Gewerkschafts-Chef fordert Hilfe
„Kontrolle, wer bei uns einreist“ – und ein neues Problem: Bekommt die Polizei ein Sondervermögen?
VonPeter Siebenschließen
Die SPD will Milliarden für die Polizei ausgeben. GdP-Chef Jochen Kopelke hat eine Idee, wo das Geld dringend gebraucht wird – und warnt vor einem neuen Phänomen.
Berlin – Von einer „Zeitenwende“ sprach Bundeskanzler Olaf Scholz vor zwei Jahren, als er angesichts des Ukraine-Kriegs ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr ankündigte. So eine Zeitenwende wollen jetzt führende Politikerinnen und Politiker der SPD auch in Sachen Innere Sicherheit. Die Vorsitzenden der einflussreichen SPD-Landesgruppen Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen/Bremen haben jüngst im Bundestag ein Sondervermögen für Polizei und Sicherheitsbehörden gefordert.
Putin-Spione, Terror-Pläne, rechtsextreme Reichsbürger: „Sicherheitslage ist angespannt“
Wie hoch das ausfallen soll, ist unklar – aber in Sicherheitskreisen ist von einem zweistelligen Milliardenbetrag die Rede. Jochen Kopelke, Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), hatte ein solches Sondervermögen bereits Anfang des Jahres im Interview mit unserer Redaktion ins Spiel gebracht. Denn die Sicherheitslage sei deutlich angespannter als noch vor fünf Jahren, so Kopelke damals: „Die Weltkonflikte haben unmittelbaren Einfluss auf unser Leben in Deutschland.“ Jetzt machte er deutlich, wo es seiner Ansicht nach massiven Mangel bei der Polizei gibt.
Vor allem das vergangene Jahr hatte es in sich: Mafia-Geschäfte in Erfurt, Massenschlägereien im Ruhrgebiet, Razzien gegen rechtsextreme Reichsbürger in Bayern und Alarm in Köln wegen Terror-Verdacht. Und in diesen Tagen beschäftigen Attacken auf Politiker und Anschlagspläne mutmaßlicher Putin-Spione die Sicherheitsbehörden. „Spätestens seit dem vereitelten Terroranschlag von Grafenwöhr ist auch der breiten Öffentlichkeit bewusst, dass sich innere und äußere Sicherheit nicht trennen lassen“, sagte Kopelke zu IPPEN.MEDIA. In der bayrischen Stadt waren zwei Deutschrussen festgenommen worden, weil sie einen US-Stützpunkt ausgespäht haben sollen. Es sei gut, dass sich die SPD dafür starkmache, nicht nur die Bundeswehr, sondern auch die Polizei mit einem eigenen Sondervermögen zu unterstützen, so Kopelke.
SPD-Politiker Matthias Ecke attackiert: Faeser forder mehr Polizeipräsenz
Tatsächlich werden die Rufe nach erhöhter Sichtbarkeit der Polizei lauter: Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) etwa hatte nach dem brutalen Angriff auf den Europapolitiker Matthias Ecke in Dresden mehr Polizeipräsenz für Wahlhelfer gefordert. Das allerdings würde schlicht mehr Personal erfordern. Polizei und Gewerkschaften klagen indes seit Jahren über chronischen Personalmangel.
Auch in die Ausbildung werde zu wenig investiert, machte Oliver Huth, NRW-Chef der Kripo-Gewerkschaft BDK, vor einigen Monaten im Interview deutlich: „Man muss die Kolleginnen und Kollegen so ausbilden, dass die sofort bei der Kripo anfangen können.“ Weil es nach wie vor nur eine Einheitsausbildung für alle statt einer Spezialausbildung gebe, dauere es Jahre, bis Nachwuchsbeamte die Kriminalpolizei unterstützen könnten: „Und wir brauchen die Unterstützung dringend.“
Cyberattacken auf die kritische Infrastruktur: GdP-Chef will mehr Geld für moderne IT-Technik
GdP-Chef Jochen Kopelke weist noch auf ein neues Phänomen hin: „Angriffe auf die kritische Infrastruktur werden heute im Cyberraum vorbereitet und durchgeführt, Terroranschläge über das Internet geplant. Auf die neue Bedrohungslage ist die Polizei in Deutschland unzureichend vorbereitet.“
Zusätzliche Mittel sollten deshalb nicht nur in mehr Personal zur Cyber- und Terrorabwehr investiert werden, sondern auch in moderne IT-Technik, damit Ermittler Gefährdern auf Augenhöhe begegnen könnten. „Auch für die Grenzsicherung brauchen wir deutlich mehr Personal. Deutschland darf sich nicht gegen die Menschen aus anderen EU-Staaten abschotten, aber wir müssen die Kontrolle zurückgewinnen, wer bei uns einreist“, so Kopelke.
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