Wenn alles zu viel wird

Acht Warnzeichen, dass Sie kurz vor einem Eltern-Burnout stehen

  • Sarah Diedenhoven
    VonSarah Diedenhoven
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Wenn einfach alles überfordert: Dieser Zustand totaler Erschöpfung ist für viele Familien Normalität, aber das sollte so nicht sein, sonst droht ein Eltern-Burnout.

Eltern-Burnout ist ein Zustand tiefer Erschöpfung und Überforderung, der viele Familien betrifft. Oft, ohne dass sie es bemerken, denn ein Burnout kommt schleichend. Die steigenden Stresslevel in den Ferien, die Eltern irgendwie überbrücken müssen und der dauernde Perfektionsdruck auf Mütter in den sozialen Medien können schnell zu viel werden. Eltern, Freunde und Partner sollten bereits erste Warnsignale ernst nehmen, um rechtzeitig gegensteuern zu können.

Besonders viele Mütter sind vom sogenannten „Eltern-Burnout“ betroffen. (Symbolbild)

70 Prozent aller Eltern fühlen sich ausgebrannt

Laut einer forsa-Umfrage im Auftrag der KKH Kaufmännische Krankenkasse fühlen sich aktuell 62 Prozent der Eltern mit minderjährigen Kindern häufig oder sehr häufig gestresst. Fast 70 Prozent der Befragten fühlen sich infolge hoher Belastungen erschöpft oder ausgebrannt. Dr. Aileen Könitz betont gegenüber der KKH: „Dauerstress kann unsere Gesundheit stark beeinträchtigen, da er häufig ein anhaltendes Gefühl der Hilflosigkeit, Überforderung oder gar Verzweiflung hinterlässt. Das wiederum kann zu chronischer Erschöpfung, Depressionen und Angststörungen führen oder bestehende psychische Erkrankungen weiter verstärken“.

Mental Load, Stress, Schlafmangel, Einsamkeit: Dinge, die sich Eltern mit Kind anders vorgestellt haben

