlich Autor wirst und wenn du veröffentlicht wirst, wirst du so viel Feedback bekommen.
Liebe Frau Ericson, haben Sie vielen Dank für das Interview.

Pernilla Ericson „In der Erde“ (Lilly Hed Band 3)

Aus dem Schwedischen von Friederike Buchinger

2024 Fischer, ISBN-13 978-3-651-00131-2

Preis: Taschenbuch 17 €, 477 Seiten

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Und wie schreiben die Kollegen? Weitere Krimiautoren verraten hier in Interviews, wie Sie schreiben und auf ihre Ideen kommen.

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