Neues CDU-Grundsatzprogramm
„Nichts ist unchristlicher“: Pfarrerin wendet sich wütend an Friedrich Merz persönlich
VonJana Stäbenerschließen
Im neuen Grundsatzprogramm plant die CDU eine Drittstaatenregelung für Asylbewerber. „Schlicht menschenfeindlich“, findet eine Theologin – und appelliert an den Parteichef.
„In Freiheit leben – Deutschland sicher in die Zukunft führen“: So heißt das neue Grundsatzprogramm der CDU, das die Partei beim dreitägigen Bundesparteitag (6. bis 8. Mai) verabschieden will. Mit ihm will die CDU nach den Worten ihres Vorsitzenden Friedrich Merz vor allem Wechselwähler von sich überzeugen und die Partei nach der Niederlage bei der Bundestagswahl 2021 wieder auf den richtigen Weg bringen.
Auch Migrationspolitik ist Teil des neuen Grundsatzprogramms. So heißt es im Entwurf, das aktuelle Asylrecht ermögliche ein „Recht des Stärkeren“. Wer zu alt, zu schwach, zu arm oder zu krank sei, könne sich nicht auf den gefährlichen Weg nach Europa machen. Zwischen schutzbedürftig und nicht-schutzbedürftig werde zu wenig unterschieden. Deswegen wolle man jeden, der in Europa Asyl beantragt, für das Verfahren in einen sicheren Drittstaat überführen, ähnlich wie beim Ruanda-Abkommen Großbritanniens.
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Merz‘ Grundsatzprogramm in der Kritik: Pfarrerin wirft CDU „massive Verdrehung der Tatsachen“ vor
Für 1000 Pfarrerinnen und Priester in Deutschland bedeutet diese Drittstaaten-Regelung nicht weniger, als das Recht auf Asyl in der EU abzuschaffen. Sie haben einen offenen Brief gegen das neue CDU-Grundsatzprogramm unterschrieben und nennen es einen „öffentlichen Skandal“. Eine davon ist die 37-jährige Josephine Furian. Sie arbeitet seit fünf Jahren als Pfarrerin und Seelsorgerin in einer Erstaufnahmestelle für Geflüchtete in Eisenhüttenstadt (Brandenburg).
„Der 2500 Jahre alte biblische Satz ‚Versteckt die Vertriebenen, verratet die Geflüchteten nicht!‘ ist für uns grundlegend. Eine Partei, die sich christlich nennt, muss sich genau daran messen lassen. Nichts ist unchristlicher, als Schutzsuchenden Schutz zu verweigern“, sagt Furian zu BuzzFeed News Deutschland, einem Portal von IPPEN.MEDIA. „Das sogenannte Ruanda-Modell ist schlicht menschenfeindlich. Das macht mich wütend und darum habe ich unterschrieben.“
Zahlen des Statistischen Bundesamts für 2022 zeigen: Nur rund acht Prozent aller Schutzgesuche lehnt das Innenministerium (BAMF) ab, weil es Asylbewerber als nicht-schutzbedürftig einstuft. „In der Seelsorge höre ich oft von traumatisierenden Situationen, vom Überleben und der Sehnsucht nach Sicherheit und Zukunft. Die CDU suggeriert, dass die Ankommenden größtenteils nicht schutzwürdig seien. Das ist eine massive Verdrehung der Tatsachen“, sagt Furian. Ein Recht des Stärkeren gebe es auf der Fluchtroute. Aber das liege daran, dass es keine sicheren Migrationswege in die EU gebe.
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Pfarrerin fordert von Friedrich Merz: „Korrigieren Sie die asylpolitischen Pläne!“
„Als Christdemokraten standen und stehen wir zu unserer humanitären Verantwortung“ steht im Entwurf für das neue Grundsatzprogramm. Furian widerspricht: „Wer weiterhin Islamfeindlichkeit schürt, und eine Migrationsverhinderungspolitik vorantreibt, spaltet die Gesellschaft und gefährdet nicht nur Schutzsuchende, sondern wendet sich gegen eine solidarische, offene und vielfältige Gesellschaft.“
Wie gerechtfertigt ist der Name der Partei „Christlich demokratische Union“ nach diesem Grundsatzprogramm? Auch die Kirchen und sie als Pfarrerin machen Fehler, sagt Furian. „Christlich bedeutet nicht, frei von Schuld zu sein. Aber den Anspruch nach Umkehr, Wiedergutmachung und die Suche nach einem guten Leben für alle dürfen wir nicht aufgeben.“ Dazu gehöre auch Bewegungsfreiheit für alle. „Ohne sie, wird es mit der Demokratie schwierig“, sagt Furian BuzzFeed News Deutschland.
Was sie CDU-Chef Friedrich Merz gerne sagen wolle: „Herr Merz, richten Sie Ihre Politik nicht an der Hetze der AfD, sondern an Menschenwürde und Menschenrechten aus. Korrigieren Sie die asylpolitischen Pläne!“
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