Karl Lauterbach bei einem Krankenhausbesuch im September 2022.
+
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will die Krankenhäuser reformieren, spricht selbst von einer „Revolution“ – und erntet nach wie vor große Kritik aus den Ländern.

Gesundheitsminister-Chefin im Interview

Stoppen Gerichte Lauterbachs Krankenhausreform? „Es wird Klagen geben“

  • Andreas Schmid
    VonAndreas Schmid
    schließen

Karl Lauterbachs Krankenhausreform könnte scheitern: „Dieses Gesetz wird vor Bundesverfassungsgericht landen“, sagt die Gesundheitsminister-Chefin der Länder.

Die Krankenhausreform nimmt Gestalt an. Nach monatelangem Hin und Her steht ein von Kabinett gebilligter Referentenentwurf, der zeitnah im Bundestag verabschiedet werden soll. Anschließend landet das Gesetz im Bundesrat.

Der Architekt der Reform, Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), hat den aktuellen Entwurf allerdings so konzipiert, dass er nicht mehr zustimmungsbedürftig ist im Bundesrat. Die Länderkammer könnte das Verfahren dennoch ausbremsen, wie die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Kerstin von der Decken (CDU) im Gespräch mit IPPEN.MEDIA erklärt.

Die Gesundheitsministerin von Schleswig-Holstein ist sich sicher.

„Falls im Bundestag keine wesentlichen Anpassungen am Entwurf erfolgen“ so von der Decken, „bin ich sicher, dass die Länder im Bundesrat mit einer Mehrheit den Vermittlungsausschuss anrufen werden.“ Die CDU-Politikerin ist in Schleswig-Holstein Gesundheitsministerin und hat turnusmäßig das Amt der GMK-Vorsitzenden inne. Der Vermittlungsausschuss ist eine Art Streitschlichtungsorgan in der deutschen Politik. In diesem Gremium landen vom Bundestag beschlossene Gesetze, die im Bundesrat keine Mehrheit finden.

Gesundheitsminister-Chefin stellt klar: „Es wird Klagen gegen dieses Gesetz geben“

In einem möglichen Vermittlungsausschuss gehe es darum, „sich auf einen Entwurf zu einigen, mit dem Bund und Länder einverstanden sind“, so von der Decken. „Erst wenn das nicht klappen sollte, kann man über eine Klage nachdenken.“ Bayern tut das allerdings bereits. „Wenn Bundesgesundheitsminister Lauterbach sein Vorhaben nicht korrigieren sollte, wird Bayern vor dem Bundesverfassungsgericht dagegen klagen“, betonte Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) im April.

Amtskollegin von der Decken meint: „Völlig unabhängig davon, ob ein Bundesland klagt: Es wird Klagen gegen dieses Gesetz geben.“ Denkbar seien Beschwerden von Krankenhäusern, Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. „Dieses Gesetz wird irgendwann vor dem Bundesverfassungsgericht landen.“ Kommt es zu keinen Beschwerden, soll das Gesetz 2025 in Kraft treten und in den Jahren danach umgesetzt werden. „Bis die Reform ihre Wirkung entfaltet, werden zwei oder drei Jahre vergehen“, sagt von der Decken. Klagen könnten das jedoch verzögern.

Video: Opposition warnt vor drohendem Krankenhaussterben

Lauterbachs Krankenhausreform: Das plant die Ampel

Die vom Bundeskabinett auf den Weg gebrachten Gesetzespläne sollen finanziellen Druck auf die Kliniken mindern und einheitliche Qualitätsregeln verankern. Dafür soll die Vergütung mit Pauschalen für Behandlungsfälle geändert werden. Künftig sollen Kliniken 60 Prozent der Vergütung schon für das Vorhalten bestimmter Angebote bekommen – die sogenannte Vorhaltepauschale. Grundlage der Finanzierung durch die Krankenkassen sollen genauer definierte „Leistungsgruppen“ sein, die auch Mindestvoraussetzungen festlegen.

Folge dieser Leistungsgruppen ist, dass nicht mehr jede Klinik alle Operationen anbietet. Gerade bei komplizierten Eingriffen sollen die ran, die es am besten können. Für Patienten heißt das: Kleinere Krankenhäuser geben Kompetenzen ab, bleiben aber für die Grund- und Notfallversorgung zuständig. Planbare Eingriffe erfolgen dann zum Beispiel in den jeweiligen Fachkliniken, was auf dem ländlichen Raum mitunter längere Wege bedeutet. Von der Decken hält das für vertretbar, wie sie im ausführlichen Interview mit unserer Redaktion erklärte. Im Kern ist sie für Änderungen im Krankenhauswesen („Wir brauchen eine Reform“). Es hapere jedoch an der „realitätsfernen“ Umsetzung, so die Ministerin.

Die Bundesländer fordern deshalb weitere Änderungen, die sie auch bei der anstehenden Gesundheitsministerkonferenz (GMK) am 12. und 13. Juni artikulieren werden. Das Treffen der 16 Landesgesundheitsminister findet in Lübeck-Travemünde statt, im gegenwärtigen GMK-Vorsitzland Schleswig-Holstein. (as)

Mehr zum Thema