Russische Expansionsgelüste

Putin-Verbündeter droht: Nato wird 2030 „nicht mehr existieren“

  • VonTadhg Nagel
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Ein Vertrauter Putins will die Nato vernichten. Besteht die Gefahr eines Angriffs – auch wenn der russische Präsident dies zuvor ausgeschlossen hatte?

Moskau – Ein führender russischer General hat behauptet, dass sein Land die Nato bis 2030 zerstören wird. Diese Aussage steht in starkem Widerspruch zu denen des russischen Präsidenten Wladimir Putin, der im März jegliche Anschuldigungen dieser Art entschieden zurückgewiesen – und als „Unsinn“ bezeichnet hatte. Hat Moskau seinen Kurs geändert?

Wenn man dem russischen General Apti Alaudinow zuhört, könnte es einem zumindest so vorkommen. Alaudinow ist Befehlshaber der in der Ukraine kämpfenden tschetschenischen Streitkräfte und ein Verbündeter von Präsident Wladimir Putin. Von diesem wurde der General zum Stellvertreter der Hauptdirektion für militärische und politische Arbeit im russischen Verteidigungsministerium ernannt. Unlängst trat Alaudinow beim Sender Russia-1 auf und sprach dort mit der Moderatorin Olga Skabejewa. Ein Auszug seines Auftritts wurde von Anton Geraschtschenko, einem ehemaligen Berater des ukrainischen Innenministers, auf X veröffentlicht.

Der russische General Apti Alaudinow will die Nato bis 2030 zerstören.

Verbündeter Putins droht der Nato – Ein russischer Krieg „für den Rest des Jahrzehnts“?

„Apti Alaudinow, der engste Verbündete [des tschetschenischen Führers Ramsan] Kadyrow, der kürzlich in eine Position im russischen Verteidigungsministerium berufen wurde, erklärte gegenüber der russischen Propagandistin Skabejewa, dass Russland für den Rest des Jahrzehnts einen Krieg führen werde und beabsichtige, die Nato zu zerstören“, schrieb Geraschtschenko dort.

In dem Ausschnitt des Beitrags spuckt Alaudinow große Töne. Er gibt sich überzeugt, dass Russland „bei dieser speziellen Militäroperation und auf allen anderen Schlachtfeldern siegen“ wird – und verwendete damit den vom Kreml verwendeten Begriff für den Ukraine-Krieg, der mit dem Einmarsch Russlands am 24. Februar 2022 begann.

„Auf die Knie fallen und Russland einen Eid schwören“ – möglicher Nachfolger Kadyrows spuckt große Töne

Zwar werde man dafür „bis 2029 und 2030 hart arbeiten müssen“, so Alaudinow weiter, doch er könne versichern, „dass das Ergebnis dieser speziellen Militäroperation sein wird, dass der Nato-Block in seiner heutigen Form nicht mehr existieren“ werde. Die meisten Staaten, „die heute wie Köter hinter Amerika herlaufen“ würden, spätestens dann, „auf die Knie fallen und Russland einen Eid schwören und darum bitten, in unsere Koalition aufgenommen zu werden“.

