Parlamentswahlen in Frankreich

Vor Frankreich-Wahl: Macron warnt vor „Bürgerkrieg“ – wegen Programm von Le Pen

  • VonSarah El Sheimy
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Macron hat die Parlamentswahlen in Frankreich vorgezogen. Den kandidierenden Parteien wirft er vor, einen Bürgerkrieg provozieren zu können.

Paris – Knapp eine Woche vor der ersten Runde der Parlamentswahl in Frankreich hat Präsident Emmanuel Macron die Parteien am rechten und linken Rand als Bedrohung für das Land bezeichnet. Die politischen Programme des rechtspopulistischen Rassemblement National (RN) und der linkspopulistischen Partei La France Insoumise (LFI) könnten zu einem „Bürgerkrieg“ führen, sagte er am Montag (24. Juni) in einem Podcast. Derweil bekräftigte RN-Chef Jordan Bardella, dass er das Amt des Premierministers anstrebe. Seine Partei sei „bereit“ zur Machtübernahme.

Macron habe im Podcast „Génération Do It Yourself“ gesagt, dass der RN die Gesellschaft „spaltet und zum Bürgerkrieg treibt“, „weil die Menschen auf eine Religion oder eine Herkunft verweist“. So berichtet es die Zeitung La Tribune. Ähnliches habe der Präsident La France Insoumise vorgeworfen, die eine „Form des Kommunitarismus“ vorschlage. Auch dies könne einen Bürgerkrieg zur Folge haben, weil er „die Menschen zunächst ausschließlich auf ihre Zugehörigkeit, Religion oder Gemeinschaft“ verweise.

Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte als Reaktion auf die Niederlage seiner liberalen Kräfte bei der Europawahl die Nationalversammlung aufgelöst.

Macron ist unbeliebt – 74 Prozent der Franzosen sind unglücklich mit seiner Präsidentschaft

RN-Chef Bardella kritisierte die Äußerungen: „Ein Präsident der Republik sollte so etwas nicht sagen“, sagte er dem Sender M6. Er wolle „die Sicherheit für alle Franzosen wiederherstellen“, fügte Bardella hinzu.

Macron hatte nach der Niederlage seiner Partei bei der Europawahl vorgezogene Parlaments-Neuwahlen am 30. Juni und 7. Juli ausgerufen. In den Umfragen liegt der RN mit 35 Prozent vorn, gefolgt vom links-grünen Wahlbündnis Neue Volksfront mit knapp unter 30 Prozent. Macrons Regierungslager liegt abgeschlagen bei etwa 20 Prozent.