Mutter liegt mit Baby in der Wiese
Die Elternzeit wird schön, endlich Freizeit, wie Urlaub, abschalten und die Zeit mit dem Baby genießen, viel spazieren gehen, die angefangenen Bücher fertig lesen, neue Kochrezepte ausprobieren. Was sich gerade Mütter während der ersten Schwangerschaft ausmalen, entspricht in vielen Fällen nicht dem, wie es dann wird. Manche Mütter und Väter fühlen sich vom neuen Lebensabschnitt überrollt und trotz aller Vorbereitungen doch nicht genug vorbereitet. (Symbolbild) © Kzenon/Imago
Frau enttäuscht am Telefon
So sehr sich viele Mütter über den positiven Schwangerschaftstest und den Nachwuchs freuen, umso herausfordernder kann dann die Organisation rund um die Geburt werden. Je nachdem, in welcher Stadt sie leben, wird Eltern geraten, sich frühzeitig um einen Platz zur Entbindung in einer Klinik zu bemühen. 24vita.de sprach mit einer Mutter, die bereits in der 6. Woche der Frühschwangerschaft von Kliniken am Telefon abgewiesen wurde, weil sie zum errechneten Entbindungstermin keinen Platz ermöglichen konnten. „Das habe ich wirklich nicht erwartet“, berichtete die Mutter. (Symbolbild) © AntonioGuillem/Imago
Zwei Frauen mit Baby am Wickeltisch.
Ein für viele Mütter besonders frustrierender Umstand ist der Mangel an Hebammen in Deutschland, insbesondere zur Nachsorge. Ein Umstand, den sich so manche Eltern wohl anders vorgestellt haben. Die Hebamme kommt nach der Geburt zu den Müttern nach Hause – anfangs täglich, später wöchentlich – sieht nach dem Baby und ist auch wertvolle Ansprechpartnerin für die Mutter. Eltern brauchen speziell am Anfang Unterstützung und Kraft, um ihre nötige Kompetenz entwickeln zu können. Gerade nach der Geburt fühlen sich viele Mütter körperlich und mental erschöpft. Die Hebamme kontrolliert in der Nachsorge zudem die Rückbildung der Gebärmutter bei der betreffenden Mutter, den Wochenfluss sowie die Wundheilung von Riss- oder Operationswunden bei Dammriss oder -schnitt sowie Kaiserschnitt. Außerdem zeigt die Hebamme ihnen erste Übungen der Rückbildungsgymnastik. (Symbolbild) © Mareen Fischinger/Imago
Mutter sitzt erschöpft vor Babybett
Ein Baby bedeutet das pure Glück – so denken und hoffen es die meisten Eltern. Doch nicht immer stellt sich nach der Geburt das Gefühl von Glück und unendlicher Liebe ein. Bei etwa 710.000 Geburten pro Jahr in Deutschland zeigen über 70.000 Frauen und mit ihnen auch Männer pro Jahr Symptome einer postpartalen Depression. (Symbolbild) © Highwaystarz/LOOP IMAGES/Imago
Vater und Sohn schlafen im Sitzen
„Schlaf immer dann, wenn das Baby schläft.“ Ein gut gemeinter Rat von anderen Eltern, der nach der Geburt eine besondere Bedeutung einnehmen wird. Denn den schwierigen Umstand der veränderten Schlafqualität mit Schlafmangel haben sich viele Eltern definitiv anders vorgestellt. Nicht selten fühlen sich die übermüdeten Mütter und Väter dann über den ganzen Tag schläfrig-benommen, leiden unter Konzentrationsschwierigkeiten, Stimmungsschwankungen und sind stark reizbar. (Symbolbild) © Tanya Yatsenko/Imago
Mutter mit Baby erinnert sich
Zu dem neuen Leben mit Baby kommen auch jede Menge Aufgaben auf Mütter und Vater zu, angefangen vom neuen Tagesablauf, den oftmals kurzen Nächten, über das Stillen des Babys und Fläschchen geben bis hin zu Nachsorge- und Vorsorgeterminen. Gerade Mütter berichten, das Gefühl zu haben, an vieles denken zu müssen und machen dabei häufig die Erfahrung – auch wenn das Kind schon älter ist sowie, wenn Geschwister dazu kommen – Termine, Verabredungen oder Aufgaben zu vergessen. (Symbolbild) © Highwaystarz/LOOP IMAGES/Imago
Frau sortiert Wäsche in Waschmaschine
Mit dem Nachwuchs wird die Arbeit im Haushalt nicht weniger, ganz im Gegenteil. „Ich hätte es nie für möglich gehalten, so viel Wäsche pro Woche zu waschen“, erzählt eine Mutter 24vita.de im Gespräch. Mit dem Baby in der Familie fehlt es dann schlicht und ergreifend häufig an Zeit und vielen Eltern auch an Energie, Aufgaben zu erledigen, selbst wenn Eltern das Kind einbinden oder sich zur Erholung zum schlafenden Baby dazu legen. (Symbolbild) © YAY Images/Imago
Frau in der Dusche
Eine ausgiebige Dusche oder ein schönes, warmes Bad. Was für Menschen ohne Kinder meist selbstverständlich ist, muss von Eltern mit Baby nicht selten zeitlich eingeplant werden. „Ich habe anfangs immer nur ganz schnell duschen können, weil unser Kleiner nicht gerne abgelegt werden wollte und dann viel weinte“, beschreibt eine Mutter im Gespräch mit 24vita.de. Zwar mag es für die einen absurd klingen, doch ist dieser Umstand für so manche Mutter oder manchen Vater nach der Geburt des Babys blanke Realität, die vorher nicht in ihrer Vorstellung vorkam. (Symbolbild) © Ihar Ulashchyk/Imago
Mutter wiegt Baby im Arm
Über neun Monate warten Eltern darauf, ihr Baby in den Armen halten zu können. „Jeden Tag war das für mich ein besonderer Moment, wenn ich unser kleines Baby im Arm hielt, sie wiegte, an ihr roch“, so die Mutter einer jetzt 4-Jährigen. Die meisten Eltern freuen sich auf ihre Elternzeit mit Kind, doch es gibt auch die Mütter und Väter, die sich in dieser ersten Zeit mit Kind dennoch alleine fühlen, da ihnen beispielsweise die Ansprache mit anderen fehlt. (Symbolbild) © Monkey Business 2/Imago
Eltern mit kleinem Baby
Mit der Geburt des Babys werden aus zwei Menschen eine Familie. Wo sich vorher die Frau und der Mann voll auf ihre Partnerschaft konzentrieren konnten, stehen nun in der Regel vorrangig die Bedürfnisse des Nachwuchses im Zentrum der Aufmerksamkeit. Ein Baby verändert zwar eine Partnerschaft, kann sie aber auch bereichern. Mutter und Vater ist eine Rolle im Leben, in die Eltern zunächst hineinwachsen müssen, die auch mit Tücken, Hindernissen und verschiedenen Gefühlen verbunden ist, auch wenn es in der eigenen Vorstellung einfacher schien. (Symbolbild)  © Cavan Images/Imago

