Neuwahlen in Frankreich
Rassemblement National räumt bei Europawahl ab – wofür die Partei steht
VonPaula Völknerschließen
Marine Le Pen hat das Image des Rassemblement National abgeschwächt. Scheinbar mit Erfolg. Diese Themen stehen für die französische Rechte im Fokus.
Paris – Vor mehr als 50 Jahren wurde die Partei Front National in Frankreich gegründet. Heute heißt die rechtsnationalistische Partei nicht nur anders, sondern Marine Le Pen hat sich auch alle Mühe gegeben, ihrem Rassemblement National ein neues Image zu verpassen. Mit Erfolg, wie es scheint. Bei der Europawahl in Frankreich hat fast ein Drittel der französischen Bevölkerung für den Rassemblement National gestimmt.
Ein Ergebnis, auf das Frankreichs Präsident Emmanuel Macron noch am Wahlabend mit der Ankündigung reagierte, die Nationalversammlung aufzulösen. Für den 30. Juni – nur drei Wochen später – sind in Frankreich Neuwahlen angesetzt. Ein gewagter Schritt des französischen Präsidenten, wie viele finden. Le Pens Partei könnte bei der vorgezogenen Wahl laut unveröffentlichter Umfragen 243 bis 305 Abgeordnete in das Parlament entsenden. Laut Politico-Bericht würde die Partei damit möglicherweise die erforderliche Schwelle für eine Mehrheit im Parlament überschreiten.
Neuwahlen in Frankreich nach Europawahl: Le Pens Spitzenkandidat wird als möglicher Premier gehandelt
Le Pen gibt sich siegessicher und der Spitzenkandidat des Rassemblement National für die Europawahl, Jordan Bardella, wird in der eigenen Partei bereits als Kandidat auf das Amt des Premierministers gehandelt. Was das für Frankreich bedeuten würde, verrät ein Blick auf das Profil der Partei.
Le Pen versucht Image-Wechsel des Rassemblement National – EU-Spitzenkandidat als Star der Partei
Die Partei Rassemblement National versucht in der französischen Bevölkerung, mit Themen wie den Lebenshaltungskosten in Frankreich und Kriminalität zu punkten. Migration steht nach wie vor im Fokus der Partei und auch, wenn Le Pen nicht mehr den Frexit fordert, hat sich an der europaskeptischen Haltung nicht viel verändert.
Der Rassemblement National wurde im Jahr 1972 von Jean-Marie Le Pen, dem Vater von Marine Le Pen, als Front National gegründet. Bekanntheit erlangte die Partei über Frankreich hinaus vor allem durch Rassismus und Antisemitismus. Das Image versuchte Marine Le Pen spätestens seit der Namensänderung im Jahr 2018 aufzuweichen. Heute steht der 28-jährige Jordan Bardella an der Spitze der Partei – der Star der rechtsnationalistischen Partei.
Europawahlkampf in Frankreich: Bardella will französische Außengrenze stärken
In dem Wahlprogramm der Partei für die Wahlen 2022 hatte sich Le Pen dafür ausgesprochen, Asylanträge außerhalb Frankreichs zu bearbeiten. Den jüngst beschlossenen EU-Migrationspakt nannte Bardella einen „Pakt der Überflutung“. Im Wahlkampf äußerte er daher die Forderung, Geflüchtete nicht nur an den EU-Außengrenzen abzuweisen, sondern auch die nationale Grenze zu stärken.
In Bezug auf Migration fährt die Partei nach wie vor einen harten und populistischen Kurs. So sprach Bardella bei Wahlkampfauftritten beispielsweise von der „Flut von Migranten aus Afrika“, die „Frankreich in Lebensgefahr“ bringe.