Marine Le Pen hat Frankreich-Wahl 2027 im Blick – trotz Ausschluss

Frankreich: Rassemblement National von Marine Le Pen.
In Frankreich ist der Rassemblement National unter Marine Le Pen (im Bild) in den vergangenen Jahren zu einer führenden Kraft aufgestiegen. So feierte der RN bei der Europawahl 2024 einen klaren Erfolg.  © François Lo Presti/afp
Europawahl - Frankreich
Das starke Ergebnis der rechtsnationalen Partei veranlasste den amtierenden Präsidenten Emmanuel Macron anschließend dazu, das Parlament aufzulösen.  © Ludovic Marin/dpa
Jean-Marie Le Pen
Die Geschichte des Rassemblement National begann Anfang der Siebziger. Am 5. Oktober 1972 gründeten Jean-Marie Le Pen (hier eine Aufnahme von 2022) und Pierre Bousquet die rechtsextreme Splittergruppe Front National.  © Joel Saget/afp
1. Mai in Paris
Der 1928 geborene Le Pen (hier ein Bild von 2017) tat sich früh als Demagoge hervor, der mehrfach wegen Volksverhetzung verurteilt wurde und den Holocaust als ein „Detail der Geschichte“ abtat. Bousquet (1919 bis 1991) war ein ehemaliger Kollaborateur, der als Rottenführer in der Waffen-SS gedient hatte. Fremdenfeindliche Parolen waren über viele Jahre Markenzeichen der Partei. © Thibault Camus/dpa
Jean-Marie Le Pen
In den 1980er Jahren wurde der FN bei zwei Parlamentswahlen hintereinander mit mindestens einem Abgeordneten in die Nationalversammlung gewählt. Der Durchbruch gelang im Jahr 2002, als Jean-Marie Le Pen als Zweitplatzierter aus der ersten Runde der Präsidentschaftswahl hervorging.  © Joel Saget/afp
Le Pen
Es kam zur Stichwahl, die der amtierende Präsident Jacques Chirac deutlich gewann. Fünf Jahre später verlor Le Pen viele Stimmen und schied im ersten Wahlgang aus.  © Joel Saget/AFP
Marine Le Pen
Einen großen Einschnitt gab es im Januar 2011. Der FN ging nach einem Führungswechsel andere Wege. Die neue Parteivorsitzende trug allerdings einen bekannten Namen: Marine Le Pen. Die studierte Juristin kam 1968 nahe Paris als jüngste Tochter Jean-Marie Le Pens zur Welt.  © Bernard Patrick/Imago
Marine Le Pen/dpa
Mit acht Jahren wurde sie von einer Bombenexplosion aus dem Schlaf gerissen – es handelte sich um einen Anschlag auf ihren Vater. Die Mutter dreier Kinder arbeitete als Anwältin und führte zunächst die Rechtsabteilung der Front National. Ihre zwei Ehen gingen auseinander. © Pascal Pavani
Jean-Marie Le Pen
Marine Le Pen bemüht sich seither, der einst radikal rechten Partei einen moderateren Anstrich zu verpassen. Das ging mit einer Entmachtung ihres Vaters einher.  © Kenzo Tribouillard/afp
Le Pen
Im April und Mai 2015 eskalierten die schon länger bestehenden Spannungen zwischen der Parteivorsitzenden und ihrem Vater. Am 20. August 2015 wurde Jean-Marie Le Pen wegen „schwerer Verfehlungen“ aus der Partei ausgeschlossen.  © Kenzo Tribouillard/AFP
Le Pen Bannon
Anderseits suchte Le Pen im Jahr 2018 die Nähe des früheren Trump-Beraters Steve Bannon. Damals firmierte die rechtsextreme Partei noch unter dem Namen Front National. Später verpasste Le Pen ihr aber einen neuen Namen: Seither ist die Partei als Rasseblement National bekannt. © Philippe Huguen/AFP
Marine Le Pen
Seither ist es Marine Le Pen gelungen, aus der Schmuddelecke zu kommen und sich als staatstragende Politikerin zu inszenieren. Ihre Strategie ist als „Dédiabolisation“ (Entteufelung) bekannt.  © Francois Nascimbeni/AFP
Marine Le Pen
Le Pen verbannte das alte rassistische Vokabular und gibt mittlerweile eher bedachte Worte von sich. Le Pens Kurs hat , in den vergangenen Jahren bis in die bürgerliche Mitte hinein wählbar gemacht.  © Thomas Samson/afp
Marine Le Pen
Die dreimalige Präsidentschaftskandidatin drängte zwar offenen Rassismus zurück, vertritt aber weiter radikale Positionen gegen Einwanderung. Ihre Vorstellungen für Frankreich bleiben auch heute noch deutlich rechts und nationalistisch.  © Ali Al-Daher/AFP
