Scholz erklärt die Gründe
Gefangenenaustausch: Putin umarmt „Tiergarten-Mörder“ – die Angehörigen seines Opfers sind entsetzt
VonHannes Niemeyerschließen- Lisa Mahnkeschließen
Ein Gefangenentausch mit Russland scheint unmittelbar bevorzustehen. Neben dem US-Reporter Evan Gershkovich könnten bis zu 30 Personen ihre Freiheit erlangen.
Update vom 2. August, 06.10 Uhr: Nach dem größten Gefangenenaustausch zwischen Russland und dem Westen seit dem Kalten Krieg hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Freigelassene am Flughafen Köln/Bonn empfangen. Er habe sich ausführlich mit den Eingereisten unterhalten können, was „sehr bewegend“ gewesen sei, sagte Scholz in der Nacht zum Freitag. „Viele haben um ihre Gesundheit und auch um ihr Leben gefürchtet“, fuhr Scholz fort. Er lobte zudem die internationale Zusammenarbeit.
Das vorzeitige Ende der Haft für den „Tiergartenmörder“ Wadim K. sorgt bei den Angehörigen des Opfers hingegen für Enttäuschung. „Das war eine niederschmetternde Nachricht für uns Angehörige“, teilten diese über ihre Anwältin Inga Schulz der Deutschen Presse-Agentur in Berlin mit. „Einerseits sind wir froh, dass jemandes Leben gerettet wurde. Gleichzeitig sind wir sehr enttäuscht darüber, dass es in der Welt anscheinend kein Gesetz gibt, selbst in Ländern, in denen das Gesetz als oberste Instanz gilt“, teilten sie mit.
Derweil ist eine Maschine mit freigelassenen US-Amerikanern in den Vereinigten Staaten gelandet. Die Maschine aus Ankara erreichte den Militärflughafen Joint Base Andrews unweit der US-Hauptstadt Washington am späten Donnerstagabend (Ortszeit) nach mehr als neun Stunden Flug, wie US-Medien berichteten.
An Bord befanden sich der wegen Spionage verurteilte „Wall Street Journal“-Korrespondent Evan Gershkovich, der ehemalige US-Soldat Paul Whelan und die US-amerikanische Journalistin Alsu Kurmasheva. US-Präsident Joe Biden umarmte Gershkovich nach dem Verlassen der Maschine. Vizepräsidentin Kamala Harris war bei der Ankunft ebenfalls dabei.
Historischer Gefangenen-Deal: Putin empfängt Tiergarten-Mörder persönlich – Scholz nennt Details
Update vom 1. August, 22.25 Uhr: Kreml-Chef Wladimir Putin hat die im Zuge eines Gefangenenaustauschs mit dem Westen freigelassenen Russen in Moskau auf dem Flughafen empfangen. „Ich möchte Ihnen zu Ihrer Heimkehr ins Heimatland gratulieren“, sagte Putin am Donnerstagabend auf dem Moskauer Flughafen Wnukowo zur Begrüßung der acht freigelassenen russischen Häftlinge, wie im russischen Staatsfernsehen zu sehen war. Mehrere von den Heimkehrern nahm der Kreml-Chef in den Arm, darunter auch den sogenannten „Tiergarten-Mörder“ Vadim Krasikow.
Er war Ende 2021 zu lebenslanger Haft in Deutschland verurteilt worden, weil er nach Überzeugung des Berliner Kammergerichts im August 2019 einen tschetschenisch-stämmigen Georgier im Kleinen Tiergarten in der Hauptstadt erschossen hatte. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Krasikow den Mord im Auftrag staatlicher russischer Stellen begangen hatte.
Historischer Gefangenenaustausch: Scholz äußert sich zu „Tiergartenmörder“
Update vom 1. August, 22.20 Uhr: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Freilassung des sogenannten Tiergarten-Mörders Vadim Krasikow im Zuge des Gefangenenaustauschs mit Russland mit der Gefahr für Leib und Leben in Russland inhaftierter deutscher Staatsbürger begründet. „Niemand hat sich die Entscheidung einfach gemacht, einen zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Mörder nur nach wenigen Jahren der Haft abzuschieben“, sagte Scholz am Donnerstagabend am Flughafen Köln/Bonn.
In diesem Fall habe das staatliche Interesse an der Vollstreckung der Strafe abgewogen werden müssen „mit der Freiheitsgefahr für Leib und in einigen Fällen auch des Lebens unschuldig in Russland inhaftierter Personen und zu Unrecht politischen Inhaftierter“. Für die Bundesregierung sei entscheidend gewesen, „dass wir eine Schutzverpflichtung haben gegenüber deutschen Staatsangehörigen sowie auch die Solidarität mit den USA“. Die Umsetzung sei „durch ein vom Generalbundesanwalt verfügtes Absehen von der Vollstreckung der Freiheitsstrafe und anschließender Abschiebung“ erfolgt, sagte Scholz.