Nawalny verlängert die Liste der Opfer Putins – ein Überblick

Alexej Nawalny
Alexej Nawalny war über Jahre der markanteste Kopf der russischen Opposition. Schon früh prangerte der Rechtsanwalt das Machtlager von Präsident Wladimir Putin offen als „Partei der Gauner und Diebe“ an.  © Andrei Zhilin/afp
Wahlen 2012 in Russland: Nawalny protestiert gemeinsam mit Schach-Großmeister Garry Kasparow (l.) für faire Wahlen in Russland – am Ende gewann Wladimir Putin.
Wahlen 2012 in Russland: Nawalny protestiert gemeinsam mit Schach-Großmeister Garry Kasparow (l.) für faire Wahlen in Russland – am Ende gewann Wladimir Putin. © Anatoly Maltsev / dpa
Alexej Nawalny
2013 trat er als Bürgermeisterkandidat in Moskau an und erreichte mit 27 Prozent der Stimmen den zweiten Platz. Später organisierte er Massenproteste im ganzen Land, besonders aber in Moskau. 2018 wollte Nawalny selbst Präsident werden, doch die Justiz schob ihm einen Riegel vor. Wiederholt wurde er wegen Betrugs- und Diebstahlsvorwürfen vor Gericht gestellt und verurteilt. © Kirill Kudryavtsev/afp
Nawalny – damals bereits sozusagen der Superstar der Protestbewegung in Russland – mit seiner Ehefrau Julija, vor Gericht. Nach seinen Protesten kam er damals vorerst frei.
Nawalny – damals bereits sozusagen der Superstar der Protestbewegung in Russland – mit seiner Ehefrau Julija, vor Gericht. Nach seinen Protesten kam er damals vorerst frei. © Valentina Svistunova / dpa
Kreml-Kritiker Nawalny 2017 nach einer Farbattacke vor seinem Büro.
Kreml-Kritiker Nawalny 2017 nach einer Farbattacke vor seinem Büro. © Evgeny Feldman / dpa
Nawalny vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im Jahr 2018. Dort war Russland zuvor wegen Festnahmen des Kreml-Kritikers verurteilt worden.
Nawalny vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im Jahr 2018. Dort war Russland zuvor wegen Festnahmen des Kreml-Kritikers verurteilt worden. © Jean-Francois Badias / dpa
Ein großes Portrait von Alexej Nawalny mitten in St. Petersburg. Nach nur wenigen Minuten ließ man es wieder überstreichen.
Ein großes Portrait von Alexej Nawalny mitten in St. Petersburg. Nach nur wenigen Minuten ließ man es wieder überstreichen. © Alexander Demianchuk / Imago
Alexej Nawalny
Im August 2020 brach Nawalny bei einer Reise zusammen und fiel ins Koma. Grund war eine Vergiftung mit dem Nervenkampfstoff Nowitschok, wie Untersuchungen an der Charité in Berlin bewiesen. © Instagram account @navalny/afp
Alexej Nawalny
Im Januar 2021 kehrte Nawalny nach Russland zurück, wo er erneut vor Gericht gestellt und unter anderem wegen angeblichem „Extremismus“ zu 19 Jahren Lagerhaft verurteilt wurde. Im Dezember 2023 folgte die Verlegung in ein Lager hinter dem Polarkreis. Am 16. Februar 2024 starb Nawalny nach Justizangaben in dem Straflager. Er sei nach einem Hofgang zusammengebrochen, teilte die Gefängnisverwaltung mit.  © Vera Savina/afp
Am 16. Februar 2024 kommt überraschend dann die Info aus Russland, Nawalny sei im Strafgefangenenlager gestorben
Am 16. Februar 2024 kommt überraschend dann die Info aus Russland, Nawalny sei im Strafgefangenenlager gestorben. Weltweit wird um den Kreml-Kritiker getrauert. © IMAGO/Vuk Valcic / ZUMA Wire
Jewgeni Prigoschin
Jewgeni Prigoschin war in Russland als skrupelloser Unternehmer mit krimineller Vergangenheit bekannt. Er und Putin kannten sich lange. Als der heutige Präsident noch in der St. Petersburger Stadtverwaltung arbeitete, soll er in Prigoschins Restaurant eingekehrt sein. Deshalb war Prigoschin, der mehrere Jahre wegen Raubs in Haft saß, auch als „Putins Koch“ bekannt. Niemand sonst in Russland traute sich solche Kritik wie Prigoschin © ITAR-TASS/Imago
Jewgeni Prigoschin
Über Monate hinweg legte sich Jewgeni Prigoschin mit der Militärführung in Moskau an. Immer wieder warf der Chef der russischen Privatarmee Wagner dem Verteidigungsministerium und dem Generalstab der Armee vor, Präsident Wladimir Putin zu belügen. Mit einem bewaffneten Aufstand seiner Privatarmee forderte Prigoschin aber auch Putin selbst heraus. © Sergey Pivovarov/Imago
Jewgeni Prigoschin
Nach seinem gescheiterten Aufstand sahen Fachleute den Söldnerchef aber dem Tode geweiht. Kremlchef Putin hatte die Kämpfer um seinen Ex-Vertrauten als Verräter bezeichnet. Tatsächlich starb Prigoschin zwei Monate nach seiner Meuterei gegen die russische Staatsmacht im August 2023 bei einem Flugzeugabsturz in Russland. © Imago
