Auf dem AfD-Bundesparteitag Ende Juli in Magdeburg: Maximilian Krah stellt sich als Spitzenkandidat für die Europawahl vor.
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Auf dem AfD-Bundesparteitag Ende Juli in Magdeburg: Maximilian Krah stellt sich als Spitzenkandidat für die Europawahl vor.

Analyse

Verfassungsschutz in Sorge: AfD-Abgeordneter hat verdächtige China-Kontakte

  • Marcel Grzanna
    VonMarcel Grzanna
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Der Fall des AfD-Bundesvorstands Maximilian Krah wirft ein Licht auf mögliche chinesische Geheimdiensttätigkeiten in Deutschland. Die mutmaßlich engen Verbindungen eines seiner langjährigen Mitarbeiter zu Organisationen der chinesischen Einheitsfront sind ein weiteres Warnsignal für die deutsche Politik.

Jian G. soll aus dem AfD-Bundesvorstand Maximilian Krah in China eine große Nummer gemacht haben. Krahs chinesischstämmiger Mitarbeiter, der inzwischen deutscher Staatsbürger ist, hatte in den vergangenen Jahren mutmaßlich immer wieder dafür gesorgt, dass der AfD-Politiker in China hofiert wurde und sich ihm prominente Plattformen als Redner boten. Beispielsweise unter der Schirmherrschaft der „Silk Road Think Tank Association“ (SRTA), die im Auftrag der Internationalen Abteilung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas (IDCPC) Kontakte ins Ausland knüpft.

Der Fall, über den das Nachrichtenportal T-Online ausführlich berichtet hatte, scheint die Sorge des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) zu bestätigen. Krah soll dem Bericht zufolge enge Verbindungen nach China pflegen und finanzielle Zuwendungen von dort erhalten haben. Auch soll Krah Anstoß für ein deutsch-chinesisches Lobby-Netzwerk gegeben haben.

Das BfV hatte erst Ende Juli vor eben jener IDCPC gewarnt, weil sie „de facto auch wie ein Nachrichtendienst der Volksrepublik China agiert und somit dem chinesischen Nachrichtendienstapparat zuzurechnen ist“. Das BfV formulierte explizit: „Vermeiden Sie im Austausch mit IDCPC-Angehörigen alle Handlungen, die tatbestandlich im Sinne von Paragraf 99 StGB gewertet werden können.“ Der Paragraf nimmt Tätigkeiten für den Geheimdienst einer fremden Macht ins Visier.

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Krah fällt ins Standard-Narrativ der Anwerbung

Krah studierte einst in China und pflegte nach eigenen Angaben die Kontakte dorthin nach seiner Rückkehr nach Deutschland weiter. „Damit fällt er dem ersten Anschein nach ins Standard-Narrativ der Anwerbung von ausländischen Informanten“, sagt Ralph Weber von der Universität Basel. In seiner Forschung beschäftigt sich der Politikwissenschaftler mit der Einflussnahme Chinas auf die Politik anderer Länder durch die Einheitsfront der Kommunistischen Partei (UFW) oder das Ministerium für Staatssicherheit (MSS).

Die Vorgehensweise von Geheimdiensten ist laut BfV immer ähnlich. „Sie forschen zunächst aus, wer interessante Möglichkeiten beziehungsweise Kenntnisse hat und Ansatzpunkte für den Aufbau einer nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit bietet. Danach sprechen psychologisch geschulte Nachrichtendienstangehörige die Zielpersonen im Rahmen einer zunächst unverfänglichen Kontaktaufnahme an, etwa während einer Ausstellung oder einer Konferenz.“

Nur Bewusstsein für Wirtschaftsspionage

Krah und auch G. weisen Interessenkonflikte zurück. Krah fiel in den vergangenen Jahren allerdings wiederholt damit auf, dass er repressive chinesische Politik in Xinjiang oder Hongkong rechtfertigte oder Taiwan als Teil des chinesischen Staatsgebietes bezeichnete. Sein Mitarbeiter indes war vor seiner Anstellung im Büro des Politikers als Geschäftsmann in Deutschland in diversen Branchen tätig.