Olga Givernet
Zudem zeigen Studienergebnisse, dass im RN der Antisemitismus noch immer weit verbreitet ist. Die Renaissance-Parlamentarierin Olga Givernet (im Bild) reagierte entsprechend: „Der RN hat ein sauberes Schaufenster, aber die Küche dahinter ist immer noch schmutzig wie eh.“ © Niviere David/Imago
Marine Le Pen mit André Ventura und Tino Chrupalla
In ihrem Bemühen um Salonfähigkeit hat sich Marine Le Pen auch von der deutschen AfD abgegrenzt. Die gilt selbst für RN-Leute als zu extremistisch. Im November 2023 war das noch anders: Beim Treffen rechter Gruppen in Lissabon stand sie noch in einer Reihe neben dem portugiesischen Chega-Politiker André Ventura (Mitte) und AfD-Co-Chef Tino Chrupalla. © Paulo Spranger/Imago
Le Pen zu Besuch bei Putin
Zum Ukraine-Krieg vertreten RN und AfD hingegen nach wie vor sehr ähnliche Positionen. So lehnt Marine Le Pen jegliche Wirtschaftssanktionen gegen das Russland von Präsident Wladmir Putin ab. © Mikhail Klimentyev/dpa
Gabriel Attal
Waffenlieferungen für die Ukraine bedeuten für Le Pen das „Risiko eines dritten Weltkriegs“. Premierminister Gabriel Attal (im Bild) konterte in einer Ukraine-Debatte im Februar 2024: „Wenn Sie 2022 gewählt worden wären, würden wir heute Waffen nach Russland liefern, um die Ukrainer zu zermalmen.“  © Ludovic Marin/afp
Marine Le Pen und Wladimir Putin
Tatsächlich stand in Le Pens Präsidentschaftsprogramm von 2022 der folgende Satz: „Ohne Furcht vor amerikanischen Sanktionen wird eine Allianz mit Russland in gewissen Themen angestrebt.“ Trotzdem wollte sich der RN im Wahlkampf ein wenig von Putin absetzen. Die Partei ließ damals 1,2 Millionen Wahlkampfplakate vernichten, die ein Bild von Marine Le Pen beim Händeschütteln mit Putin zeigten. © Emmanuel Dunand/afp
Marine Le Pen
Zu Russland hat sie dennoch ein wesentlich besseres Verhältnis als zu Deutschland. Die deutsch-französische Partnerschaft will sie rasch beenden. Zwischen Berlin und Paris bestehe eine „tiefe und unheilbare Differenz der Doktrinen“, heißt es in Le Pens Programm. Das Nato-Kommando würde sie nach einem Wahlsieg 2027 verlassen. An dessen Stelle wünscht sich Le Pen für Europa ein russisch-französisches Kommando. © Lou Benoist/afp
Emmanuel Macron
Ohnehin richtet sich der Blick in Frankreich schon längst auf die Präsidentschaftswahl 2027. Nach zwei Amtszeiten kann Emmanuel Macron, der Le Pen zweimal in der Stichwahl besiegte, nicht mehr antreten.  © Sebastien Dupuy/AFP
Marine Le Pen
Wer eine Chance gegen Le Pen hätte, ist unklar. Doch im März 2025 kam dann die vorläufige Wende: Wegen der Veruntreuung von EU-Geld schloss ein Gericht Le Pen verurteilt. Der umstrittenste Teil der Strafe ist, dass sie fünf Jahre lang nicht bei Wahlen antreten darf.  © Guillaume Souvant/afp
Protestkundgebung des Rassemblement National
Diese Strafe war sofort in Kraft getreten – anders als eine teils auf Bewährung ausgesetzte Haftstrafe und obwohl Le Pen gegen das Urteil Berufung einlegte. Das Berufungsgericht hat eine Entscheidung im Sommer 2026 ins Auge gefasst.  © Julien De Rosa/dpa
Marine Le Pen
Le Pen wandte sich dann an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Doch das Straßburger Gericht wies ihren Antrag, den gegen sie verhängten vorläufigen Ausschluss von Wahlen auszusetzen, einstimmig ab, da Le Pen keinerlei nicht wiedergutzumachende Beeinträchtigung drohe, die durch die Menschenrechtskonvention geschützt sei. © Lionel Bonaventure/AFP
Le Pen sieht Bardella als möglichen Präsidentschaftskandidat
Inzwischen hat Le Pen ihren politischen Ziehsohn Jordan Bardella aufgefordert, sich auf eine Kandidatur vorzubereiten – für den Fall, dass sie selbst nicht antreten kann. Noch ist aber offen, wen der RN bei der Präsidentschaftswahl 2027 ins Rennen schicken wird. Die Frage, wer in den ehrwürdigen Élysée-Palast einziehen wird, bleibt damit völlig offen.  © Michel Euler/dpa

