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Während Putins Soldaten leiden: Russland verschweigt offenbar prekäre Lage in Cherson
VonLisa Mariella Löw
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Die Ukraine hat mehrere Brückenköpfe in Cherson errichtet, die wichtige Schlüsselpunkte zur Krim sein könnten. Spielt Russland die Gefahr herunter?
Cherson - Die Situation an der hart umkämpften Cherson-Front ist für Russland nach Angaben des Instituts für Kriegsforschung (ISW) wesentlich bedrohlicher, als Moskau berichtet. Besonders am Ostufer des Flusses Dnjepr hätte die Ukraine erfolgreich mehrere Stützpunkte errichtet, wie das US-amerikanische Nachrichtenmagazin Newsweek berichtete.
Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu teilte laut Newsweek mit, dass die Moskauer Truppen am Ostufer des Dnepr alle ukrainischen „Flussoperationen in Richtung Cherson“ abgewehrt hätten, was den ukrainischen Streitkräften in der Region „kolossale“ Verluste zugefügt habe. Allerdings würden Schoigus Berichte nicht mit den Nachrichten vieler anderer russische Militärblogger über den Ukraine-Krieg übereinstimmen. Seit mehreren Wochen würden sie eine Verschlechterung der Lage am Dnepr beschreiben. Laut ntvbeklagen sie, dass auch Verwundete kämpfen müssten und „die eigene Trägheit“ der „Hauptfeind an der Front“ sei.
Russland in Bedrängnis: Ukraine baut Brückenköpfe zur Krim
Seitdem die Ukraine Cherson vor einem Jahr von Russland zurückerobert hat, beschränkten sich die Kämpfe dort weitgehend auf kleine Überfälle und Drohnenangriffe. Nun seien in den östlich gelegenen Dörfern Krynky, Pishchanivka und Poyma ukrainische Brückenköpfe aufgetaucht. Einer befinde sich weniger als 80 Kilometer von den Zufahrten zur besetzten Krim entfernt und sei in der Nähe von mindestens einer wichtigen Autobahn. Deswegen könne sich dort ein neuer Kampf anbahnen.
In seinem Kriegsbericht vom Dienstagabend schrieb das ISW, dass Schoigus Äußerungen „wahrscheinlich ein Versuch waren, die Sorge einiger russischer Blogger über die Unfähigkeit Russlands, ukrainische Angriffe am Ostufer des Flusses Dnipro abzuwehren, herunterzuspielen.“ Der ehemalige Offizier des ukrainischen Sicherheitsdienstes Ivan Stupak sagte Newsweek, dass am Ostufer etwa 300 ukrainische Soldaten im Einsatz seien. Die meisten davon wären Marinesoldaten.
„Ich bin sehr sicher, dass diese Operation möglicherweise erfolgreich sein könnte“, sagte Stupak. „Mindestens ein paar schwere Geräte wurden auch auf das linke Ufer verlagert.“ Dazu würden in Deutschland hergestellte mobile Brücken zählen, die das Überqueren von Wasserstraßen erleichtern sollen. Das ultimative Ziel für Kiew könnte laut Stupak der Schwarzmeerhafen von Skadowsk sein. Derzeit sei er noch von Russland besetzt, das die Kinburn-Nehrung verteidige. Wenn die Ukraine das Gebiet zurückerobere, könne es die Krim unter seine „Feuerkontrolle“ bringen.
Bilder des Ukraine-Kriegs: Großes Grauen und kleine Momente des Glücks
Ukraine habe Teil des besetzten Gebietes in Cherson von Russland zurückerobert
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij postete laut der Süddeutschen Zeitung am 17. November auf Telegram martialische Aufnahmen, die angeblich ukrainische Streitkräfte am südöstlichen Ufer bei Cherson zeigen: Soldaten auf Schnellbooten im Gegenlicht und beim ferngesteuerten Drohnenflug mit VR-Brille. Kleine Vorstöße ukrainischer Truppen über den Dnjepr habe es in den vergangenen Monaten immer wieder gegeben. Inzwischen sollen sie aber bei dem Dorf Krynky einen Brückenkopf errichtet haben, wie nun auch der britische Geheimdienst bestätigt habe.
Der ukrainische Brückenkopf sei ein kleiner Erfolg für die ukrainische Armee, weil Kräfte der russischen Streitkräfte gebunden würden, die an anderen Teilen der Front benötigt werden. Zudem könne die Stadt Cherson nicht mehr so leicht von russischen Truppen über den Fluss mit Mörsern beschossen werden. Es sähe also so aus, als hätte die russische Armee bereits die Kontrolle über einen Teil des eigentlich besetzten Territoriums verloren.
Ukraine-Krieg in Cherson: Auf eine russische Drohne kommen drei ukrainische Drohnen
Ein Video auf X von einer in Krynky stationierten russischen Marine-Infanterieeinheit zeigt die schwierige Situation, in der sich die Moskauer Streitkräfte am Ostufer befinden. „Es ist traurig“, sagte der filmende Soldat. „Keine Ahnung, was die Kommandeure machen.“ Er erinnert sich an ein kürzliches Gespräch mit einem Soldaten in der Gegend, der ihm sagte: „Sie haben alle Krummen, Blinden und Zerbrochenen zusammengefügt und sie zu den Ukrainern geschickt.“
„Er sagte, die Ukrainer hätten drei Drohnen für jede unserer Drohnen“, fügte der russische Soldat hinzu. „Das ist sehr schlimm und sehr traurig.“ Unter Bezugnahme auf ein ukrainisches Video, bei der Berichten zufolge 13 russische Soldaten in Krynky getötet wurden, sagte er: „Es war beängstigend anzusehen. Eine Schande. Es zerreißt einem die Seele.“
Russischen Quellen zufolge halten die ukrainischen Streitkräfte weiterhin Stellungen in Krynky und in der Nähe der Antoniwski-Straßenbrücke sowie der kleinen Eisenbahnbrücke sechs Kilometer östlich der Antoniwski-Brücke. Das britische Verteidigungsministerium berichtet: Die Kämpfe um Krynky haben ein geringeres Ausmaß als einige große Schlachten des Krieges, werden aber von der russischen Führung als äußerst unvorteilhaft angesehen. (Lisa Mariella Löw)