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Vorsprung schrumpft – Bald erkennen so viele Länder Palästina als Staat an wie Israel
VonMichael Kister
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Spanien, Irland und Norwegen wollen Palästina als Staat anerkennen. Damit schmilzt Israels Vorsprung an Ländern, die es anerkennen, auf unter 20.
Jerusalem – Spanien, Irland und Norwegen haben erklärt, dass sie am kommenden Dienstag Palästina als Staat anerkennen wollen. Bisher tun dies 143 UN-Mitgliedstaaten, dann wären es also 146. Israel wird dagegen von 165 UN-Staaten anerkannt. Zwar handelt es sich bei der jüngsten Ankündigung durch die drei europäischen Nationen in erster Linie um eine Geste, die ihr Engagement für eine Zwei-Staaten-Lösung zum Ausdruck bringen soll. Israel lehnte die Aktion dennoch vehement ab, da es seine Unterstützung in der Welt dahinschmelzen sieht.
Nach dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 haben acht Monate des Krieges in Gaza mit hohen zivilen Opferzahlen und großen Zerstörungen das Wohlwollen der Unterstützer des jüdischen Staates auf die Probe gestellt. Dass nicht nur gegen Hamas-Chef Jihia al-Sinwar, sondern auch gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ein Haftbefehl beantragt wurde, ist einerseits ein Symptom der angespannten Lage und ließ andererseits die Stimmung erneut hochkochen.
Der Abstand schmilzt: Palästina wird bald von 146 Staaten anerkannt – Israel von 165
Welche Länder Israel und Palästina anerkennen, ist daher genauso ein Gradmesser dafür, was der Rest der Welt von dem Konflikt hält, der seit der Gründung des Staates Israel immer wieder im Nahen Osten auflodert, wie es übergreifende politische Konstellationen widerspiegelt. Nachdem Großbritannien 1948 aus seinem Mandatsgebiet Palästina abgezogen war und Israel sich für unabhängig erklärt hatte, erkannten die USA und die Sowjetunion den jungen Staat als erste an. Bald schlossen sich Mitglieder beider Blöcke, die von den damaligen Supermächten angeführt wurden, ihrem Beispiel an.
Mit Blick auf Palästina sah das anders aus. Jassir Arafat, damals Vorsitzender der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), erklärte es 1988 im Zuge der gewaltsamen Ersten Intifada für unabhängig. Er tat das von Algerien aus und so wurde der nordafrikanische Staat der erste, der Palästina anerkannte. Während die westlichen Staaten, allen voran die USA, stillhielten, folgte noch im selben Jahr der Großteil des sowjetischen Blocks Algerien in der Anerkennung Palästinas. Dazu gehörte auch eine Reihe heutiger EU-Staaten.
Großmachtkonstellationen beeinflussten lange Zeit, wer Palästina anerkannte und wer nicht
Bulgarien, Rumänien, die Slowakei, Tschechien und Ungarn waren daher bis 2014 die einzigen Mitglieder der Europäischen Union, die einen palästinensischen Staat anerkannten. In diesem Jahr trat Schweden an ihre Seite, wobei es sich in diesem Fall – ähnlich wie heute bei Spanien, Irland und Norwegen – um eine bewusste Entscheidung handelte, die nicht von der Haltung bestimmter Großmächte beeinflusst wurde. Schweden hoffte, damit den Friedensprozess beschleunigen und zu einem Umdenken in Europa beitragen zu können, das einer Zwei-Staaten-Lösung den Weg ebnet.
Im selben Jahr von Schwedens Entscheidung empfahlen die Parlamente Großbritanniens, Spaniens, Frankreichs, Irlands und Portugals ihren Regierungen die Anerkennung Palästinas und nun scheinen – mit 10 Jahren Verspätung – mindestens Spanien und Irland diese Handlungs-Maßgabe umzusetzen.
Vor dem Gaza-Krieg: Die Geschichte des Israel-Palästina-Konflikts in Bildern
Die G7 erkennen Palästina geschlossen nicht an – China und Russland schon
Während beinahe alle Nationen Afrikas und Asiens, inklusive der Vetomächte im UN-Sicherheitsrat China und Russland, einen palästinensischen Staat anerkennen, tut dies doch kein einziger G7-Staat. Neben den Europäern und den USA sind auch Kanada und Japan dagegen. Südamerika zollt Palästina mittlerweile ebenfalls fast geschlossen Anerkennung, nachdem die wichtige Regionalmacht Mexiko sich erst 2023 dazu bekannt hatte.
Was wenig überraschen dürfte, ist, dass Israel Palästina bis heute nicht als Staat anerkennt. Insofern ist die pauschale Weigerung seines Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, über eine Friedensordnung nach dem aktuellen Krieg in Israel zu diskutieren, die eine Zwei-Staaten-Lösung umfassen könnte, gewissermaßen konsequent. Palästina erkannte den Staat Israel dagegen schon 1993 im Rahmen des Oslo-Friedensprozesses an, der eigentlich in einer friedlichen Koexistenz zweier Staaten gipfeln sollte.