Vorerst zur Präsidentschaftswahl zugelassen

Trump feiert „gigantischen“ Sieg – hat aber eigentlich verloren

  • VonKilian Beck
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Ein Gericht entschied, Donald Trump zur Präsidentschaftswahl zuzulassen. Zugleich stellte es aber auch fest, dass er einen Aufstand angezettelt hat.

Washington D.C. – Der ehemalige US-Präsident Donald Trump darf zu den Vorwahlen im Bundesstaat Colorado antreten. Das entschied eine Bezirksrichterin am Freitag. Am Wochenende pöbelte der Ex-Präsident dann gegen die Demokraten, die „ein Haufen Verlierer“ seien, berichtete das US-Portal Newsweek. Allerdings urteilte die Richterin, dass Donald Trump am 6. Januar 2021 einen Aufstand gegen die demokratische Ordnung in den USA aufhetzte. Das, so die Kläger-Organisation Citizens for Responsibility and Ethics in Washington (CREW), sei ein „historisches Urteil“.

Donald Trump, ehemaliger Präsident der USA und republikanischer Präsidentschaftskandidat, spricht zu texanischen Polizisten und Gardisten auf dem South Texas International Airport.

Urteil gegen Trump: War an Aufstand gegen Demokratie beteiligt

Zum ersten Mal sei gerichtlich festgestellt worden, dass ein Präsidentschaftskandidat an einem Aufstand gegen die demokratisch gewählte Regierung der USA beteiligt war. CREW vertritt in dem Verfahren einige republikanische und unabhängige Wählerinnen und Wähler. Ziel der Klage war es, Donald Trump von den republikanischen Vorwahlen und der Präsidentschaftswahl 2024 auszuschließen. Das möchte CREW im Berufungsverfahren beim obersten Gerichtshofes in Colorado erreichen.

Progressive und ultrakonservative Juristen einig: Trump könnte von der Wahl ausgeschlossen werden

Ein Wahlausschluss gegen Trump wäre auf Basis des 14. Verfassungszusatzes, der aus der Zeit des Bürgerkrieges stammt, möglich. Dieser verbietet es „allen, die an Aufständen teilgenommen oder Aufständische unterstützt haben“ an Wahlen für öffentliche Ämter teilzunehmen, gegen die sie rebelliert haben. Diese Ansicht vertritt zum einen CREW, eine progressive Bürgerrechtsorganisation. Aber auch unter ultrakonservativen amerikanischen Juristen hat die Idee Anhänger: Bereits im Sommer veröffentlichten die Juraprofessoren William Baude und Michael Paulsen einen Aufsatz. In diesem argumentieren sie, dass der Verfassungszusatz von jedem Richter, oder sonstigen Amtsträger anzuwenden sei, der Wahlen, an denen Trump teilnehmen möchte, verantwortet.

„Federalist Society“ – Ultrarechtes Juristennetzwerk hinter ultrarechtem Supreme Court

Michael Paulsen ist, nach eigenen Angaben, regelmäßiger Sprecher bei der „Federalist Society“. Rechtstheoretisch etwas verkürzt steht die "Federalist Society“ für sogenannten Originialismus eine absolut wörtliche Auslegung der US-Verfassung. Die ultrakonservative Mehrheit der 6 konservativen Richter am US Supreme Court besteht ausschließlich aus Mitgliedern der „Federalist Society“. Seit 2019 sei die Federalist Society dank Donald Trump als US-Präsident „so mächtig wie noch nie“, schrieb die Washington Post. William Baude stammt ebenfalls aus der originalistischen Denkschule.

Oberster Gerichtshof in den USA: Das sind die Richter und Richterinnen des Supreme Court