Sollte Le Pen im Jahr 2027 zur Präsidentin in Frankreich gewählt werden, will sie in einem Volksentscheid darüber abstimmen lassen, ob Frankreichs Verfassung bei dem Thema Migration Vorrang vor dem Europäischen Gerichtshof haben sollte, berichtet Welt. Le Pen plant demnach auch, die Schengen Grenzen zu verändern. Das Recht von Geflüchteten auf Sozialleistungen will Le Pen beschränken.
Die „nationale Präferenz“ des Rassemblement National in Frankreich – Fokus auf Migration
Für französische Staatsangehörige plante die Partei bereits vor der Wahl in Frankreich im Jahr 2022 den Zugang zu Sozialwohnungen zu fördern. Die „nationale Präferenz“ bei der Vergabe von Sozialleistungen, Arbeitsplätzen und Sozialwohnungen fordert der Rassemblement National weiter. Auch hier zeigt sich: Das Thema Migration ist für die Rassemblement National Partei nach wie vor von zentraler Bedeutung.
Le Pen bleibt Putin-freundlicher Linie treu: Vorwurf „privilegierter Verbindungen zum Kreml“
Trotz der nationalistischen Ausrichtung der Partei zeigte Le Pen sich immer wieder als Fan eines Staatschefs – Wladimir Putin. Zwar äußerte sie mit Beginn des Ukraine-Kriegs erstmals auch Kritik an Russlands Präsident Putin, die Unterstützung Frankreichs für die Ukraine verurteilte sie dennoch. Waffenlieferungen an die Ukraine würden die eigene Armee schwächen, so Le Pens patriotisch anmutende Haltung.
Die Argumentation, die zunächst in die nationalistische Grundhaltung des Rassemblement National passt, kann jedoch auch anders interpretiert werden. Le Pen wurde immer wieder vorgeworfen, als Sprachrohr Putins zu fungieren. Aus einem Bericht der Washington Post geht hervor, Le Pen solle „viele privilegierte Verbindungen zum Kreml unterhalten“ und als „Kommunikationskanal“ fungiert haben. In dem Bericht ging es im Dezember 2023 um den Einfluss Russlands auf die französische Nationalversammlung.
EU-kritische Haltung: Von Frexit hin zu „europäische Allianz freier und souveräner Nationen“
So zugeneigt sich Le Pen in der Vergangenheit auch gegenüber Putin zeigte, so abgeneigt zeigte sie sich auch von der Europäischen Union. Mittlerweile ist die Haltung des Rassemblement National zur Europäischen Union weitestgehend auf einer Linie mit dem Kurs der AfD. Von der Forderung, Frankreich müsse aus der EU austreten, hat sich die Partei abgewandt. Mutmaßlich auch vor dem Hintergrund, dass Le Pen mit dieser Forderung zwei Präsidentschaftswahlen in Frankreich verloren hat.
Die rechtsnationalistische Partei fordert „europäische Allianz freier und souveräner Nationen“. Dazu soll der Einfluss europäischer Institutionen beschnitten werden. Die französische Rechte wolle nun vielmehr die Europäische Union reformieren und für sich nutzen. In der Umsetzung könnte das bedeuten, dass Frankreich Entscheidungen blockieren wird, die ihrer Ideologie entgegenstehen.
Rassemblement National stimmt gegen Klimapolitik der EU – Le Pen ist gegen Green Deal und Erneuerbare
Eine weitere Haltung, die der Rassemblement National mit anderen Rechtspopulisten wie der AfD oder Geert Wilders in den Niederlanden gemein hat, ist die Ablehnung von politischen Maßnahmen zum Klimaschutz. Im EU-Parlament stimmten sie bislang mehrheitlich gegen Gesetze, die Autos mit weniger Emissionen bevorzugt hätten, berichtet die Zeit.
Auch den Green Deal, der etwa für mehr erneuerbare Energien in den Ländern sorgen soll, hätte Le Pens Partei lieber verhindert. Den Ausbau von Windkraft lehnt die Partei ab. Anders als das Thema Migration spielte der Klimaschutz auch im Programm des Rassemblement National eine eher untergeordnete Rolle. (pav)
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