Diplomatische Spannungen

Bundesregierung schließt russische Konsulate – Moskau reagiert

  • Stefan Krieger
    VonStefan Krieger
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Angesichts von Restriktionen für deutsche Diplomaten und Sprachlehrer in Russland müssen in Deutschland mehrere russische Generalkonsulate schließen.

Berlin – Als Reaktion auf die Ausweisung von Hunderten deutscher Mitarbeiter aus Russland hat die Bundesregierung die Schließung von vier Generalkonsulaten in Deutschland angeordnet. Ab Ende dieses Jahres wird Moskau somit nur noch die Botschaft in Berlin sowie eines der bisher fünf Generalkonsulate betreiben dürfen. Dies erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Mittwoch (31. Mai) in Berlin. Die russischen Generalkonsulate befinden sich in Bonn, Frankfurt, Hamburg, Leipzig und München. Der Sprecher betonte, dass es Russland selbst überlassen sei, welches dieser Konsulate erhalten bleiben werde. Diese Maßnahme bedeutet, dass russische Staatsangehörige in Deutschland weniger Anlaufstellen haben, um beispielsweise neue Pässe zu beantragen.

Die russische Botschaft in Berlin.

Moskau droht mit „angemessener Reaktion“

Das russische Außenministerium kündigte umgehend Gegenmaßnahmen an. Berlin solle nicht glauben, „dass diese undurchdachte Provokationen ohne unsere angemessene Reaktion bleiben werden“, erklärte das Ministerium in Moskau am Mittwoch.

Zuvor hatte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, der Bundesregierung wiederholt eine russlandfeindliche Politik vorgeworfen. Nicht Moskau, sondern Berlin habe mit den „feindlichen Handlungen“ begonnen, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.

Am Samstag war bekannt geworden, dass zahlreiche deutsche Staatsbedienstete Russland verlassen müssen, da Moskau eine „Obergrenze“ für das Personal eingeführt hat. Berlin verteidigte die weitere Zuspitzung der Lage. Die russische Regierung sei „einen Schritt der Eskalation gegangen“, indem sie die deutsche Gesamtpräsenz in Russland auf 350 Personen begrenzt habe. „Und diese ungerechtfertigte Entscheidung zwingt die Bundesregierung zu einem sehr erheblichen Einschnitt in allen Bereichen ihrer Präsenz in Russland“, sagte der Ministeriumssprecher. Die Bundesregierung habe entschieden, die deutschen Generalkonsulate in Kaliningrad, Jekaterinburg und Nowosibirsk zu schließen.

Maria Sacharowa, Sprecherin des russischen Außenministeriums.

Schließung russischer Konsulate als Reaktion auf Moskaus Verhalten

„Für die russische Präsenz in Deutschland gilt unsere Entscheidung reziprok, um eine Ausgewogenheit der beiderseitigen Präsenzen sowohl personell als auch strukturell sicherzustellen. Darum haben wir entschieden, die Zustimmung zum Betrieb von vier der fünf in Deutschland betriebenen russischen Generalkonsulate zu entziehen“, sagte der Sprecher. „Dies wurde dem russischen Außenministerium heute mitgeteilt und Russland aufgefordert, die Abwicklung der vier Generalkonsulate in der Bundesrepublik Deutschland umgehend zu veranlassen und bis spätestens zum 31.12.2023 abzuschließen.“

Die Reaktion auf das russische Vorgehen sei in der Bundesregierung eng abgesprochen worden, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Die Bundesregierung hatte zuvor schon deutliche Kritik an der Entscheidung Moskaus geübt, eine Obergrenze für deutsche Staatsbedienstete in Russland einzuführen.

Ukraine-Krieg reicht jetzt bis nach Moskau: Fotos zeigen den Schaden durch Drohnen-Angriffe