Biden bedankt sich bei Scholz für Gefangenenaustausch: „Erhebliche Zugeständnisse“ aus Deutschland
Update vom 1. August, 21 Uhr: US-Präsident Joe Biden hat Kanzler Olaf Scholz für seinen Beitrag zu dem großangelegten Gefangenenaustausch mit Russland gedankt. „Ich bin vor allem dem Bundeskanzler zu großem Dank verpflichtet“, sagte Biden bei einer Ansprache im Weißen Haus in Washington, bei der Angehörige der aus russischer Haft freigelassenen Amerikaner dabei waren. Angesichts der Forderungen aus Russland habe er „erhebliche Zugeständnisse“ von Deutschland erbitten müssen. Ursprünglich habe Deutschland diese „wegen der fraglichen Person“ nicht erfüllen können. Doch am Ende habe Deutschland seinen Beitrag geleistet, ebenso wie mehrere andere Länder, die an den Verhandlungen beteiligt gewesen seien.
„Dieser Deal wäre nicht möglich gewesen ohne unsere Verbündeten, Deutschland, Polen, Slowenien, Norwegen und die Türkei, die sich alle an unsere Seite gestellt haben“, sagte Biden. Mehrere Partner hätten „mutige“ Entscheidungen getroffen, indem sie Gefangene freigelassen hätten, die in ihren Ländern zu Recht festgehalten worden seien - um am Ende Amerikaner nach Hause zu bringen.
Russland und mehrere westliche Länder hatten bei einem großangelegten Gefangenenaustausch rund zwei Dutzend Inhaftierte freigelassen. Unter anderem kamen die US-Bürger Evan Gershkovich und Paul Whelan aus russischer Haft frei. Russland wiederum hatte besonderes Interesse an dem in Deutschland inhaftierten „Tiergartenmörder“, dem Russen Wadim K., der ebenfalls freigelassen wurde. Auf diese Entscheidung bezog sich Biden wohl.
K. hatte 2019 in der Berliner Parkanlage Kleiner Tiergarten einen Georgier ermordet. Das Berliner Kammergericht verurteilte ihn 2021 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Sein Opfer stand laut Urteil seit langem im Visier der Russischen Föderation, weil es während des zweiten Tschetschenien-Krieges mehrere Jahre lang eine Miliz im Kampf gegen Russland angeführt hatte. Russische Behörden hatten den Mann als tschetschenischen Terroristen eingestuft. Auf die Frage, was Deutschland als Gegenleistung für die eigene Kooperation verlangt habe, sagte Biden: „Nichts.“
Nach Gefangenenaustausch in Ankara: Biden lobt „Meisterleistung der Diplomatie“
Update vom 1. August, 18 Uhr: Die in Russland wegen Spionage zu langen Haftstrafen verurteilten US-Bürger Evan Gershkovich und Paul Whelan sind frei. Ihre Freilassung aus Russland sei Teil eines größeren Gefangenenaustausches, teilte US-Präsident Joe Biden in einer schriftlichen Stellungnahme mit. „Wir haben die Freilassung von 16 Personen aus Russland ausgehandelt, darunter fünf Deutsche und sieben russische Staatsbürger, die in ihrem eigenen Land politische Gefangene waren.“ Ferner sagte Biden, es handle sich um eine „Meisterleistung der Diplomatie“.
Die Bundesregierung hat indes die Freilassung von 16 Häftlingen aus Russland und Belarus im Zuge eines mit Moskau vereinbarten Gefangenenaustausches bestätigt. Die Regierung habe sich „diese Entscheidung nicht leicht gemacht“, erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Denn im Gegenzug hätten auch in Europa verurteilte russische Staatsangehörige freigelassen werden müssen, darunter der in Deutschland wegen des sogenannten Tiergarten-Mordes verurteilte Vadim Krasikow.
Update vom 1. August, 16.31 Uhr: Die Türkei hat den Gefangenenaustausch zwischen Russland und westlichen Ländern bestätigt. Wie die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf das türkische Präsidialamt berichtet, habe der Geheimdienst der Türkei den Austausch von insgesamt 26 Häftlingen organisiert.
Das Präsidialamt bestätigte zudem, dass unter den ehemals Inhaftierten der US-Journalist Evan Gershkovich und der frühere US-Soldat Paul Whelan sind. An dem Deal sollen Häftlinge aus den USA, Deutschland, Polen, Slowenien, Norwegen, Russland und Belarus beteiligt sein.
Deal zwischen Russland und USA: Tiergartenmörder soll bei Gefangenenaustausch frei kommen
Update vom 1. August, 16.04 Uhr: Laut Spiegel-Informationen, soll im Rahmen des Gefangenenaustauschs zwischen den USA und Russland auch Vadim Krasikov freigelassen worden sein. Krasikov ist bekannt als der sogenannte Tiergartenmörder. Er saß in Deutschland wegen eines Auftragsmords in Haft. Der Gefangenenaustausch soll bereits Donnerstagmittag begonnen haben. Nun sollen von Russland und Deutschland aus ehemals Inhaftierte nach Ankara ausgeflogen werden.