Boris Nemzow
Der Oppositionspolitiker Boris Nemzow galt als einer der schillerndsten und mutigsten Politiker Russlands. Feinde machte er sich vor allem mit seiner Kritik an der Ukraine-Politik von Kremlchef Wladimir Putin. Er wurde zur Galionsfigur der zersplitterten Opposition und galt als Unterstützer der Richtung Westen strebenden Ukraine. © Oxana Onipko/afp
Boris Nemzow
Nemzow wurde im Februar 2015 durch mehrere Schüsse in den Rücken aus einem Auto heraus erschossen. Der Mord wirft noch immer viele Fragen auf. Die EU drängte Russland wiederholt dazu, den Fall weiter aufzuklären. Ein Gericht in Moskau verurteilte 2017 den mutmaßlichen Mörder und vier Komplizen aus dem Nordkaukasus zu langen Haftstrafen. Nemzows Familie beklagte, dass nach den Drahtziehern nie wirklich gesucht worden sei. © afp
Boris Nemzow
In den 1990er Jahren hatte sich Nemzow als liberaler Reformer in Russland einen Namen gemacht. Präsident Boris Jelzin (rechts im Bild) holte ihn einst in die Regierung nach Moskau. Nemzow war zeitweilig auch als Präsidentenanwärter gehandelt worden. „Ich bin liberal, was Wirtschaftsfragen angeht, aber für eine starke Staatsmacht in der Politik“, sagte er einmal. © TASS/afp
Alexander Litwinenko
Der Putin-Kritiker Alexander Litwinenko starb im November 2006 in London nach einem Anschlag mit dem radioaktiven Gift Polonium 210. Einem Untersuchungsbericht zufolge soll ihm das Strahlengift in einem Londoner Hotel in den Tee gemischt worden sein. Unter den Augen der Weltöffentlichkeit siechte Litwinenko tagelang dahin. Vom Krankenhausbett beschuldigte er Putin, hinter dem Anschlag zu stecken. Die britische Justiz sieht es ebenfalls als bewiesen an, dass die Spur in hohe politische Kreise in Moskau führt. Russland weist dies zurück. © Sergei Kaptilkin/dpa
Anna Politkowskaja
Die Journalistin Anna Politkowskaja machte sich als Kritikerin der Kriege in Tschetschenien einen Namen. Die Mitarbeiterin Oppositionszeitung Nowaja Gaseta berichtete über Kriegsverbrechen der russischen Armee und der verbündeten tschetschenischen Gruppen und sprach von einem „schmutzigen Krieg“. Häufig musste sie sich gegen Drohungen wehren. Am 7. Oktober 2006 wurde sie vor ihrer Wohnung in Moskau erschossen. Politkowskajas Familie vermutet ein politisches Motiv für die Tat.  © Imago
Boris Beresowski
Die Serie von mitunter rätselhaften Todesfällen, hinter denen russische staatliche Stellen vermutet werden, ist noch sehr viel länger. Der Oligarch Boris Beresowski (Mitte) fiel nach dem Machtantritt Putins in Ungnade und floh nach Großbritannien. Am 23. März 2013 wurde Beresowski tot im Bad seines Hauses in Ascot gefunden.  © Shaun Curry/afp
Pawel Scheremet
Im Juli 2016 kam der russische Exil-Journalist Pawel Scheremet in Kiew durch eine Autobombe ums Leben. Scheremet engagierte sich während der Maidan-Proteste 2013/2014 in Kiew aufseiten der prowestlichen Kräfte und wurde später Redakteur beim renommierten Internetportal Ukrainskaja Prawda. © Dmytro Larin/afp
Denis Woronenkow
2017 wurde der abtrünnige russische Abgeordnete Denis Woronenkow auf offener Straße in Kiew erschossen. Auch sein Fall wurde nie aufgeklärt. © ITAR-TASS/Imago
Sergej Magnizki
Sergej Magnizki starb 2009 unter ungeklärten Umständen in einem Moskauer Gefängnis. Angeblich wurde der Anwalt, der nach eigenen Angaben einen Steuerbetrug aufgedeckt hatte, zu Tode geprügelt. Medizinische Hilfe wurde im verweigert.  © HO/Hermitage Capital Management/afp
Baburowa/Markelow
Die Journalistin Anastassija Baburowa und der Menschenrechtsanwalt Stanislaw Markelow wurden 2009 auf der Straße in Moskau erschossen. Für die Tat wurden ein Rechtsextremist und eine Komplizin zu langen Haftstrafen verurteilt. Sie hatten ihre Schuld bestritten. © ITAR-TASS/Imago
Natalia Estemirowa
Die Menschenrechtlerin Natalia Estemirowa wurde 2009 in der Konfliktregion Nordkaukasus erschossen aufgefunden. Mit Berichten über das Verschwinden von Zivilpersonen in dem Gebiet hatte sie sich wiederholt den Zorn der Machthaber zugezogen. © Memorial/afp
Sergej Juschenkow
Eines der ersten Todesopfer war Sergej Juschenkow. Der Duma-Abgeordnete wurde im April 2003 in Moskau erschossen. Juschenkow war der Staatsführung ein Dorn im Auge, wenngleich der Politiker über wenig Macht und Einfluss verfügte.  © Roman Mukhamedzanov/Vremya Novos/afp

