Terrorattacken
Hamas-Angriff auf Israel: Spielten Russland und der Iran eine Rolle?
- VonTadhg Nagelschließen
Der Überfall auf Israel durch die Hamas hat die Welt erschüttert. Hinweise deuten auf Hilfe von außen hin - war auch Russland beteiligt?
Jerusalem – Der erfolgreiche Überraschungsangriff, den die Hamas am Wochenende vom Gazastreifen aus auf den Süden Israels verübte, hat den Nahen Osten erschüttert. Durch den Krieg in Israel wurden die jahrelangen Spannungen zwischen der militanten islamistischen Gruppe und dem israelischen Staat erneut angeheizt.
Die Hamas rechtfertigte die „Operation Al-Aqsa-Flut“ als Reaktion auf Israels jüngste Polizeiaktionen auf dem Gelände der Al-Aqsa-Moschee in Jerusalem und auf die Gewalt israelischer Siedler. Diese halten Teile des palästinensischen Westjordanlands besetzt. In Israel überwiegt - neben Entsetzen und Trauer - die Frage, wie der Angriff überhaupt so erfolgreich sein konnte. Schließlich galten die israelischen Geheimdienste als die besten der Welt.
„Sicherlich eine lange Beziehung“ zwischen dem Iran und der Hamas - gab es Einmischung von außen?
Eine Antwort auf diese Frage könnte eine mögliche Unterstützung der Hamas aus dem Ausland sein. Bereits seit längerem wird diese vom Iran finanziert, bewaffnet und ausgebildet. Teheran unterstützt in seiner strategischen Konfrontation mit Israel und seinen westlichen Unterstützern zahlreiche militante islamistische Organisationen. Erste Berichte sowie eine Erklärung der Hamas lassen vermuten, dass der Iran an dem vermutlich über mehrere Wochen vorbereiteten Angriff beteiligt war.
US-Außenminister Antony Blinken sagte am Sonntag (8. Oktober), er habe „noch keine Beweise dafür gesehen, dass der Iran diesen speziellen Angriff gelenkt hat oder dahinter steckt, aber es gibt sicherlich eine lange Beziehung“. Die iranische Vertretung bei den Vereinten Nationen hat hingegen jegliche Beteiligung bestritten. Zudem scheint der Überfall das geplante Normalisierungsabkommen zwischen Israel und Saudi-Arabien vereitelt oder zumindest verzögert zu haben. Dieses galt für Teheran als wichtiges strategisches Ziel.
Spekulationen über eine russische Beteiligung an Hamas-Angriff - Hilfe von Wagner-Söldnern?
In den sozialen Medien wurde auch über eine russische Beteiligung an der Hamas-Operation spekuliert, wie das US-Portal Newsweek berichtet. Beweise für die angebliche Rolle Moskaus gebe es jedoch nicht. Einige pro-ukrainische Konten hätten auf X (früher Twitter) ohne Beweise behauptet, dass Söldner von der Wagner-Gruppe die Hamas-Einheiten ausgebildet haben könnten. Wagner habe jedoch, so die Zeitung, keine bekannte Präsenz in den palästinensischen Gebieten.
Der US-amerikanische Thinktank Institute for the Study of War (ISW) äußerte die Vermutung, dass Russland von der Verlagerung der internationalen Aufmerksamkeit profitieren könne. Schließlich lenke die sich verschlechternde Lage in Israel und den palästinensischen Gebieten von seinen Gräueltaten in der Ukraine ab. Oleg Ignatov, leitender Russland-Analyst der Denkfabrik Crisis Group aus Brüssel, wies dies entschieden zurück. Gegenüber Newsweek äußerte er, es sei schwer vorstellbar, dass Russland an der Planung des Anschlags beteiligt gewesen sei. „Natürlich leben wir in einer Welt, in der wir nichts ausschließen können. Aber ich habe keine Beweise gesehen“, so Ignatov.
Russland pflegt seit längerem Beziehungen zum Iran - Was ist Moskaus Rolle im Nahost-Konflikt?
Zwar pflege Russland seit langem eine enge Zusammenarbeit mit dem Iran und seinem Netzwerk militanter Partnerorganisationen. Solche diplomatischen Kanäle sollten allerdings nicht mit direkter Unterstützung verwechselt werden, so Ignatov. Das Land pflege zwar sehr gute Verbindungen zur Hamas, was jeder wisse. Es sei jedoch eher im Interesse der russischen Nahost-Politik, mit allen kommunizieren zu können. Daher sei Moskau eher an einer Beteiligung an Friedensgesprächen als an einer Beeinflussung der Kämpfe interessiert. Das bedeutet natürlich, dass „es nicht daran interessiert wäre, eine der beiden Seiten zu unterstützen“.
Auf Telegram waren die User teils anderer Meinung. Die Situation in Israel sei „für Russland von Vorteil, weil die globalistische Kröte von der Ukraine abgelenkt“ werde, habe der russische Journalist Sergey Mardan gepostet. Der Iran sei der wahre militärische Verbündete Russlands, Israel hingegen werde von den USA unterstützt. Sich für eine Seite zu entscheiden, sei also leicht. Auch Margarita Simonyan, die Leiterin von RT, bließ in den sozialen Medien in dasselbe Horn: „Das Land, das sich nicht im Krieg mit seinen Nachbarn befindet, befindet sich wieder im Krieg mit seinen Nachbarn. Wir erwarten den Exodus der russischen Pazifisten. Wir werden aber auch nicht den Atem anhalten“, so die Propagandistin.
Ein solches Anfeuern von Rednern in den staatlichen Medien sei jedoch nicht dasselbe wie Außenpolitik, stellte Oleg Ignatov gegenüber Newsweek klar. Es handle sich nicht um Politik, sondern um Wunschdenken: „Sie glauben, dass die Welt so funktioniert. Wenn es in Israel einen Krieg gibt, bedeutet das, dass die Vereinigten Staaten Granaten und Munition eher nach Israel als in die Ukraine schicken werden. Und, dass das bedeutet, dass Russland einen Vorteil haben wird“. (tpn)
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