Die aktuelle Besetzung des Supreme Court of the United States.
Der Supreme Court of the United States ist seit dem Jahr 1790 das oberste rechtsprechende Organ der USA und tagt in Washington. Insgesamt gibt es am Supreme Court neun Richter und Richterinnen, die vom amtierenden US-Präsidenten auf Lebenszeit ernannt werden. Die Gesamtbesetzung besteht aus dem Chief Justice, dem obersten Richter der Vereinigten Staaten, und den Associate Justices, den acht beigeordneten Richtern und Richterinnen. © Imago/Supreme Court of the United States
Oberster Richter der Vereinigten Staaten, John Roberts.
Er ist der oberste Richter der Vereinigten Staaten: Der 67-Jährige John Roberts wurde im Jahr 2005 vom damals amtierenden Präsidenten George W. Bush als Nachfolger von Sandra Day O’Connor ernannt. Vom 16. Januar 2020 bis zum 5. Februar 2020 leitete er das Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump im Senat. John Roberts ist seit 1996 mit der Rechtsanwältin Jane Marie Sullivan verheiratet und hat zwei adoptierte Kinder, Jack und Josie.  © IMAGO/Pool via CNP /MediaPunch
Richter am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten, Clarence Thomas.
Clarence Thomas ist seit dem Jahr 1991 Richter am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten. Er identifiziert sich in der Gesellschaftspolitik mit konservativen und katholischen Positionen. Der 74-Jährige ist bekannt dafür, bei Verhandlungen keine Fragen zu stellen. 1984 ließ er sich von seiner ersten Frau Kate Ambush scheiden, mit der er seit 1971 verheiratet gewesen war. Im Jahr 1987 heiratete er Virginia „Ginni“ Lam. Sie geriet in den Fokus der Ermittlungen zum Sturm auf das Kapitol in Washington 2021. Per SMS soll sie Mark Meadows, den ehemaligen Stabschef im Weißen Haus, aufgefordert haben, alles zu tun, „um die Wahl von 2020 rückgängig zu machen“.  © IMAGO/Eric Lee
Richter des Obersten Gerichtes Supreme Court, Samuel Alito.
Samuel Alito ist seit 2006 Teil des Supreme Court. Alito kam in New Jersey als Sohn italienischer Einwanderer zur Welt .Er ist Katholik und hat mit seiner Frau Martha-Ann einen Sohn und eine Tochter. Alito neigt dazu, den Auffassungen von Exekutivbehörden großes Gewicht zuzumessen, vor allem in Straf- oder Einwanderungsverfahren. Dementsprechend fallen seine Urteile oft zuungunsten von Angeklagten, Asylsuchenden oder Einwanderern aus.  © IMAGO/Eric Lee - Pool via CNP
Richtern im Obersten Gerichtshof in den Vereinigten Staaten, Sonia Sotomayor.
Ihr wurde Rassismus vorgeworfen: Die 68-jährige Sonia Sotomayor ist seit 2009 Richterin am Obersten Gerichtshof. US-Präsident Barack Obama nominierte sie für dieses Amt. Sonia Sotomayor, deren Eltern aus Puerto Rico stammen, wuchs in der Bronx auf. Erst nach dem Tod ihres Vaters, als sie neun Jahre alt war, erlernte Sotomayor die englische Sprache fließend, da der Vater zuvor nur Spanisch mit ihr gesprochen hatte. Sotomayor wurde im Zuge ihrer Nominierung vom republikanischen Politiker Newt Gingrich Rassismus vorgeworfen. Sie hatte in einer Rede 2001 die Erfahrung einer „weisen Latina“ („wise latina“) als höherwertig als die eines männlichen Weißen dargestellt.  © IMAGO/Eric Lee - Pool via CNP
Richterin am Supreme Court der Vereinigten Staaten, Elena Kagan.
Elena Kagan ist seit Anfang August 2010 Richterin am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten. Sie ist das 112. Mitglied des Obersten Gerichts und die vierte Frau in diesem Amt. Ihre Nominierung wurde kritisiert, weil Kagan nie als Richterin an einem Gericht tätig war. Vereinzelt wurde vermutet, sie sei mehr politische Aktivistin als Juristin. Die Anhörungen im Senat dauerten etwa einen Monat. Letztendlich wurde ihre Ernennung durch den Senat mit 63:37 Stimmen bestätigt. © IMAGO/Eric Lee - Pool via CNP
Richter am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten, Neil Gorsuch.
Er wurde von Donald Trump nominiert: Neil Gorsuch ist seit 2017 Richter am Supreme Court. Er nahm die nach Antonin Scalias Tod über ein Jahr vakante Stelle ein. Zuvor war der als konservativ geltende Gorsuch von 2006 an Bundesrichter gewesen. Neil Gorsuch ist der Sohn von Anne Gorsuch Burford, die von 1981 bis 1983 im Kabinett Reagan die erste Administratorin der Environmental Protection Agency (EPA) war. Der 55-Jährige ist verheiratet und hat zwei Töchter.  © IMAGO/Eric Lee - Pool via CNP
Richter am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten, Brett Kavanaugh.
Er sorgte für Wirbel und FBI-Ermittlungen: Brett Kavanaugh ist seit 2018 ist er Richter am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten. Als seine Ernennung durch den Senat der Vereinigten Staaten geprüft wurde, warfen ihm mehrere Frauen vor, sie in seiner Jugend sexuell bedrängt zu haben. Diese Vorwürfe und sein Verhalten vor dem Justizausschuss führten zu heftigen politischen und gesellschaftlichen Diskussionen. Daraufhin eingeleitete Ermittlungen des FBI, ebenso wie die sechs bereits zuvor vom FBI durchgeführten Background-Checks, bestätigten die Vorwürfe nicht. Seit 2004 ist Kavanaugh mit der ehemaligen persönlichen Sekretärin von George W. Bush verheiratet und hat zwei Töchter mit ihr.  © IMAGO/Eric Lee - Pool via CNP
Richterin am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten, Amy Barrett.
Amy Coney Barrett wurde am 26. September 2020 von Donald Trump als Nachfolgerin der am 18. September 2020 verstorbenen langjährigen Richterin am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten, Ruth Bader Ginsburg, nominiert. Barrett wurde mit der Mehrheit von 52 gegen 48 Stimmen vom Senat der Vereinigten Staaten bestätigt. Die 50-Jährige wird häufig als „biegsam und manipulierbar“ kritisiert. Barrett ist seit 1999 mit dem Rechtsanwalt Jesse M. Barrett verheiratet. Das Ehepaar hat sieben Kinder, darunter zwei ursprünglich aus Haiti stammende Adoptivkinder. Eines ihrer leiblichen Kinder hat das Down-Syndrom. © IMAGO/Eric Lee - Pool via CNP
Richterin am Obersten Gerichtshof, Ketanji Brown Jackson.
Sie ist die erste schwarze Frau im Supreme Court: Ketanji Brown Jackson wurde in diesem Jahr von Präsident Joe Biden für das Amt nominiert. Vom Senat wurde sie mit 53 Ja-Stimmen bei 44 Nein-Stimmen bestätigt. Dabei erhielt sie die Zustimmung aller Senatoren aus der Fraktion der Demokraten, während von den Republikanern nur Susan Collins, Lindsey Graham und Lisa Murkowski mit „Ja“ stimmten. Politische Kommentatoren erwarten, dass Jackson eine verlässliche liberale Stimme im Supreme Court sein wird. © IMAGO/Eric Lee