Chinesische Spionage ist hierzulande wahrlich nicht Neues. Aber bislang beschränkt sich deren Wahrnehmung eher auf ein Werkzeug für den Raub geistigen Eigentums. 2018 ging beispielsweise der Fall des Kölner Chemie-Unternehmens Lanxess durch die Medien. Dort hatten chinesischstämmige Mitarbeiter über Jahre hinweg Betriebsgeheimnisse nach China weitergegeben. Erst gestern berichtete die Financial Times, dass belgische Sicherheitsdienste die europäische Logistiksparte der chinesischen Online-Handelsplattform Alibaba ins Visier genommen haben.

Festnahme in Großbritannien

Auf dem Frachtflughafen in Lüttich gehen belgische Behörden Hinweisen auf „mögliche Spionage- und/oder Einmischungsaktivitäten“ chinesischer Unternehmen „einschließlich Alibaba“ nach, heißt es. Der Staatssicherheitsdienst (VSSE) ist alarmiert, weil die Gesetzgebung in China chinesische Unternehmen dazu zwingt, ihre Daten mit Behörden und Geheimdiensten zu teilen.

Doch auch die politische Dimension chinesischer Spionage drängt inzwischen verstärkt in den Vordergrund. Erst vor wenigen Wochen hatte die Verhaftung eines vermeintlichen chinesischen Spions aus dem Umfeld des britischen Parlaments für Aufsehen gesorgt.

Bislang gibt es weder eine Anklage, noch kursieren Details über die Zusammenarbeit des britischen Staatsbürgers mit einem Nachrichtendienst der Volksrepublik. Der Fall in Großbritannien aber reiht sich ein in Vorgänge, in denen es um den Verdacht geht, dass chinesische Interessen über rekrutierte Mittelsleute in politische Entscheidungsprozesse eines Ziellandes eingebracht werden.

KP profitiert von falschen Anschuldigungen

„All diese Fälle zeigen, dass Parlamente westlicher Demokratien einen Fokus bilden für chinesische Geheimdienstaktivitäten. Es wäre naiv, zu glauben, dass Peking nicht auch in Deutschland versuchen würde, Spione in und um das Parlament aufzubauen“, sagt Einheitsfront-Experte Weber.

Er mahnt zu großer Aufmerksamkeit. Organisationen der Einheitsfront, die sich weltweit um ein besseres Image der KP bemühen und politischen Dissens ersticken wollen, würden dem Ministerium für Staatssicherheit bisweilen auch als Deckung dienen. Dennoch sei es wichtig, dass westliche Gesellschaften nicht in Hysterie verfielen und überall reflexartig chinesische Spionage witterten. Andernfalls, so Weber, profitiert die Kommunistische Partei von jeder Anschuldigung, die sich als falsch herausstellt.

Rücktritte in Australien und Neuseeland

Schon länger setzen sich Australien und Neuseeland intensiv mit chinesischer Spionage auseinander. Als Teil des politischen Westens sind beide Staaten seit Jahren Ziele von Geheimdienstaktivitäten der Volksrepublik. Der Generalsekretär der Labor-Partei im Bundesstaat New South Wales, Sam Dastyari, trat von seinem Posten zurück, nachdem er einen chinesischstämmigen Großspender seiner Partei vor Ermittlungen durch den australischen Geheimdienst gewarnt hatte.

In Neuseeland musste ein chinesischstämmiges Mitglied des neuseeländischen Repräsentantenhauses zurücktreten, weil der Geheimdienst warnte. Der Parlamentarier Jian Yang war vor seiner Übersiedlung aus der Volksrepublik Mitglied der Kommunistischen Partei und hatte mehr als ein Jahrzehnt für die Volksbefreiungsarmee gearbeitet. Diese Einzelheiten hatte er jahrelang verschwiegen. Unterdessen hatte er intensiv an der neuseeländischen China-Strategie mitgearbeitet.

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