Zum Beispiel die Zeit nach der Geburt kann für Eltern daher sehr gefährdend sein. Zwischen dem sogenannten Baby-Blues, postpartaler Depression, die übrigens auch Väter bekommen können, und der schwierigen Umstellung auf das neue Familienleben, sollten Eltern unbedingt auf sich achten und erste Warnzeichen ernst nehmen.

Warnzeichen für Eltern-Burnout

Die folgenden Warnzeichen können darauf hinweisen, dass Eltern gefährdet sind, ein Burnout zu entwickeln, wie das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration Nordrhein-Westfalen erklärt:

  • Tiefe Erschöpfung: Das Gefühl, keine Energie mehr zu haben, um den Alltag zu bewältigen.
  • Innere Leere: Ein emotionales Ausgebranntsein, bei dem man sich leer und ausgezehrt fühlt.
  • Schlaflosigkeit: Schwierigkeiten, ein- oder durchzuschlafen, weil die Gedanken unaufhörlich um Alltagsfragen kreisen oder anhaltende Müdigkeit und ein ständiges Gefühl von Erschöpfung, das trotz ausreichendem Schlaf nicht verschwindet.
  • Selbstzweifel und Schuldgefühle: Quälende Gedanken darüber, nicht genug zu leisten oder als Elternteil zu versagen.
  • Sinkende Leistungsfähigkeit: Ein deutlicher Rückgang der Fähigkeit, Aufgaben effizient zu erledigen.
  • Keine Erholung in Pausen: Selbst kurze Pausen oder Auszeiten bringen keine wirkliche Erholung.
  • Verlust der Freude am Elternsein: Die Freude, Zeit mit den Kindern zu verbringen, schwindet, stattdessen entsteht eine emotionale Distanz.
  • Gereiztheit und Wutanfälle: Die Nerven liegen blank, was zu häufigen Gereiztheits- oder Wutanfällen führen kann, bis hin zu psychischer oder körperlicher Gewalt.

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Eltern-Burnout vorbeugen und Aufgaben gerecht verteilen

Um einem Burnout vorzubeugen, ist es wichtig, die eigenen Bedürfnisse frühzeitig zu erkennen und ihnen genug Raum zu geben. Ein paar Tipps, die helfen können, die Belastbarkeit und Widerstandskraft zu erhöhen:

  • Überprüfen, ob die familiären Aufgaben wie Care-Arbeit und Haushalt gerecht auf alle Beteiligten verteilt sind, oder ein Partner vielleicht durch strategische Inkompetenz versucht, die To-dos abzugeben.
  • Auf das „Dorf“ setzen: Freunde, Paten und Großeltern um Hilfe bitten und konkrete Aufgaben zuweisen, die sich gerade zu viel anfühlen.
  • Schluss mit dem Perfektionismus: Vielen Eltern hilft es sich am Abend einzugestehen, dass nicht jeder Tag rund laufen kann und das auch in Ordnung ist.
  • Eltern-Auszeit vom Familienleben: Mit etwas Quality-Time nur als Paar lässt sich oft wieder neue Kraft tanken und das eigene Selbst nicht aus den Augen verlieren.
  • Lerne abzusagen, wenn dir Kindergeburtstags-Einladungen, Spiele-Verabredungen und Termine zu viel werden. Auch als Mama oder Papa kann man nicht allem gerecht werden.

Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unseren Redakteurinnen und Redakteuren leider nicht beantwortet werden.

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