„China liefert Fentanyl“

Trumps Zoll-Drohung: Diese Rolle spielt China in der Fentanyl-Krise in den USA

  • Sven Hauberg
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Donald Trump will Importe aus China mit Strafzöllen belegen – weil das Land die Droge Fentanyl in die USA liefere. Stimmt der Vorwurf?

Der neue US-Präsident Donald Trump hat China mit der Einführung von Strafzöllen in Höhe von zehn Prozent gedroht – und diesen Schritt mit der Rolle begründet, die Peking in der Fentanyl-Epidemie in den USA spiele. „Wir sprechen über einen Zoll von zehn Prozent auf China, weil das Land Fentanyl nach Mexiko und Kanada liefert“ und das synthetisch hergestellte Opioid von dort in die USA gelange, sagte Trump am Dienstag in seiner ersten Pressekonferenz nach seinem Amtsantritt.

Auf die Frage, wann die Zölle in Kraft treten könnten, erklärte der Republikaner: „Wahrscheinlich ist der 1. Februar das Datum, das wir im Auge haben.“ Peter Navarro, Trumps Berater in Handelsfragen, sagte am Dienstag im US-Sender CNBC, der Grund, warum Trump Zölle in Betracht ziehe, sei „dass jeden Tag 300 Amerikaner an einer Überdosis Fentanyl sterben“.

China spielt in der Tat seit Jahren eine Schlüsselrolle in der Fentanyl-Krise in den USA. Ab etwa 2014 kamen große Mengen der Droge aus der Volksrepublik in die USA, zunächst oftmals direkt per Post. Ab 2019 allerdings verschärfte die Regierung in Peking nach Druck aus den USA die Kontrolle über die Droge; Produktion, Verkauf und Export von Fentanyl wurden seitdem streng überwacht, dafür änderte China sogar seine Gesetze. Ganz verboten wurde die Droge allerdings nicht, da Fentanyl auch ein wichtiges Schmerzmittel ist, etwa für Krebspatienten.

Wegen Fentanyl: Trump droht China, Mexiko und Kanada mit Zöllen

Zudem fanden chinesische Produzenten andere Wege, um Fentanyl in die USA zu schmuggeln: Nach dem Ausfuhrstopp der Regierung in Peking seien „die chinesischen Schmugglernetze dazu übergegangen, nicht mehr das Endprodukt, also das fertige Fentanyl, zu liefern, sondern das, was als Vorläuferchemikalien bekannt ist“, erklärt die Expertin Vanda Felbab-Brown in einem Beitrag für die US-Denkfabrik Brookings Institution. China sei noch heute der wichtigste Lieferant dieser Chemikalien. Das Fentanyl selbst werde meist in Mexiko produziert, so Felbab-Brown. Laut Trump spielt auch Kanada eine wichtige Rolle bei dem Schmuggel – beide Länder will er nun ebenfalls mit zusätzlichen Zöllen belegen.

Die Fentanyl-Chemikalien von China nach Mexiko zu schmuggeln, sei nicht schwierig, sagt Felbab-Brown. „Zur Herstellung von synthetischen Opioiden benötigt man nur sehr geringe Mengen“, die Chemikalien seien zudem nicht teuer. „Viele dieser Händlernetzwerke sind also relativ klein oder Familienbetriebe.“

Fentanyl-Konsument in Portland, Oregon: Jedes Jahr sterben in den USA Zehntausende an einer Überdosis der Droge.

Nachdem China 2019 die Kontrolle über Fentanyl ausgeweitet hatte, erhoffte sich die Regierung in Peking im Gegenzug ein Entgegenkommen der USA. Doch statt die Strafzölle auf China-Importe aufzuheben, die er eingeführt hatte, um Peking für angebliche unfaire Handelspraktiken zu bestrafen, eskalierte Donald Trump den Handelskrieg mit der Volksrepublik immer weiter.

Machen Trumps Zoll-Drohungen die Fortschritte zunichte?

Auch sein Nachfolger Joe Biden ließ die Zölle in Kraft, sehr zum Ärger Pekings, das die Zusammenarbeit mit den USA in Drogenfragen immer weiter zurückfuhr – und sie nach dem Taiwan-Besuch der damaligen Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, ganz beendet. Entspannung brachte erst ein Treffen zwischen Biden und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping Ende 2023, wenig später wurde die Zusammenarbeit wieder aufgenommen.

Trumps Zoll-Drohungen könnten das nun zunichtemachen. „China ist bereit, seine Zusammenarbeit mit den USA bei der Drogenbekämpfung auf der Grundlage von Gleichheit, gegenseitigem Nutzen und gegenseitigem Respekt fortzusetzen“, hieß es im vergangenen November aus dem Außenministerium in Peking – schon damals hatte Trump Zölle auf China-Importe ins Spiel gebracht. Was dann folgte, konnte man durchaus als Drohung verstehen: „Die USA sollten das Wohlwollen der chinesischen Seite schätzen und die hart erkämpfte gute Situation der Anti-Drogen-Kooperation zwischen China und den USA aufrechterhalten.“

Es wäre ein fataler Schritt: Jedes Jahr sterben in den USA Zehntausende Menschen an einer Fentanyl-Überdosis, fünf Millionen Amerikaner gelten als abhängig.

Rubriklistenbild: © Patrick T. Fallon/AFP