Eine Befragung des französischen Meinungsforschungsinstituts Ifop für die Sonntagszeitung Le Journal du Dimanche legt außerdem nahe, dass ein Großteil der Französinnen und Franzosen unzufrieden mit Macrons Präsidentschaft ist. Demnach seien 74 Prozent der Menschen eher oder sehr unglücklich mit ihm als Amtsinhaber. Macrons Premierminister Gabriel Attal hatte in der Befragung mit insgesamt 41 Prozent Fürsprache bessere Werte.

Rechtsextremer Bardella: Er will mit Bundeskanzler Scholz „ins Gespräch kommen“

RN-Chef Bardella bekräftigte bei der Vorstellung seines Wahlprogramms in Paris, dass er das Amt des Premierministers anstrebe. Allerdings wolle er dies nur übernehmen, wenn er in der Nationalversammlung über eine absolute Mehrheit verfüge. Falls sein Lager die absolute Mehrheit bekomme, strebe er eine „Regierung der nationalen Einheit“ an, in die er auch Vertreter der Zivilgesellschaft berufen wolle. „Wir sind bereit“, sagte Bardella mit Blick auf eine Machtübernahme nach der Wahl.

Der Rechtspopulist wies die von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ausgesprochene Warnung vor einem Sieg der Rechtspopulisten in Frankreich zurück. „Das sind politische Vorbehalte eines politischen Konkurrenten, mit dem wir nicht übereinstimmen“, sagte Bardella. Wenn er Regierungschef werde, wolle er aber durchaus „mit dem Bundeskanzler ins Gespräch zu kommen“, sagte der 28-Jährige.

Es regt sich Widerstand vor der Frankreich-Wahl

Macron will Ukraine weiter unterstützen

Zugleich kündigte er ein selbstbewussteres Auftreten Frankreichs in der EU an. Er wolle insbesondere einen verringerten Beitrag Frankreichs zum EU-Haushalt aushandeln, sagte der Parteichef des Rassemblement National (RN).

Bardella bekräftigte, dass die Ukraine grundsätzlich weiter unterstützt werden solle. Als „rote Linie“ bezeichnete er allerdings die Lieferung von Raketen mit großer Reichweite sowie die Entsendung französischer Bodentruppen in die Ukraine.

Macron betonte derweil die „unmissverständliche Entschlossenheit“ seines Landes, der Ukraine in ihrem Verteidigungskrieg gegen Russland weiter beizustehen. Der Präsident sagte, dass er auf der diplomatischen Bühne nicht geschwächt sei und dass er weiterhin den Kurs Frankreichs in der Ukraine-Politik vorgeben werde, auch wenn er sich nach der Wahl womöglich mit einem Premierminister arrangieren müsse, der sich weniger stark für die Unterstützung Kiews einsetze.

Programm des rechtsextremen Rassemblement National: Rentenreform bleibt vorerst

Mit Blick auf die Innenpolitik kündigte RN-Chef Bardella an, im Falle eines Wahlsiegs seiner Partei gewisse Berufsverbote für Franzosen mit doppelter Staatsangehörigkeit zu verhängen. „Strategische Posten des Staates werden französischen Staatsangehörigen vorbehalten“, sagte Bardella. Dies diene dazu, „sich gegen ausländische Einmischungsversuche zu schützen“.

Zugleich schränkte er mehrere seiner bisherigen Wahlversprechen ein oder verschob sie auf einen späteren Zeitpunkt, wie etwa die Rücknahme der Rentenreform. Als Grund dafür nannte er die wirtschaftliche Situation Frankreichs. Dennoch wolle er im Fall eines Wahlsiegs die Mehrwertsteuer auf Strom und Treibstoff senken und dafür Ausnahmeregeln in Brüssel aushandeln.

„Big Bang der Autorität“ – Bardella will die Schulpolitik verändern

Der RN-Chef bekräftigte seine Pläne zum Verhindern der Einwanderung – etwa durch höhere Hürden für den Familiennachzug und systematische Abschiebungen von Ausländern ohne Papiere. Mit Blick auf die Schulpolitik versprach Bardella einen „Big Bang der Autorität“. Dazu zählten etwa ein komplettes Verbot von Mobiltelefonen in der Schule bis zum Abitur und die landesweite Einführung von Schuluniformen von der Grundschule an. An die Stelle der bisher einheitlichen Mittelstufe soll ein mehrgliedriges Schulsystem nach dem Beispiel Deutschlands treten. (AFP/ses)

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