Der Deal soll einem Bericht von European Pravda zufolge 24 Personen umfassen. An dem Abkommen mit Russland sollen die USA, Deutschland und drei weitere Staaten beteiligt sein.
Abkommen zwischen USA und Russland: Putin lässt US-Reporter Gershkovich frei
Update vom 1. August, 14.40 Uhr: Der Wall Street Journal-Reporter Evan Gershkovich soll am Donnerstag in Russland aus dem Gefängnis freigelassen worden sein. Laut einem Bericht des US-Protals Bloomberg sei es zwischen Russland und den USA zu einem Gefangenenaustausch gekommen. Gershkovich war zuvor seit über einem Jahr in Russland inhaftiert. Dort war er zu 16 Jahren Haft wegen Spionage verurteilt worden.
Neben dem US-Reporter soll auch der ehemalige US-Soldat Paul Whelan freigekommen sein. Die USA sollen im Gegenzug russische Gefangene freigelassen haben. Um welche Gefangenen es sich dabei handelt, ist noch nicht bekannt.
Tiergarten-Mörder und Journalist involviert? Gerüchte um großen Gefangenen-Deal mit Putins Russland
Erstmeldung: Moskau – Zwischen Russland und mehreren westlichen Ländern könnte ein Gefangenenaustausch kurz bevorstehen. Gerade für den wegen Spionage in Russland inhaftierten US-Journalisten Evan Gershkovich sind die Hoffnungen groß. Verschiedene Zeichen lassen andeuten, dass es sich um einen größeren Gefangenenaustausch handeln könnte. Neben den USA soll auch Deutschland an dem Austausch teilnehmen, womöglich mit dem sogenannten Tiergarten-Mörder.
Russland und die USA befanden sich laut eigenen Angaben in Verhandlungen über den Austausch von Gershkovich, der vor kurzem wegen Spionage zu 16 Jahren Haft verurteilt wurde. Das Urteil könnte laut der AFP nun den Weg für den Austausch freimachen. Der russische Präsident Wladimir Putin deutete bereits an, dass der Reporter im Austausch mit dem sogenannten Tiergarten-Mörder, Vadim Krasikow, der in Deutschland inhaftiert ist, freikommen könne. Krasikow erschoss im Jahr 2019 einen georgischen Staatsbürger, der in Russland als Staatsfeind galt.
Putin plant laut Berichten potenziell größeren Gefangenen-Deal
Das Verschwinden von mehreren Inhaftierten lässt in der Ballung mutmaßen, dass der womöglich kommende Austausch größer angelegt ist – womöglich der größte Gefangenenaustausch seit Ende des Kalten Krieges. Eine anonyme Quelle erklärte laut der Seite Kozlovpaper des Journalisten Pjotr Kozlov, dass „Moskau etwa 20 bis 30 Personen an den Westen ausliefern wird“.
Mindestens sieben Gefangene wurden in Russland verlegt. Dazu zählen laut AFP-Informationen der für Hochverrat inhaftierte Wladimir Kara-Mursa und der US-Soldat Paul Whelan, der für Spionage in russische Haft kam. Kara-Mursa tauchte laut der russischen Nachrichtenseite Agenstvo am Donnerstag (01. August) auch nicht im Gerichtssaal auf, wo er per Videokonferenz hätte zugeschaltet werden sollen.
Nawalny verlängert die Liste der Opfer Putins – ein Überblick




Der Aufenthaltsort des inhaftierten Oppositionspolitiker Illja Jaschin, der als Freund des verstorbenen Kreml-Kritikers Alexej Nawalny gilt, sowie der beiden Nawalny-Mitarbeiterinnen Lilia Tschanischewa und Xenia Fadejewa, sei ebenfalls unklar. Weiter verlegt wurden der wegen Landesverrat verurteilte Deutsch-Russe Kevin Lik, der Aktivist Daniil Krinari und die Künstlerin Alexandra Skotschilenko.
Deal zwischen Russland und den USA bald vollendet? Mögliches Flugzeug für Gefangenenaustausch startete
Es ist davon auszugehen, dass der Gefangenenaustausch erst bestätigt wird, wenn er bereits vollzogen wurde. Laut Koslovs Quelle hätten Behörden „große Anstrengungen unternommen, um die Informationen innerhalb Russlands bis zum letzten Moment so gut wie möglich geheim zu halten“. Möglicherweise könnte dies aber schon bald der Fall sein.
Reuters berichtete von Informationen der russischen Nachrichtenagentur RIA, dass auch in den USA mehrere russische Gefangene aus der Datenbank verschwunden sein sollen. Die Nachrichtenseite Agenstvo berichtete zudem am Donnerstag (01. August), dass ein AN-148-Flugzeug mit der Nummer RA-61727, mit dem in der Vergangenheit bereits Gefangenenaustausche durchgeführt worden seien, am Morgen aus Moskau startete. (lismah)
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