Spott für Selenskyj und Forderung von Neuwahlen
Trump gibt Selenskyj Schuld für Andauern des Ukraine-Kriegs: „Ihr seid seit drei Jahren dabei“
VonKathrin Reikowskischließen
Donald Trump teilt gegen die ukrainische Führung aus und holt Russland aus der Isolation. Der radikale Kurswechsel zum Ukraine-Krieg ist eingeleitet.
Palm Beach/Washington (dpa) - „Es gibt in der Ukraine eine Führung, die einen Krieg zugelassen hat, den es nie hätte geben dürfen“, sagte Trump bei einem Auftritt am Mittwoch in seinem gold vertäfelten Anwesen Mar-a-Lago im Bundesstaat Florida. Damit unterstützt Trump den russischen Präsidenten Wladimir Putins und versetzt Wolodymyr Selenskyj einen weiteren Schlag, wie es CNN ausdrückt. Trump gab Selenskyj am Mittwoch (Ortszeit) die Schuld, dass der Angriff Russlands auf sein Land seit drei Jahren andauert. Er möge Selenskyj zwar persönlich, aber es gehe nicht um Sympathien, sondern darum, „dass der Job erledigt wird“.
Spott gab es von Trump auch für die Kritik aus der Ukraine, dass Vertreter ihres Landes nicht bei einem Treffen zwischen Unterhändlern der USA und Russlands in Saudi-Arabien am Tisch sitzen. „Ich habe heute gehört: Oh, wir waren nicht eingeladen“, sagte Trump. Und: „Nun, ihr seid seit drei Jahren dabei.“ Der Krieg hätte längst enden sollen, die Ukrainer seien quasi selbst schuld: „Ihr hättet es nie anfangen sollen. Ihr hättet einen Deal machen können.“ Trump hatte angekündigt, sich demnächst mit Putin persönlich treffen zu wollen.
Trump spricht von Deal, den er für die Ukraine hätte aushandeln können
Bei seinem bizarren Auftritt fielen außerdem weitere Behauptungen, für die er weder Belege noch Details nannte. Demnach sagte er, er hätte einen Deal für die Ukraine aushandeln können. Mit diesem Deal hätte die Ukraine „fast das ganze Land“ bekommen, „und es wären keine Menschen getötet worden, und keine Stadt wäre zerstört worden“.
Internationalen Friedensexperten zufolge gab es in den ersten Monaten des Krieges tatsächlich Chancen auf einen „Deal“ zwischen Russland und der Ukraine, der zwar seitens Russland eine weitgehende Demilitarisierung für die Ukraine vorgesehen hätte, sowie neue Landesgrenzen und Russisch als zweite Amtssprache, worauf die Ukraine vielleicht eingegangen wäre. Verhandlungen für einen Frieden waren aber daran gescheitert, dass parallel aufgedeckt wurde, welche Greueltaten die russische Armee an der ukrainischen Zivilbevölkerung in besetzten Gebieten angerichtet hatte.
Wie Russland fordert Trump Neuwahlen für die Ukraine
Außerdem kritisierte Trump, Selenskyj habe niedrige Zustimmungswerte und wiederholte eine Forderung des mit der Ukraine verfeindeten Russlands: In der Ukraine müssten Neuwahlen stattfinden. Das Land sei in weiten Teilen zerstört, die Menschen seien den Krieg satt. Laut Kyiv Independent sagte Trump, Selenskyj habe nur noch Zustimmungswerte von vier Prozent in der Bevölkerung. In einer Umfrage im Dezember hätten dagegen 52 Prozent der Ukrainer dem aktuellen Präsidenten ihr Vertrauen ausgesprochen.
Es gibt laut dpa auch weiter eine Mehrheit gegen Gebietsabtretungen und andere Zugeständnisse gegenüber Russland. Allerdings steige der Anteil derjenigen beständig, die sich ein Ende des Krieges über Verhandlungen und Kompromisse wünschen. Die Überlegungen zu Neuwahlen haben in der Ukraine allerdings einen großen Haken: Könnte Russland die Wahlen im Nachbarland manipulieren und dafür sorgen, dass in Kiew eine dem Kreml ergebene Marionetten-Regierung übernehmen würde?
Russland: „Kreml und das Weiße Haus haben eine gemeinsame Sprache gefunden“
Während Trump also für die anstehenden Verhandlungen über ein Ende des Ukraine-Kriegs die Legitimität Selenskyjs in Zweifel zieht, betont Kiew, dass die Vollmachten des Präsidenten durch das geltende Kriegsrecht weiter in Kraft seien. Bevor sich Trump nach eigenen Angaben möglicherweise „noch in diesem Monat“ mit Putin persönlich treffen will, übernimmt der US-Präsident Putins Argumentation und überzieht die Ukraine mit Spott.
Gespräche zwischen Russland und den USA waren am Dienstag zu Ende gegangen. Teilgenommen hatten unter anderem der russische Außenminister Sergej Lawrow und der US-Außenminister Marco Rubio. Die russische Zeitung Nesawissimaja kommentierte das Treffen mit den Worten: „Der Kreml und das Weiße Haus haben eine gemeinsame Sprache gefunden.“ (dpa/kat)
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