Mehrere Wohngebäude werden geringfügig beschädigt, zwei Menschen leicht verletzt.
Am frühen Dienstagmorgen meldete die russische Hauptstadt verschiedene Drohnenangriffe. © IMAGO/Vitaly Smolnikov/Tass
Russlands Verteidigungsministerium machte die Ukraine dafür verantwortlich und spricht von „Terror“. Die Führung in Kiew weist die Beschuldigungen zurück.
Russlands Verteidigungsministerium machte die Ukraine dafür verantwortlich und spricht von „Terror“. Die Führung in Kiew weist die Beschuldigungen zurück. © IMAGO/Vitaly Smolnikov/Tass
Mitarbeiter des Rettungsdienstes nach einem gemeldeten Drohnenangriff in Moskau, Russland, vor einem Wohnblock.
Mitarbeiter des Rettungsdienstes nach einem gemeldeten Drohnenangriff in Moskau, Russland, vor einem Wohnblock. © IMAGO/Aleksey Nikolskyi/SNA
„Heute Morgen hat das Kiewer Regime einen Terrorakt mit unbemannten Flugkörpern auf Objekte der Stadt Moskau verübt“, hieß es vom russischen Militär.
„Heute Morgen hat das Kiewer Regime einen Terrorakt mit unbemannten Flugkörpern auf Objekte der Stadt Moskau verübt“, hieß es vom russischen Militär.  © IMAGO/Alexander Zemlianichenko Jr/Xinhua
Verteidigungsminister Sergej Schoigu lobte die eigene Flugabwehr. Insgesamt seien acht Drohnen zerstört worden.
Verteidigungsminister Sergej Schoigu lobte die eigene Flugabwehr. Insgesamt seien acht Drohnen zerstört worden. © Tass/IMAGO/Vitaly Smolnikov
Nach den Drohnen-Angriffen sperrten Sicherheitskräfte die Gegend ab.
Nach den Drohnen-Angriffen sperrten Sicherheitskräfte die Gegend ab. © IMAGO/Denis Bocharov
In sozialen Netzwerken hingegen vermuten viele, dass in Wirklichkeit viel mehr der kleinen Apparate - die optisch etwas wie Mini-Flugzeuge aussehen - auf Moskau zuflogen.
In sozialen Netzwerken hingegen vermuten viele, dass in Wirklichkeit viel mehr der kleinen Apparate - die optisch etwas wie Mini-Flugzeuge aussehen - auf Moskau zuflogen. © IMAGO/Alexander Zemlianichenko Jr/Xinhua
Seit Wochen schon häufen sich Attacken auch in Russland - meist jedoch in der unmittelbaren Grenzregion zur Ukraine und nicht auf zivile Objekte.
Seit Wochen schon häufen sich Attacken auch in Russland - meist jedoch in der unmittelbaren Grenzregion zur Ukraine und nicht auf zivile Objekte.  © IMAGO/Alexander Zemlianichenko Jr/Xinhua
Es war aber nicht das erste Mal seit Beginn des Kriegs vor mehr als 15 Monaten, dass Drohnen bis in die Hauptstadt flogen.
Es war aber nicht das erste Mal seit Beginn des Kriegs vor mehr als 15 Monaten, dass Drohnen bis in die Hauptstadt flogen. © IMAGO/Alexander Zemlianichenko Jr/Xinhua
Erst Anfang Mai wurden zwei Flugkörper unmittelbar über dem Kreml abgefangen. Das brachte spektakuläre Bilder.
Erst Anfang Mai wurden zwei Flugkörper unmittelbar über dem Kreml abgefangen. Das brachte spektakuläre Bilder. © IMAGO/Alexander Zemlianichenko Jr/Xinhua
Damals wurde aus Sicht der Moskauer aber nicht das Dach des eigenen Gebäudes getroffen, sondern der Amtssitz von Präsident Wladimir Putin - und der war zum besagten Zeitpunkt nicht zuhause.
Damals wurde aus Sicht der Moskauer aber nicht das Dach des eigenen Gebäudes getroffen, sondern der Amtssitz von Präsident Wladimir Putin - und der war zum besagten Zeitpunkt nicht zuhause. © IMAGO/Alexander Zemlianichenko Jr/Xinhua
Nun aber ist die Verunsicherung in der Riesenmetropole mit mehr als 13 Millionen Einwohnern groß. Die sozialen Netzwerke quellen über.
Nun aber ist die Verunsicherung in der Riesenmetropole mit mehr als 13 Millionen Einwohnern groß. Die sozialen Netzwerke quellen über. © IMAGO/Vitaly Smolnikov/Tass

Die Bundesregierung lässt allerdings auch erkennen, dass eine noch weitergehende Zuspitzung nicht befördert werden soll. „Aus Sicht der Bundesregierung ist mit der nun hergestellten personellen und strukturellen Parität der Präsenzen diese Thematik abgeschlossen“, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes. Er bezeichnete die Vorgänge insgesamt als „bedauerlich“ und betonte zugleich: „Es ist das Verhalten der russischen Seite, das uns in diese Situation gebracht hat.“

Russland hingegen sieht die Beziehungen bis zum Zerreißen gespannt. „Die Bundesregierung hat sich bewusst für die Zerstörung der bilateralen Beziehungen entschieden, indem sie innerhalb weniger Monate einen einzigartigen und von mehreren Generationen von Politikern, Bürgern und Diplomaten beider Länder aufgebauten Bestand an Instituten und Mechanismen für Dialog und beiderseitig vorteilhafte Zusammenarbeit vernichtete oder komplett lahmlegte“, sagte Sacharowa. Sie ließ allerdings unerwähnt, dass Russland selbst zahlreiche deutsche Nichtregierungsorganisationen für „unerwünscht“ erklärt und damit praktisch verboten hat.

Zustimmung auch von der Opposition

Auf Zustimmung stieß die deutsche Entscheidung bei Vertretern von Koalition und Opposition. FDP-Außenpolitiker Ulrich Lechte nannte dies in den Zeitungen der Mediengruppe Bayern (Donnerstagsausgaben) „nur konsequent“. Der Vorsitzende des Europaausschusses des Bundestags, Anton Hofreiter (Grüne), bezeichnete es als „überfällig“. Auch der Unions-Außenexperte Jürgen Hardt (CDU) nannte die angeordnete Schließung der Konsulate nach der Ausweisung deutscher Diplomaten durch Russland „folgerichtig“.

Deutschland und Russland hatten im Zuge ihrer schweren Spannungen in der Vergangenheit immer wieder gegenseitig Diplomaten ausgewiesen. Schon jetzt sind die Vertretungen stark ausgedünnt, die Dienstleistungen für deutsche Staatsbürger sind reduziert oder mit längeren Wartezeiten etwa bei der Ausstellung von Dokumenten verbunden. Die Lage hat sich mit Beginn des Ukraine-Kriegs deutlich verschärft. (skr/afp/dpa)

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