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Weidel attackiert „antidemokratische“ CDU nach Wahlen – und droht mit „Dexit“
VonNils Thomas Hinsberger
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Die AfD erreicht bei zwei Landtagswahlen über 30 Prozent. Andere Parteien schließen jedoch eine Koalition aus – Weidel macht einen DDR-Vergleich.
Berlin – Alice Weidel, Parteichefin der in Teilen rechtsextremen AfD, hält die Brandmauer der CDU für „zutiefst antidemokratisch“. Das sagte sie in einem Interview mit der italienischen Zeitung La Repubblica. Denn nach dem Wahlergebnis bei den Landtagswahlen in den beiden ostdeutschen Bundesländern Sachsen und Thüringen zeige sich der Drang der Wählerinnen und Wähler nach einer „substanziellen politische Veränderung“, so Weidel.
„Antidemokratisch“ – Weidel wettert nach Wahlen in Sachsen und Thüringen gegen die Brandmauer
In den Bundesländern Sachsen und Thüringen konnte die AfD jeweils mehr als 30 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. In Thüringen wurde die Partei mit ihrem Spitzenkandidaten Björn Höcke sogar stärkste Kraft. Die Thüringer AfD-Fraktion wurde vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem bewertet – mitunter ein Grund, weshalb der zweite Wahlsieger CDU eine Koalition strikt ausschließt.
„Die sogenannte ‚Brandmauer‘, die rote Linie der anderen Parteien gegen die AfD, ist zutiefst antidemokratisch“, so Weidel. Sie zieht sogar einen Vergleich zur SED-Diktatur und sagte gegenüber La Repubblica, es sehe aus, „wie die ‚Nationale Front‘ der ehemaligen DDR“. Diese Organisation vereinte in der DDR zugelassene Parteien und Organisationen unter sich. Damit verfolgte die Nationale Front das Ziel, über eine Gleichschaltung der gesellschaftlichen und politischen Parteien und Organisationen, den Machterhalt der SED innerhalb der Bevölkerung zu sichern.
Während Weidel anderen Parteien DDR-Praktiken vorwirft, scheint die AfD-Fraktion in Thüringen weniger Berührungsängste mit Ideen von vor der Wende zu haben. Auf ihrer Webseite geht die Fraktion auch auf bildungspolitische Themen ein und fordert zur Verbesserung der Schulbildung unter anderem: „Mehr Rückbesinnung auf erfolgreiche Konzepte der Wissensvermittlung in der DDR“.
Deutschland raus aus der EU? Weidel spielt nach Wahlen im Osten auf „Dexit“ an
In dem Interview geht Weidel auch auf einen weiteren Markenkern der AfD ein – der Austritt Deutschlands aus der EU. Schon lange fordern Mitglieder der Partei den sogenannten „Dexit“. So sagte Thüringens AfD-Chef Höcke im Juli 2023 gegenüber Phoenix: „Diese EU muss sterben, damit das wahre Europa leben kann“. Er bezeichnete die Europäische Union als „Globalisierungsinstanz“, die die „vielfältige europäische Kultur gleichschaltet“.
Weidel zeigt sich im Gegensatz zu ihrem Parteikollegen etwas gemäßigter. Während Höcke klar für einen Austritt aus der EU zu stehen scheint, sei das für sie weiterhin „eine Ultima Ratio“. Sie wolle die EU nicht grundsätzlich zerstören, sondern Reformen umsetzen, die andere Mitgliedsstaaten dazu bringen, „dass sie unsere wichtigsten Interessen respektieren müssen“. Nicht Deutschland brauche die EU, sondern umgekehrt. „Die EU sollte entsprechend handeln. Nur unter diesen Voraussetzungen wird ein Austritt Deutschlands aus der EU nicht notwendig sein“, so Weidel gegenüber La Repubblica.
Die AfD-Spitze im Wandel der Zeit: von Bernd Lucke bis Alice Weidel
Wie auch Höcke kritisiert Weidel, dass die EU dem deutschen Steuerzahler massive Kosten bescheren würde. Dieser Vorstellung der AfD, dass die EU einen Wohlstandsverlust für deutsche Bürger mit sich bringe, widerspricht das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) klar. „Innerhalb der ersten fünf Jahre würden der Bundesrepublik so 690 Milliarden Euro Wertschöpfung verloren gehen“, schreibt das IW in einer Pressemitteilung vom 19. Mai 2024 zu einem möglichen Austritt aus der EU.
Zudem ergäben Schätzungen, dass die Pläne der AfD etwa 2,5 Millionen Arbeitsplätze kosten würden. „Weil Deutschland als Exportnation stark vom Handel mit anderen Staaten abhängig ist, insbesondere anderer EU-Mitglieder, bekämen Unternehmen und Verbraucher die Folgen hierzulande deutlich zu spüren“, so das IW weiter. Das Beispiel des Brexits, also dem EU-Austritt Großbritanniens, zeige, dass dies „katastrophale Folgen für die Unternehmen, den Standort Deutschland und die Menschen hierzulande“ haben werde, so IW-Geschäftsführer Hubertus Bardt.
„Doppelzüngigkeit der CDU“ – Weidel wirft Union nach Wahlen in Thüringen und Sachsen Doppelmoral vor
Dass die CDU eine Zusammenarbeit mit dem neu gegründeten Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) nicht kategorisch ausschließe, zeige „Doppelzüngigkeit der CDU mit der AfD“, so Weidel. Denn das BSW habe in Sachen Außenpolitik einige Schnittmengen mit der AfD – gerade was die Haltung zu Russland und der Migrationsfrage angeht.
Kurz nach der Wahl hat die Thüringer CDU bereits grünes Licht für erste Verhandlungen mit dem BSW und der SPD gegeben. Dabei handelt es sich laut dem CDU-Generalsekretär Christian Herrgott jedoch noch nicht um Koalitionsverhandlungen oder Sondierungsgespräche, berichtete die Tagesschau. Eine Zusammenarbeit mit der AfD schloss Herrgott erneut klar aus. „Das gilt, klar: Wir werden nicht mit der AfD zusammenarbeiten. Das haben wir vor der Wahl gesagt und das gilt auch nach der Wahl.“ (nhi)