Tochter fordert „schwere Strafe“

Deutsch-Iraner hingerichtet: Auswärtiges Amt bestellt Leiter der iranischen Botschaft ein

  • Babett Gumbrecht
    VonBabett Gumbrecht
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  • Nail Akkoyun
    Nail Akkoyun
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Trotz diplomatischer Mühen hat Teheran einen Deutsch-Iraner hinrichten lassen. Das Todesurteil löst Entsetzen und Ärger aus. Die Angehörigen fordern Konsequenzen.

Update vom 29. Oktober, 14.17 Uhr: Der Iran hat die Hinrichtung von Djamshid Sharmahd verteidigt. Der Deutsch-Iraner sei für einen Terroranschlag verantwortlich gewesen, bei dem 14 Menschen gestorben seien, wie Außenminister Abbas auf X schrieb. „Ein deutscher Pass bietet niemandem Straffreiheit, geschweige denn einem terroristischen Verbrecher“, so Abbas.

Vor der iranischen Botschaft in Berlin protestieren Menschen nach der Hinrichtung des Deutsch-Iraners Djamshid Sharmahd.

Deutsch-Iraner hingerichtet: Auswärtiges Amt beruft Geschäftsträger der iranischen Botschaft ein

Update vom 29. Oktober, 10.40 Uhr: Das Auswärtige Amt hat nach dem Tod von Djamshid Sharmahd den iranischen Geschäftsträger ins Auswärtige Amt einbestellt. „Wir haben unseren scharfen Protest gegen das Vorgehen des iranischen Regimes übermittelt & behalten uns weitere Maßnahmen vor“, schreibt das Ministerium. Zudem habe der deutsche Botschafter im Iran „beim iranischen Außenminister demarchiert & auf das Schärfste gegen die Ermordung Jamshid Sharmahds protestiert“. Außenministerin Annalena Baerbock habe diesen im Anschluss zu Konsultationen nach Berlin zurückgerufen.

Update vom 29. Oktober, 10.25 Uhr: Auch die Angehörigen des im Iran hingerichteten Djamshid Sharmahd fordern Konsequenzen. So hat die Tochter Beweise für den Tod ihres Vaters und eine „schwere Strafe“ für den Iran gefordert. In einem Beitrag auf dem Kurznachrichtendienst X erklärte Gazelle Sharmahd, sie warte darauf, die US- und die Bundesregierung zu sprechen und zu prüfen, ob diese Beweise für die Hinrichtung ihres Vaters haben. Sie forderte die „sofortige Rückkehr meines Vaters (tot oder lebendig)“ und eine „schwere Strafe für die Mörder des islamischen Regimes“.

Dabei erhob sie schwere Vorwürfe gegen die Regierungen in Deutschland und den USA. „Was haben sie (#US & #German) die letzten vier Jahre getan, als ihr deutsch-amerikanischer Staatsbürger in Dubai gekidnappt und mit Gewalt in den Iran gebracht wurde?“, schrieb sie in dem Beitrag. „Was haben sie vorzuweisen, außer dass sie dich bei jeder #Geiselverhandlung im Stich lassen?“

Update vom 29. Oktober, 6.30 Uhr: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) haben die Hinrichtung des deutsch-iranischen Doppelstaatsbürgers Djamshid Sharmahd im Iran scharf verurteilt. Scholz nannte die Tötung beim Onlinedienst X einen „Skandal“, die Bundesregierung habe sich immer wieder intensiv für die Freilassung Sharmahds eingesetzt.

Baerbock teilte mit, die Tötung Sharmahds „zeigt erneut, was für ein menschenverachtendes Regime in Teheran herrscht“. Teheran sei immer wieder unmissverständlich klargemacht worden, „dass die Hinrichtung eines deutschen Staatsangehörigen schwerwiegende Folgen haben wird“. 

Iranische Justiz: Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd hingerichtet

Erstmeldung: Der deutsch-iranische Doppelstaatsbürger Djamshid Sharmahd ist hingerichtet worden. Das offizielle iranische Justizportal Misan verkündete die Vollstreckung im Februar 2023 wegen Terrorvorwürfen verhängten Todesurteils. Die Exekution sei demnach am Montagmorgen (28. Oktober) erfolgt. Deutschland hatte die Aufhebung des Urteils gefordert.

Der Deutsch-Iraner Djamshid Sharmahd wurde wohl in Teheran hingerichtet. Seine Tochter fordert nun Konsequenzen.

Hinrichtung von Deutsch-Iraner: Tochter kämpfte für Freilassung ihres Vaters

Todesstrafen werden im Iran normalerweise durch Erhängen vollstreckt. Das Urteil gegen Sharmahd war im April 2023 durch den Obersten Gerichtshof bestätigt worden. Bis zuletzt kämpften Menschenrechtler – und vor allem Sharmahds in den USA wohnhafte Tochter Gazelle – für dessen Rettung. 

Eine UN-Arbeitsgruppe gegen willkürliche Inhaftierungen, das Bundesamt für Verfassungsschutz und zahlreiche NGOs wie Amnesty International glauben, dass das Islamische Regime ihn wie zahlreiche andere Oppositionelle entführt, gefoltert und ein Geständnis erzwungen hat. Der iranische Geheimdienst hatte die Entführung bestätigt.

Die Bundesregierung hatte das Urteil scharf kritisiert und Sharmahds Freilassung gefordert. Die Vollstreckung des Todesurteils dürfte in den diplomatischen Beziehungen zwischen Teheran und Berlin zu neuen Spannungen führen. Obwohl der Iran die Todesstrafe rigoros vollstreckt, sind Hinrichtungen westlicher Ausländer äußerst selten. 

Iran verurteilte Sharmahd 2023 wegen „Korruption auf Erden“

Ein Revolutionsgericht hatte den 69-Jährigen im Februar 2023 unter anderem für einen Terroranschlag verantwortlich gemacht und ihm die Zusammenarbeit mit ausländischen Geheimdiensten zur Last gelegt. Überprüfen lassen sich die Vorwürfe nicht. Gemäß islamischer Rechtsauffassung wurde Sharmahd wegen „Korruption auf Erden“ verurteilt. 

Sharmahd wurde im Sommer 2020 Berichten zufolge vom iranischen Geheimdienst in Dubai entführt und in den Iran gebracht. Seitdem war er in Teheran inhaftiert. Zuvor lebte Sharmahd jahrelang in den USA. Seine Familie und Menschenrechtsgruppen wiesen die Vorwürfe gegen ihn zurück.

Nach der Protestwelle im Iran im Herbst 2022 und dem gewaltsamen staatlichen Vorgehen gegen die Demonstrationen haben sich die Beziehungen zwischen dem Iran und Europa verschlechtert. Auch für ihre Nahost-Politik und die militärische Unterstützung Russlands steht Irans Regierung in der Kritik. (nak/dpa)

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