Tusk greift durch

Illegale Migration: Polen will Asylrecht aussetzen

  • Jens Kiffmeier
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Ansage an die EU: Ministerpräsident Donald Tusk will in Polen das Recht auf Asyl zeitweise aussetzen. Er reagiert damit auf die steigende Migration aus Belarus.

Warschau – Die Nachricht dürfte noch für Aufregung in der Europäischen Union (EU) sorgen: In einem überraschenden Schritt hat Polens Regierungschef Donald Tusk angekündigt, das Recht auf Asyl vorübergehend auszusetzen. Damit soll seinen Angaben zufolge die illegale Migration bekämpft werden. Diese Maßnahme ist Teil einer neuen Migrationsstrategie, die Tusk dem Kabinett vorstellen will. Auf einem Parteitag der Bürgerkoalition (KO) betonte er die Notwendigkeit, die Kontrolle darüber zurückzugewinnen, wer in das Land einreist. „Wir werden die illegale Migration nach Polen auf ein Minimum reduzieren“, versprach Tusk laut der Nachrichtenagentur dpa.

Illegale Migration: Polen will Recht auf Asyl aussetzen

Tusk kritisierte Russland und Belarus scharf und warf ihnen vor, mit Migranten Druck auf Polen auszuüben. Er erklärte, dies stehe „im Widerspruch zum Wesen des Rechts auf Asyl“. Die Entscheidung, das Asylrecht auszusetzen, sei notwendig, um die nationale Sicherheit zu gewährleisten. „Ich werde die Anerkennung dieser Entscheidung in Europa einfordern“, kündigte Tusk an, ohne jedoch konkrete Details zu nennen.

Aussetzung vom Asylrecht: Polen will Schleuserbanden von Putin das Handwerk legen

In den vergangenen Monaten hatte es immer wieder Vermutungen gegeben, dass Kreml-Herrscher Wladimir Putin gezielt Migrantinnen und Migranten über Belarus nach Polen einschleusen lassen will. Damit werde versucht, weiter Druck auf die polnische Regierung aufzubauen und am Ende die Europäische Union (EU) zu destabilisieren. In einem ersten Schritt hatte Polen deswegen angekündigt, notfalls auch auf Schusswaffengebrauch zu setzen.

Will das Recht auf Asyl in Polen aussetzen: Ministerpräsident Donald Tusk.

Die neue Migrationsstrategie soll dem Kabinett am Dienstag vorgestellt werden. Tusk drohte, keine europäischen Ideen zu respektieren, die die Sicherheit Polens gefährden könnten. Diese Haltung könnte Spannungen mit der EU hervorrufen, insbesondere im Hinblick auf den EU-Migrationspakt, der eine gemeinsame europäische Lösung für die Migrationsproblematik vorsieht.

Asyl: Visaregeln stehen ebenfalls auf dem Prüfstand

Parallel dazu hat der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski angekündigt, die Bestimmungen für die Vergabe von Visa zu verschärfen. Künftig werde es keine undurchsichtigen Wege für die beschleunigte Erteilung eines Visums mehr geben. Diese Maßnahmen sind eine Reaktion auf die korrupten Praktiken bei der Visavergabe unter der vorherigen nationalkonservativen PiS-Regierung.

Die nationalkonservative PiS-Regierung, die Polen von 2015 bis 2023 regierte, hatte mit Vorwürfen der Korruption bei der Visavergabe zu kämpfen. Diese Vorfälle haben das Vertrauen in die polnische Migrationspolitik erschüttert. Unter der Führung von Tusk versucht Polen nun, dieses Vertrauen wiederherzustellen und gleichzeitig die Kontrolle über die Migration zu verstärken.

Migrationspaket in Polen setzt EU im Asylstreit unter Druck

Die Entscheidung, das Asylrecht auszusetzen, könnte weitreichende Implikationen für die EU haben, da Polen als EU- und NATO-Mitglied eine Schlüsselrolle in der europäischen Sicherheitsarchitektur spielt. Die kommenden Wochen werden zeigen, wie die EU auf diese drastischen Maßnahmen reagieren wird und ob es zu einer Neuausrichtung der gemeinsamen Migrationspolitik kommt.

Rubriklistenbild: © Pawel Supernak/dpa

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