Putin-Kritiker
Nawalny-Team: Russische Behörden sollen mit Beerdigung in Strafkolonie gedroht haben
VonLaura Mayschließen
Lukas Rogallaschließen
Ludmilla Nawalnaja, Mutter des gestorbenen Kreml-Kritikers Alexej Nawalny, sollte offenbar einer Beerdigung ohne öffentliche Verabschiedung zustimmen.
Update vom 29. Februar, 17.31 Uhr: Die Drohungen des Kreml sind verpufft: Trotz weiterhin ungeklärter Todesursache soll die Beerdigung von Alexej Nawalny jetzt am Freitag (1. März) auf einem Friedhof in Moskau stattfinden. Einen Tag zuvor rief das Team des Kremlkritikers zur regen Teilnahme auf. Doch für die Trauergäste könnte das Kommen gefährlich sein. Es gilt als nicht unwahrscheinlich, dass Sicherheitskräfte hart durchgreifen werden.
Update vom 23. Februar, 18.25 Uhr: Russische Ermittler sollen der Familie des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny damit gedroht haben, seine Leiche in der Strafkolonie zu begraben, in der er gestorben ist. Das berichtet die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf dessen Team. „Vor einer Stunde haben die Ermittler die Mutter von Alexej angerufen und ihr ein Ultimatum gestellt“, schrieb Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch am Freitag im Onlinedienst X (früher Twitter).
Nawalnys Familie habe drei Stunden Zeit, um einer geheimen Beerdigung ohne öffentliche Verabschiedung zuzustimmen, erklärte Jarmysch weiter. Nawalnys Mutter Ljudmila Nawalnaja lehne es ab mit dem Ermittlungsausschuss zu verhandeln. Die Behörde hätte nicht das Recht, „zu entscheiden, wann und wie ihr Sohn beerdigt wird“.
Nawalnaja wirft russischen Behörden Erpressung vor
Erstmeldung vom 22. Februar: Moskau – Die Mutter des im russischen Straflager gestorbenen Kremlgegners Alexej Nawalny hat nach tagelangem Warten Zugang zu seiner Leiche erhalten. Sie habe den Körper ihres Sohnes in der Leichenhalle zu sehen, aber nicht ausgehändigt bekommen, teilte Ljudmila Nawalnaja am Donnerstag (22. Februar) in einem Video mit. Der 47-Jährige war am Freitag vergangener Woche im Straflager gestorben. Seither hatte die Mutter die Leiche in der Region am Polarkreis gesucht. Sie forderte erneut in dem Video, dass ihr der Leichnam ausgehändigt werde, damit sie ihn beerdigen könne.
Nawalnaja warf dem Machtapparat vor, sie zu erpressen und ihren Sohn heimlich beerdigen zu wollen. „Sie stellen Bedingungen, wo, wann und wie ich Alexej beerdigen soll. Das ist gegen das Gesetz“, sagte sie. Die Ermittler hätten gedroht, etwas mit Nawalnys Leiche anzustellen, wenn sie einem heimlichen Begräbnis nicht zustimme. Deshalb habe sie sich an die Öffentlichkeit gewandt, weil die Angehörigen, aber auch die Anhänger die Möglichkeit haben sollten, sich von Nawalny zu verabschieden.
Nawalny tot: Mutter fühlt sich von russischen Behörden erpresst
Nawalnys Mutter sagte auch, dass sie über den Abschluss der medizinischen Untersuchung informiert worden sei, auch über die Todesursache. Sie nannte diese aber nicht. Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch schrieb bei auf der Online-Plattform X (vormals Twitter) kurz nach Veröffentlichung des Videos der Mutter, dass die medizinische Expertise angeblich einen natürlichen Tod festgestellt habe. Dagegen werfen Nawalnys Frau Julia, sein Team und auch Menschenrechtler Kremlchef Wladimir Putin vor, er habe den Oppositionellen, der 2020 nur knapp einen Giftanschlag überlebte, ermorden lassen.
Sie habe 24 Stunden alleine mit Ermittlern und der Kriminalbeamten verbracht, sagte Nawalnys Mutter. Am Mittwochabend sei sie dann in die Leichenhalle in der Stadt Salechard im Norden Russlands gelassen worden. Ljudmila Nawalnaja äußerte sich nicht dazu, in welchem Zustand die Leiche ihres Sohnes war.
Nawalny ist am 16. Februar nach Behördenangaben im Straflager mit dem inoffiziellen Namen „Polarwolf“ in der sibirischen Arktisregion Jamal unter nicht geklärten Umständen ums Leben gekommen. Der durch den Giftanschlag und wiederholte Einzelhaft im Lager geschwächte Politiker soll bei einem Rundgang auf dem eisigen Gefängnishof zusammengebrochen und trotz Wiederbelebungsversuchen gestorben sein. (dpa)
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