Trump sieht „gigantischen Sieg“ vor Gericht

Progressive und ultrakonservative Juristen sind sich also einig. Die Richterin in Colorado war sich laut Newsweek lediglich unsicher, ob der 14. Verfassungszusatz auch rechtssicher gegen einen Kandidaten in einer republikanischen Vorwahl anwendbar sei. Das Ergebnis: Sie entschied, dass dies nicht der Fall sein kann. Der Ex-Präsident Trump, gegen den Dutzende Verfahren laufen, sieht das erstinstanzliche Urteil als „gigantischen juristischen Sieg“. Weiter fabulierte er von einem „absoluten Zusammenbruch“, den seine politischen Gegner jetzt hätten.

Politikwissenschaftler pessimistisch über Wahlausschluss – Am Ende entscheidet Trumps Mehrheit am Supreme Court

Politikwissenschaftler David Faris, Professor an der US-amerikanischen Roosevelt University, gibt ihm einem Gastbeitrag in Newsweek eher zähneknirschend recht: Den 14. Verfassungszusatz gegen den Ex-Präsidenten anwenden zu wollen, sei zwar „mehr als angebracht“. Allerdings entscheide über die Frage, Trump von den Präsidentschaftswahlen 2024 auszuschließen, letztendlich der Supreme Court, an dem eine strammrechte Mehrheit und drei von Trump berufene Verbündete sitzen. (kb)

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