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„Das Tanzen hat mich Disziplin gelehrt“: Dänemarks Krimi-Königin Katrine Engberg im Interview
VonSven Trautwein
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Von den Tanzschuhen zur Krimikönigin. Katrine Engberg ist Dänemark erfolgreichste Krimiautorin. Im Interview verrät sie, wie sie zum Schreiben von „Glutspur“ kam. Aktuell ist „Aschezeichen“ erschienen.
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Bestseller kann Katrine Engberg. Ihre erfolgreiche Krimi-Serie rund um Kørner und Werner debütierte mit „Krokodilwächter“ und wurde nicht nur in Dänemark ein Erfolg. Ihre Bücher wurden in über 20 Sprachen übersetzt. Zu Recht kann sie in die Liste der Nordic-Noir-Autoren aufgenommen werden. Während ihre neue Krimireihe um die Privatdetektivin Liv Jensen mit „Glutspur“ in Deutschland gerade beginnt, stellte die Bestseller-Autorin den zweiten Band kürzlich in Kopenhagen vor. Warum Disziplin wichtig ist, lesen Sie im Interview.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, eine neue Reihe zu starten?
So richtig eine neue Idee war es nicht. Es war eher so, dass die alte Reihe sozusagen ein Ende hatte. Das war nicht geplant. Es hat sich einfach so ergeben. Beim letzten Buch, „Wintersonne“, habe ich es ganz genau gespürt, dass die Charaktere ankamen und keine neue Idee mehr da war. Irgendwie war es dann zu Ende. Es hat natürlich auch wehgetan, da ich mich ja mit diesen Charakteren fünf, sechs, sieben Jahre lang beschäftigt habe und sie sehr lieb gewonnen habe. Aber irgendwann war es vorbei. Eine Tür hat sich geschlossen, wenn man so will. Ich weiß nicht, ob das so ein Zufall war oder ob meine Mutter dann gespürt hat, dass ich Hilfe brauchte, um weiterzukommen. Ende 2020, Anfang 2021, hatte ich schon davon gesprochen, dass ich Lust hätte etwas zu schreiben, das irgendwie näher an mir dran ist. Damals schickte mir meine Mutter einen Polizeibericht. Der war vom 6. Oktober 1943 und stammte aus Schweden. Darin ging es um ein Ehepaar, die Frau hochschwanger, das mitten in der Nacht von Kopenhagen aus über den Øresund mit ihren kleinen Kindern nach Schweden geflohen ist. Ohne viel Geld, ohne Wertsachen. Ohne Papiere. Zwar hatte ich von dem Bericht gehört, aber ihn nie gesehen. Es handelte sich dabei um meine Großeltern. Meine schwangere Oma auf der Flucht, mit meinem Vater im Bauch. So hatte ich das neue Thema „Flucht“. Das war für mich das Zeichen, darüber zu schreiben.
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Lag es nahe, hier eine weibliche Hauptfigur, gerade als Privatdetektivin aufzubauen?
Die Themen „Flucht“ und „Verdrängung“ sind seit langem ein Grundthema für mich. Das Thema kenne ich ein wenig von mir selbst. Mit 18 Jahren bin ich nach München gezogen, um dort eine Tanz-Ausbildung zu machen. Damals dachte ich, ich schaffe es einfach so. Mir fiel alles leicht, die Schule war einfach und ich schaffte es, ohne viel dafür zu arbeiten. Doch der Umzug nach München veränderte vieles. Der Auszug zu Hause, allein in einem neuen Land, einer neuen Stadt ohne Freunde. Ich war sehr einsam. Ich wollte die große Tänzerin werden, aber ganz so klappte es nicht. Nach drei Jahren bin ich dann wieder nach Hause. Ich kam ein wenig gebrochen zurück. Natürlich kann man dies nicht mit einer Flucht während des Krieges vergleichen, aber ein wenig konnte ich nachspüren, wie man sich gefühlt haben kann. Ich hatte immer das Gefühl des Scheiterns und dass meine Träume nicht das werden können, wie ich sie mir ausgemalt hatte. Damit klarzukommen, fiel mir sehr schwer. So hat sich dann schlussendlich eine weibliche Hauptperson entwickelt. Sie müsste jung sein, um mit allen möglichen Themen umzugehen. Ich konnte für die Figur gut in meine Jugend zurückkehren.
Wie finden Sie die Ruhe zum Schreiben für einen Roman? Wie gelingt Ihnen das? Einfach hinsetzen und nach acht Stunden aufstehen und sagen, „Heute habe ich sehr viel geschafft“?
Eher nach drei Stunden. Das Tanzen hat mich Disziplin gelehrt. In Deutschland habe ich wirklich Disziplin gelernt und das nehme ich irgendwie mit. Eine Idee reicht nicht. Die Wörter müssen auch aufs Papier. Das heißt, man muss sich einfach hinsetzen und schreiben. Und es gibt auch Tage, wo ich müde bin oder wo ich mich einfach nicht inspiriert fühle. Ich setze mich aber trotzdem hin. Dann kann ich was anderes machen. Ich lese, überarbeite, schreibe um oder arbeite am Plot. Ich habe mir hier zu Hause ein schönes Schreibzimmer eingerichtet, wo ich gerne sitze und arbeite. Es soll sich auch gut anfühlen und nicht unbedingt wie an einem Küchentisch.
Ich habe gerade mein zweites Buch hier in Dänemark veröffentlicht und in Kopenhagen vorgestellt. Es sind aber mindestens drei Bücher geplant.
Können Sie sich vorstellen, dass das Buch verfilmt wird?
Ja, sehr gut sogar. Die Filmrechte an der Serie wurden bereits an eine recht bekannte Produktionsfirma, Zentropa, verkauft. Momentan arbeiten sie an dem Manuskript für den Serienauftakt. Mal sehen, wie es am Ende wird.
Ist Liv die Hauptfigur? Es gibt ja noch zwei weitere interessante Figuren.
Liv ist die Hauptperson und das bleibt auch bei den nächsten Büchern so. Hannah Leon, die Psychologin und Nima Ansari, der Automechaniker, sind auch weiter mit dabei. Ich hatte mir vorgestellt, dass jeder der Personen in einem Buch jeweils im Mittelpunkt steht.
Wer sollte Ihren Krimi lesen?
Alle, die einen guten Krimi lesen und gut unterhalten werden wollen. Ich schreibe keine schnellen, gewalttriefenden Bücher. Alle, die Wert auf eine tolle Geschichte und tiefe Figuren legen.
Vielen Dank für das Interview.
Katrine Engberg „Glutspur – Die Wurzeln des Schmerzes“
Katrine Engberg, 1975 in Kopenhagen geboren, hatte eine erfolgreiche Karriere im Fernsehen und Theater, sowohl als Tänzerin als auch als Choreografin und Regisseurin, bevor sie mit skandinavischen Thrillern debütierte. Ihre Bücher fanden auch weltweit reißenden Absatz. Katrine Engberg lebt mit ihrer Familie in Kopenhagen.