Alaudinow wurde von der unabhängigen russischen Zeitung Novaya Gazeta als möglicher Nachfolger des tschetschenischen Führers Ramsan Kadyrow genannt. Bei diesem soll vor fünf Jahren eine nekrotisierende Bauchspeicheldrüsenentzündung diagnostiziert worden sein. Die Nachricht von seiner Krankheit habe den Kreml veranlasst, nach einem Nachfolger zu suchen, wie die Zeitung am Montag (22. April) berichtete.

Putin hat einen Angriff als „Unsinn“ abgetan – doch Russland baut seine Streitkräfte auf

Die Aussagen des Generals stehen denen Putins gegenüber, der im März beteuert hatte: „Ihre Aussagen über unsere angebliche Absicht, Europa nach der Ukraine anzugreifen, sind blanker Unsinn“. Gleichzeitig hatte er damals darauf hingewiesen, dass der Verteidigungshaushalt Washingtons mehr als zehnmal so hoch ist wie der Moskaus. „Werden wir angesichts dessen einen Krieg gegen die Nato führen? Das ist Unsinn“, so Putin damals.

Laut dem Generalleutnant der Bundeswehr, Carsten Breuer, ist dennoch Vorsicht geboten. Ihm zufolge könnte Russland in fünf bis acht Jahren militärisch in der Lage sein, Nato-Länder anzugreifen, wenn es sich dazu entschließt. Das sagte Breuer am 18. April bei einem Besuch in Polen vor der Presse. „Nach unserer Analyse wird Russland bis dahin seine eigenen Streitkräfte so weit wiederaufgebaut haben, dass ein Angriff auf Nato-Boden möglich ist“, so der Generalleutnant. Das bedeute nicht zwingen, dass ein Angriff „stattfinden wird, aber dass er möglich sein könnte“. (tpn)

Rubriklistenbild: © IMAGO/Sergey Guneev